Am 11. November gedenkt u. a. die katholische Kirche Martin von Tours. Wer war er?
Offenbar hat noch zu seinen Lebzeiten ein Freund, Sulpicius Severus, eine Biografie über ihn begonnen, auf dessen Angaben man sich noch heute stützt.
Martinus wurde demnach um 316/317 in Savaria in der römischen Provinz Pannonia prima, heute Szombathely, Ungarn, geboren. Er starb am 8. November 397 in Candes bei Tours im heutigen Frankreich. Seine Grablegung erfolgte am 11. November 397. Man gedachte damals der Feier der Grablegung, nicht des Todestages. Aus diesem Datum entstand deshalb der heutige Martins-Gedenktag.
Martinus, wuchs als Sohn eines römischen Militärtribuns in Pannonien im heutigen Ungarn auf. Die Jugend verbrachte er in Pavia, der Heimat seines Vaters in Oberitalien, wo er erstmals mit dem Christentum in Berührung kam. Widerwillig beugte sich Martinus dem Gebot des Vaters und schlug eine Militärlaufbahn ein: Als Sohn eines römischen Offiziers war er gesetzlich zum Militärdienst verpflichtet. Im Alter von 15 Jahren wurde er zur Leibwache des Kaisers Konstantin des Grossen nach Mailand eingezogen, das dessen Residenz in Westrom war.
Dieser Kaiser löste an “seinem” Bischofskonzil von 324 nC die seit 44 vC von Saul/Paulus entwickelte innerjüdische Christus-Verehrung als Religion aus den übrigen jüdischen Kulten heraus. Konstantin der Grosse war damit der Gründer und das erste Oberhaupt der neuen christlichen Religion. Unter Kaiser Julian wurde sie 391 Staatsreligion, weil der nicht getaufte Julian so vor allem die gut organisierten christlichen Verwaltungen in den römischen Metropolen für seine Regentschaft nutzbar machen konnte. Siricius von Rom (384–399) war offenbar der erste Papst dieser römischen christlichen Kirche: er bezeichnete sich selbst als papa. (Als offizielle Amtsbezeichnung wurde der Titel Papst erst von Papst Gregor I. (590–604) vorgeschrieben.)
Ab 334 diente der junge Martinus bei der Reiterei der kaiserlichen Garde in Amiens (Gallien). Die Legende seiner sog. Mantelteilung mit einem Bettler ist dort angesiedelt: Die Gardisten trugen über dem Panzer die Chlamys, einen weissen Überwurf aus zwei trennbaren Teilen, die oben mit Schaffell gefüttert waren. In nahezu allen künstlerischen Darstellungen wird Martinus allerdings in einem roten Offiziersmantel, dem Paludamentum, abgebildet: Es war üblich, die Märtyrer als römische Offiziere, also adliger Herkunft, darzustellen.
Im Jahr 351 – also im Alter von 34 oder 35 Jahren – wurde Martinus getauft. Im Jahr 356 zog er unter Kaiser Julian in den Kampf gegen die Germanen. Beim heutigen Worms soll Martinus die Teilnahme an einer Schlacht mit dem Hinweis, er sei von nun an nicht mehr miles Caesaris, ein Soldat des römischen Kaisers, sondern miles Christi, Soldat Christi, verweigert und um Entlassung aus der Armee gebeten haben. Er wurde aber erst zwei Jahre später, nach Ableistung seiner 25-jährigen Dienstzeit, im Alter von 40 Jahren aus dem Heer entlassen.
361 errichtete Martinus in Ligugé bei Poitiers in Europa das erste Kloster. Er gilt als Begründer des europäischen Mönchstums. Martinus wird als asketischer Mönch dargestellt. Manche Mönche legten es darauf an, durch das Martyrium der Askese zu sterben. Das war jedenfalls das spätantike Idealbild von einem Priester bevor der wegen seines entbehrungsreichen Martyriums im Kloster zum Bischof geweiht wurde: 370 oder 371 wurde Martinus so Bischof von Tours. Er war bereits der dritte Bischof von Tours seit dem Konzil von 324 unter Konstantin dem Grossen. Er wurde damit politisch Metropolit einer römischen Metropole. Das Christentum hatte vor allem in den römischen Metropolen Fuss gefasst, so auch in Tours. Als Bischof erzwang Martinus dann die Christianisierung der Landbevölkerung, u. a. durch die militärische Zerstörung ihrer nicht-christlichen Kultstätten, die er durch Kirchen und Klöster ersetzte, welche nun überall auch die römische weltliche Macht darstellten und hart ausübten.
Zur Heiligsprechung von Bischof Martin von Tours: Bis zum 10. Jahrhundert gab es noch keine kanonisierte Heiligsprechung durch einen Papst. Als erster durch eine Kanonisierung bestätigter Heiliger gilt Ulrich von Augsburg. Dessen Heiligsprechung soll am 3. Februar 993 von Papst Johannes XV. verkündet worden sein.
Der Frankenkönig Chlodwig (481–511) erhob Bischof Martin von Tours im 5. Jahrhundert zum “Nationalheiligen” des Frankenreichs und zum Schutzherrn der fränkischen Könige, die seitdem Martins Mantel (0der was sie dafür hielten) in ihren Schlachten mitführten.
Nach der Kanonisierung der Heiligsprechung durch den Papst kam die Frage auf, ob auch die Gebeine von anderen “Heiliggesprochenen” unter dem Altar einer Kirche beigesetzt werden dürften, so Bischof Martin von Tours, der nicht als Märtyrer gestorben sei. Man einigte sich darauf, dass Martin zwar nicht als ermordeter Märtyrer sondern wegen seines “Martyriums durch Askese” heiliggesprochen worden sei. Es sollte nun die Askese von Mönchen in den Klöstern römischer Städte als wertvoller als die ursprüngliche Askese in der Wüste betont werden. Dem Verehrungstourismus zu Martins (?) Gebeinen stand so nichts mehr im Wege. Diese Entwicklung hatte auch eine Lockerung des strengen römischen Rechts, nach dem sterbliche Überreste nicht ausgegraben werden durften, zur Folge.
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Kommentare anzeigen Hide commentsIn Deutschland und anderen europäischen Ländern sind am Martinstag Umzüge Tradition. Die Kinder tragen Laternen und singen. Meistens wird der Umzug von einem Reiter mit einem roten Umhang begleitet, der an den heiligen Martin erinnern soll. Zum Abschluss gibt es ein grosses Martinsfeuer. Nach dem Martinsumzug folgt vielerorts noch das Martinssingen. Kinder gehen mit Laternen von Haus zu Haus und erbitten mit ihren Liedern Gaben in Form von Süssigkeiten oder Gebäck.
Der Martinstag war vom Mittelalter bis ins 19. Jahrhundert der offizielle Zahltag. Der Pächter musste die Pacht abliefern, der Bauer dem Gesinde den Jahreslohn auszahlen, der Schuldner den Zins abliefern. Gleichzeitig begann am 11. November ein neues Wirtschaftsjahr.
Die Ausbreitung des Christentums begann bereits in Gallien bereits im 1. Jahrhundert, nachdem Cäsar Gallien dem römischen Reich einverleibt hatte. Die Romanisierung erfolgte durch Personen, die offenbar gleichzeitig das Christentum importierten.
Die Reformen von Konstantin dem Grossen ersetzten im 4. Jahrhundert die alte Ordnung durch eine Metropolitanverfassung, die Galliens in 17 Provinzen, die bis 1791 die Grundlage der kirchlichen Einteilung blieben, aufteilte. Diese Provinzen wurden Metropolien genannt und von einem Metropoliten in einer Metropole verwaltet.
Die ersten Christengemeinden in Gallien sind für die zweite Hälfte des 2. Jahrhunderts in Lyon und Vienne bezeugt. Bis in die Zeit Konstantin des Grossen wurden die Christen aber auch in Gallien noch als Juden noch verfolgt, so offenbar auch in der Gemeinde von Tours. Noch Mitte des 3. Jahrhunderts überliefert Gregor von Tours, dass 7 Bischöfe geweiht und hergeschickt worden seien, um Bischöfe zu ersetzen, die in sog. \”Judenverfolgungen\” den Märtyrertod erlitten hatten.