1. Gesellschaft

A. H. Pollert: Hilf Dir selbst…

Achim H. Pol­lert: HILF DIR SELBST – VIEL­LEICHT HILFT DIR SONST KEINER…

Achim H. Pollert (*) über das Selbsthilfezentrum Zürich

 

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  • April 29, 2012

    HILF DIR SELBST – VIELLEICHT HILFT DIR SONST KEINER…

    Achim H. Pollert (*) über das Selbsthilfezentrum Zürich

    Für mich war es eine Offenbarung, als ich seinerzeit ein Buch über einen deutschen Divisionär aufschlug, der irgendwann in den 70er Jahren einer Oeko-Aktivistin begegnete. Sie beeindruckte ihn vom ersten Augenblick an so sehr, dass er sein gesamtes bisheriges Leben hinter sich liess. Er lebte dann mit der Aktivistin zusammen, die als schwieriger Charakter berüchtigt war, und über Jahre hinweg machte sie ihm mit immer neuen Ausbrüchen, Gemeinheiten und Demütigungen das Leben zur Hölle.

    Eines Morgens nahm er, der früh aufstand, um den ihm auferlegten Pflichten nachzukommen, dann seine Pistole, um ihr, die bis zum Nachmittag zu schlafen pflegte, im Schlaf eine Kugel in den Kopf zu schiessen. Und danach entleibte er sich dann selber.

    Für mich war die Lektüre dieses Buchs wahrlich eine Offenbarung. Denn ich sah dort meine damalige Beziehung bis in viele Details beschrieben. Eine Frau mit schwieriger Persönlichkeit plagt einen doch eher intelligenten, weltgewandten Mann.

    Mit immer neuen Untaten. Mit unhaltbaren Verträgen, die sie schliesst und die er dann wieder auflösen muss. Mit Schäden, die sie anrichtet und die er reparieren muss. Mit täglichen ausgiebigen Tobsuchtsanfällen, die sie ihm aufzwingt. Mit kompletter, sinnloser Inaktivität. Wenn nötig, belastet sie ihn auch mit massiver Selbstschädigung durch Alkoholismus und Nikotinismus.

    Der Mann könnte zwar jederzeit sein Zeug packen und von dannen ziehen. Aber aus irgendwelchen sehr mysteriösen Gründen schafft er das nicht. Er liebt sie nicht. Die sexuelle Beziehung zwischen ihnen ist lange schon tot. Er geniesst es, wenn sie nicht da ist. Aber los kommt er nicht von ihr.

    Wie gesagt: Für mich damals eine Offenbarung. Ausgangspunkt für einen lang dauernden Entwicklungsprozess war diese ganz spezifische Erkenntnis, dass ich mit meinem spezifischen Problem in meiner damaligen Lebenslage nicht allein war.

    Ich erkannte, dass es gar nicht so ungewöhnlich ist, was ich damals erlebte. Dass andere – oft bis in die peinlichsten Details – dasselbe durchmachten wie ich. Dass es nicht mein Fehler ist, wenn ein erwachsener Mensch sich leichtfertig oder gar vorsätzlich in Schwierigkeiten bringt, egal was bei diesem Menschen aussen drauf steht («Mann», «Frau», «Mutter», «Vater», «Freund» …). Dass ich kein Laufbursche bin, dem ein Zetteli ausgehändigt wird, auf dem das heute zu Erledigende gelistet ist. Und dass vielmehr derjenige unrecht handelt, der mein familiäres oder freundschaftliches Entgegenkommen ausnützt und missbraucht.

    Und dass ich nicht Professor Freud bin, der gehalten ist, den anderen zu heilen – insbesondere wenn der selber gar nichts dafür tut. Dass ich vielmehr mich und mein Leben in Ordnung bringen (und halten) muss.

    «DU BIST NICHT ALLEIN»

    Und damit sind wir beim Thema. Wer in einer misslichen, belastenden, bedrohlichen Situation steckt und sich mit seinen Erfahrungen für unvergleichlich und einzigartig hält, der manövriert sich selbst in eine Sackgasse, aus der es keinen Ausweg gibt.

    Ob es um das Zusammenleben mit einem bösartigen Lebenspartner, um den eigenen Alkoholismus, um eine schwerst pflegebedürftige Grossmutter, ein geistig behindertes Kind, um verletzte politische Rechte oder die Erfahrung geht, selber für alle anderen unausstehlich zu sein, ist dabei egal.

    … zum Beispiel Ihre Pressemeldungen:

    h​ttp://www.piazza.ch/i​nserat/10040771/ghost​writer_-_zuverlaessig​_diskret_preiswert.ht​ml

    Für Menschen ist die Erkenntnis, nicht allein zu sein mit ihrem Problem, ein wichtiger Anstoss zu dessen Lösung. Und nicht selten wirklich eine absolute Erkenntnis. Auf dieser Tatsache beruht die Idee der Selbsthilfegruppe.


    Das Konzept geht zurück bis ins 19. Jahrhundert, als sich die Frauen der Emanzipationsbewegung​ in selbst organisierten Vereinen zusammenfanden, um sich über ihr Anliegen der Gleichberechtigung untereinander auszutauschen. Wohl auch damals schon für viele eine neue Erkenntnis, dass andere Frauen unter ihrer Rechtlosigkeit und Zurücksetzung ebenso litten, zeichnete die öffentliche Moral doch das Bild einer Frau, die im liebevollen Dienst an der Familie ihre Erfüllung fand – und alle schienen damit glücklich zu sein.

    Am bekanntesten unter den Selbsthilfegruppen sind wohl die Anonymen Alkoholiker. Gerade auch unter Süchtigen kann dieser Ansatz, dass Sucht eine Krankheit und kein moralischer Charaktermangel ist, grosse Wunder wirken. (Allerdings kann er auch als weitere lahme Ausrede missbraucht werden: «Ich kann ja nichts dafür – das ist ja alles eine Krankheit…»)

    SELBS​THILFE IN ZÜRICH

    Keine Frage: Selbsthilfe bringt nicht nur den Betroffenen etwas, sondern der Gesellschaft als Ganzes. Denn weder die Tatsache, dass Frauen gleichberechtigte Menschen sind, noch dass zwei Männer kein Verbrechen begehen, wenn sie sich miteinander ins Bett legen und sich gegenseitig befriedigen, hätte wohl Einzug in den gesellschaftlichen Mainstream halten können, wenn sich Betroffene nicht irgendwann einmal darüber auszutauschen begonnen hätten.

    Der Selbsthilfegruppen-Ge​danke war vielleicht noch nicht so sehr etabliert, als der Zürcher Sozialarbeiter Franz-Fernando Müller zu Beginn der 70er Jahre die Stiftung «Pro Offene Türen der Schweiz» OTZ gründete. Schon hier vom Selbsthilfe-Gedanken geprägt, da das Angebot von Anfang an von staatlichen und kirchlichen Angeboten getrennt war.

    Heute ist diese Stiftung OTZ im Bereich der Selbsthilfe eine anerkannte Fachstelle, und das von ihr initiierte und geförderte Selbsthilfezentrum Zürich bietet Raum für die unterschiedlichsten Probleme, die Menschen quälen können. Durchaus zeitgemäss sind im Aufbau befindliche Selbsthilfegruppen mit Themen wie «Onlinegamesucht» (und «Angehörige von Onlinegamesüchtigen»)​ sowie Burnout-Syndrom.

    E​in Überblick findet sich online unter:
    http://www.of​fenetuer-zh.ch/Selbst​hilfegruppen.html

    ​Wer mit einem persönlichen Problem kämpft, hier keine entsprechende Themengruppe findet, aber doch vermutet, dass es noch mehr Menschen mit demselben Problem gibt, kann sich an die Stiftung wenden. Der erste Schritt ist die Anregung einer neuen Gruppe.

    Wer weiss… hätte der deutsche General seinerzeit in seiner Not gehört, dass er mit diesem Problem nicht allein ist, hätte er das Angebot einer Selbsthilfegruppe gefunden, hätte er den Chropf über seinen Frust leeren können und festgestellt, dass es anderen ebenso ergeht. Dann hätte er – vielleicht – die Kraft gefunden, aus seiner Beziehungssackgasse auszusteigen und wäre nicht zum heimischen Todesschützen geworden.

    Wer weiss… hätte die grüne Aktivistin irgendwann zu ihren Lebzeiten festgestellt, dass sich der Unmut der Umgebung nicht gezielt und grundlos gegen sie richtet, dass andere dieselbe Erfahrung machen, hätte sie im Rahmen einer Selbsthilfegruppe erfahren, dass Tobsuchtsanfälle nicht zum normalen menschlichen Umgang gehören, dann würde sie – vielleicht – heute noch leben.

    Ich habe es damals ohne eine Gruppe Gleichgesinnter gepackt. Aber ich stelle bis heute fest, wie dankbar manche Menschen in meiner Umgebung für den einen oder anderen kleinen Hinweis von mir sind, der ihnen signalisiert, dass sie nicht die einzigen sind, die in dieser Lage stecken.

    Die Stiftung OTZ steht unter der Aufsicht des Bundes. Im Stiftungsrat stösst man auf hochkarätige Zürcher Prominente wie etwas die Ex-Stadtpräsidenten Estermann und Wagner, die unvergessene Emilie Lieberherr und den Schriftsteller Adolf Muschg.
    Das Stiftungsvermögen ist niedrig, so dass Spenden das eigentliche Rückgrat des guten Werks sind. Spender werden ab 100 Franken im Jahresbericht als Gönner genannt.

    http://ww​w.piazza.ch/inserat/1​0040771/ghostwriter_-​_zuverlaessig_diskret​_preiswert.html

    ht​tp://www.tagesanzeige​r.ch/kultur/buecher/D​er-Ghostwriter-/story​/27055107

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