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Abstimmung 07.03.2010: Senkung des Mindestumwandlungssatzes

Der Umwandlungssatz in einer Pensionskasse ist der Prozentsatz des angesparten Kapitals, der als Rente den Pensionären ausbezahlt wird. Er hängt unter anderem davon ab, wie viel Zins/Rendite die Pensionskasse auf dem angesparten Kapital erzielen kann.

Da die Pensionskassen die letzten 12 Jahre weniger Zins/Rendite erzielen konnten als in der Vergangenheit, soll der Umwandlungssatz um 0.4% auf 6.4% gesenkt werden. Dagegen wurde das Referendum ergriffen, weshalb diese Vorlage zur Abstimmung vors Volk kommt.

Was ist der Umwandlungssatz?

Der Umwandlungssatz wandelt das von jeder Person angesparte Pensionskassenguthaben in eine Rente um. Er ist so gewählt, dass im Durchschnitt das angesparte Kapital des Pensionärs genau bis zu seinem Tod reicht.

Heute gilt ein Mindestumwandlungssatz von 6.8%. Hat also beispielsweise eine Person zum Zeitpunkt der Pensionierung 100’000 CHF in der Pensionskasse angespart, bekommt sie eine jährliche Rente von 6’800 CHF.

Der Umwandlungssatz und dadurch auch die Rente hängen von der Lebenserwartung einer durchschnittlichen Person und der Verzinsung des Kapitals ab. Je länger die Person lebt, desto tiefer müssen der Umwandlungssatz und die Rente sein, damit das gesparte Geld reicht. Je mehr Zins das Kapital pro Jahr erzielt, desto höher kann der Umwandlungssatz sein, da mehr Geld für die Renten zur Verfügung steht.

Aufgrund der gestiegenen Lebenserwartung wurde bereits mit der 1. BVG-Revision der Prozentsatz von 7.2% auf 6.8% gesenkt. Der Satz soll nun nochmals auf 6.4% gesenkt werden, weil gemäss Bundesrat und Parlament weniger Zins auf dem Kapital erzielt werde. Bei den 6.4% handelt es sich um das Minimum, welches die Pensionskassen bezahlen müssen. Geht es der Pensionskasse gut, darf sie weiterhin höhere Renten auszahlen.

Was wird geändert?

Die wichtigste Änderung ist die schrittweise Senkung des Mindestumwandlungssatzes bis 2015 von 6.8% auf 6.4%. Damit wird berücksichtigt, dass man zukünftig nur noch mit einer Verzinsung von 4.0% statt 4.5% pro Jahr rechnet. Dies entspricht der durchschnittlichen Verzinsung, welche die Pensionskassen zwischen 1997 und 2007 erreicht haben. In den letzten zwei Jahren lag die Verzinsung aufgrund der Finanzkrise jedoch noch tiefer, was aber in der Berechnung des neuen Mindestumwandlungssatzes nicht berücksichtigt wurde.

Nicht betroffen von dieser Änderung sind Renten, die bereits bezogen werden. Auch die Barauszahlung des Vorsorgekapitals, die möglich ist bei einer Aufnahme einer selbständigen Erwerbstätigkeit, einer definitiven Ausreise aus der Schweiz oder falls das ausbezahlte Kapital unter dem Jahresbeitrag liegt, wird nicht verändert.

Auswirkungen

Bei einer Annahme der Vorlage wird der Umwandlungssatz auf 6.4% gesenkt, so dass ein Pensionär mit einem Vorsorgekapital von 100’000 CHF nun neu jährlich 6’400 CHF bekäme. Dies entspricht einer Senkung der Rente um ca. 6%. Das gesamte angesparte Kapital wird aber nicht verkleinert, nur die jährliche Rentenzahlung wird gekürzt.

Zudem sind die Leistungen bei Erwerbsunfähigkeit sowie die Hinterlassenenleistungen ebenfalls von der Anpassung des Umwandlungssatzes betroffen. Diese hängen indirekt vom Umwandlungssatz ab. Konkret bedeutet das, dass die IV-Renten der Pensionskasse (aber nicht die IV-Rente der IV-Versicherung) sowie die Ehegattenrente und die Weisenrente auch um 6% sinken werden.

Da die Lebenserwartung seit der ursprünglichen Berechnung des Satzes von 6.4% gemäss BSV weiter gestiegen sei, müsste neu eine Rendite von 4.3% und nicht 4.0% erreicht werden, respektiv 4.9% statt 4.5% falls der Umlagesatz bei 6.8% bleibt.

Wenn die Annahme über die Lebensertwartung des Bundes korrekt ist und somit eine Verzinsung von 4.9% erreicht werden könnte, führt eine Ablehnung der Vorlage zu keinem Problem. Eine Annahme hingegen würde dann zu Überschüssen in den Pensionskassen führen.

Könnte die Verzinsung von 4.9% nicht erreicht werden, würde eine Ablehnung dazu führen, dass das angesparte Kapital des einzelnen nicht mehr reichte. Um die Renten trotzdem auszahlen zu können, würde Geld von anderen Personen benutzt. Sind diese dann im Pensionsalter, wäre für diese kein Geld mehr vorhanden oder die Pensionskasse müsste saniert werden. Eine Annahme der Vorlage dürfte dann zu keinen Problemen führen, wenn mindestens eine Rendite von 4.3% erreicht wird.

Argumente der Befürworter

Die Befürworter argumentieren, dass der Umwandlungssatz heute von unrealistisch hohen Renditen von 4.9% ausgehe. Dies zwinge die Pensionskassen dazu, riskante Anlagestrategien zu fahren und somit das Vorsorgekapital für künftige Generationen zu gefährden. Der neue Umwandlungssatz entspreche einer Rendite von 4.3%, was die Pensionskassen die letzten 10 Jahre auch erzielt hätten.

Zudem werde die Bevölkerung immer älter. Die unterstellte Lebenserwartung von 83.65 Jahren in der 1. BVG-Revision sei unterschätzt worden. Neu werde erwartet, dass die durchschnittliche Lebenslänge 85.37 Jahre beträgt, was mit der Senkung des Umwandlungssatzes berücksichtigt sei.

Die Befürworter führen weiter an, dass bei einer Ablehnung der Vorlage die Pensionskassen mehr Geld ausbezahlen müssten, als jeder angespart habe. Dies führe dazu, dass das Rentenkapital der Jungen auf die heutigen Rentner umverteilt werde, was nicht dem Prinzip der Pensionskasse entspreche. Kommt die heutige junge Generation dann in ihr Rentenalter, sei für diese kein Geld mehr vorhanden.

Passe man daher den Umwandlungssatz heute nicht an, hätten die Jungen keine Pensionskassen-Rente mehr oder man müsse die Pensionskassen später mit Milliardenbeträgen sanieren.

Die Anpassung des Umwandlungssatzes sichere daher gemäss den Befürwortern die finanzielle Stabilität der 2. Säule (Pensionskasse). Damit sei auch das Ziel der Verfassung gesichert, dass jede Person im Rentenalter eine Mindestrente von 60% des Lohnes erhalten soll.

Schlussendlich sei der Umwandlungssatz nur eine Mindestvorschrift. Sollte mehr Zins erzielt werden, könnten die Pensionskassen weiterhin mehr auszahlen.

Argumente der Gegner

Die Gegner argumentieren, dass die Renditeerwartungen von Bundesrat und Parlament ungewöhnlich pessimistisch seien. Eine Rendite von 4.9% sei langfristig durchaus wieder möglich, wenn tiefere Verwaltungskosten berechnet oder risikoreichere Anlagen gewählt werden. Eine Annahme der Vorlage führe deshalb dazu, dass die Pensionskassen Überschüsse erzielen würden, welche dann an Vermögensberater und Management, welche Teile der Verwaltungskosten darstellen, ausgeschüttet werden könnte.

Zudem sei die höhere Lebenserwartung schon in der 1. BVG-Revision mit der Senkung auf 6.8% korrekt eingerechnet worden. Seitdem habe aber kein sprunghafter Anstieg mehr stattgefunden, so dass dieses Argument entfalle.

Weiter führen die Gegner aus, dass bei einer Anpassung des Umwandlungssatzes auch die Renten verkleinert würden. Damit würde mit der Senkung weniger Geld für tägliche Ausgaben zur Verfügung stehen. Das sei vor allem ein Problem für Personen mit einem niedrigen Vorsorgekapital. Seien diese bereits vorher mit Geldproblemen konfrontiert, verschärfe sich diese Situation hiermit noch. Dies könne so weit gehen, dass Sozialleistungen bezogen werden müssten, was höhere Sozialkosten für die gesamte Schweiz bedeute. Aber auch der gewohnte Lebensstandard von Personen in höheren Einkommensklassen sei mit einer Anpassung im Rentenalter gefährdet. Mit einer kleineren Rente stehe weniger Geld zur Verfügung, den Lebensabend auf dem gewohnten Niveau zu verbringen. Somit sei gemäss den Gegnern das verfassungsmässige Leistungsziel verletzt, da eine Rente von 60% des bisherigen Lohnes verunmöglicht werde.

Schlussendlich sei die Vorlage schlicht zu übereilt und schüre nur die Angst bezüglich der Altersvorsorge.

Literaturverzeichnis

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Überparteiliches Komitee „Ja zum fairen BVG-Umwandlungssatz“. (2009). Argumente. Gefunden am 26. Dezember 2009 unter Link

Umwandlungssatz_Endversion.pdf – PDF

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