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Abstimmung 30.11.2008: Referendum gegen das Betäubungsmittelgesetz

Ziel der Vorlage ist es, die bisherige Praxis der Drogenpolitik gesetzlich zu verankern und somit den zunehmenden Drogenproblemen wirksamer und gezielter begegnen zu können. Die umstrittene Frage der Cannabislegalisierung wurde in der Revision des BetmG ausgeklammert und wird in Zusammenhang mit der Hanf-Initiative behandelt. Gegen die Revision wurde von der EDU und der SVP das Referendum ergriffen.

Änderungen

  • Die heute praktizierte Vier-Säulen-Politik (siehe Kasten) des Bundes wird gesetzlich verankert. Die geltende Praxis, die legal ist, wird somit im Gesetz umgesetzt.
  • Die heroingestützte Behandlung wird definitiv gesetzlich verankert. Bis jetzt war diese in einem dringlichen Bundesbeschluss geregelt, welcher 2009 ausläuft. Die heutigen Beschränkungen (Mindestalter von 18 Jahren und Heroinabhängigkeit für mind. 2 Jahre) werden aufgehoben.
  • Ausweitung der staatlichen Abgabe auf weitere Betäubungsmittel (z.B. Kokain) zur Behandlung von Süchtigen würde möglich.
  • Verstärkung des Jugendschutzes.
  • Stärkung der Koordinationsrolle des Bundes in den Bereichen Prävention, Therapie und Schadensminderung.
  • Unter gewissen Bedingungen soll die ärztliche Verschreibung von Cannabisprodukten ermöglicht werden, z. B. zur Schmerzlinderung oder als krampflösendes Mittel bei Multipler Sklerose.

Auswirkungen

Die in der Praxis ausgeführte Vier-Säulen-Politik wird gesetzlich verankert und weitergeführt. Die Kantone werden dazu verpflichtet, im Bereich der Schadensminderung Angebote wie Injektionsräume („Fixerstübli“) bereitzustellen.

Wird die Vorlage abgelehnt, dann wird die heroingestützte Abgabe nicht mehr möglich sein.

  • Ende 2006 befanden sich 1308 Personen in der Heroinabgabe. Es traten 173 Personen aus, wovon 13% (23) in eine abstinenzorientierte Therapie übertraten und 50% (87) in die Methadonbehandlung. Zurzeit sind rund 17’500 Personen in der Substitutionsbehandlung mit Methadon.
  • Die Kosten für die heroingestützte Behandlung sind sehr schwierig zu erfassen, weil viele Faktoren nur sehr schwer zu messen sind. Laut den Befürwortern fallen heute Kosten von CHF 51.00 pro Tag und Person an, denen ein volkswirtschaftlicher Nutzen von CHF 96.00 pro Tag und Person (z.B. durch geringere Kosten in der Strafverfolgung) gegenüberstehe. Dies würde bedeuten, dass man durch die Therapie pro Tag und Person CHF 45.00 einspare. Laut Gegnern der Vorlage betragen aber die Kosten heute CHF 258.00 pro Tag und Person.

Mit der Annahme der Revision können weitere Betäubungsmittel (z.B. Kokain) zur Behandlung von Süchtigen abgegeben werden.

Der Jugendschutz wird bei Annahme der Revision mit folgenden Massnahmen verstärkt:

  • Früherkennung und rechtzeitige Betreuung suchtgefährdeter Jugendlicher,
  • Gezielte Entwicklung von Präventionsmassnahmen, welche speziell die Jugendlichen ansprechen,
  • Verschärfte Strafbestimmungen für die Drogenabgabe an Minderjährige, d.h. Freiheitsstrafen bis zu 3 Jahren oder Geldstrafen,
  • Drogenkonsum und -handel in der Nähe von Schulen wird härter bestraft.
  • Das Werben für Betäubungsmittel wird verboten.

Die koordinierende Rolle des Bundes würde ausserdem verstärkt:

  • Einrichtung einer Stelle, welche die Daten zur Entwicklung der Drogen- und Suchtproblematik sammelt und auswertet,
  • Der Bund gibt Impulse für eine vorausschauende Drogen- und Suchtpolitik,
  • Nationale Koordination und die Unterstützung des Bundes bei Aus-, Weiter- und Fortbildung der Fachpersonen,
  • Die Kantone behalten ihre bisherigen Kompetenzen.
  • Der vorsätzliche und unbefugte Konsum von Betäubungsmitteln wird nicht mehr mit Busse bestraft, sondern ist straffrei.

Gleich wie bisher bleiben folgende beiden Punkte:

  • Die Amtsstellen und Fachleute müssen keine Personen, die sich an sie wenden und eine strafbare Handlung begangen haben, bei der Polizei anzeigen (Amts- und Berufsgeheimnis).
  • Vorbereitungshandlungen für den eigenen Konsum von Betäubungsmitteln sowie das Weitergeben dieser Drogen zum gleichzeitigen und gemeinsamen Konsum bleibt straffrei.

Argumente der Befürworter

  • Die bewährte Vier-Säulen-Politik sei ein wirksames Mittel, um der Drogenproblematik zielgenau zu begegnen. Sie sei der Grund für den Rückgang der offenen Drogenszene und der Beschaffungskriminalität. Sie führe somit zur Entlastung der Polizeikräfte und zu mehr Sicherheit für die Bevölkerung.
  • Durch die heroingestützte Behandlung würden die Lebensumstände und die Würde der Süchtigen verbessert, wodurch sie auch aus der Kriminalität geführt würden. Die Stabilisierung der Lebensumstände sei der erste Schritt für den Ausstieg.
  • Der Jugendschutz werde verstärkt und ausgebaut sowie die gezielte Früherkennung von suchtgefährdeten Jugendlichen ermöglicht.
  • Die Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen habe sich bewährt. Doppelspurigkeiten würden verhindert und kontinuierliche Feinabstimmungen für eine effizientere Drogenpolitik ermöglicht. Zudem werde eine vorausschauende nationale Drogenpolitik möglich, welche die Kantone entlaste.
  • Die Sicherstellung der berufsübergreifenden Zusammenarbeit ermögliche bessere und wirkungsvollere Präventionsprogramme.

Argumente der Gegner

  • Der drogenpolitische Weg der Schweiz sei falsch und teuer, zudem werde er mit dem neuen Gesetz zementiert. Die Verharmlosung der Drogen in den letzten Jahren habe für viele Personen in die Abhängigkeit geführt.
  • Die Revision vernachlässige die Prävention, Repression und Therapie, da sie einseitig auf Schadensminderung setze. Zudem sehe sie die Förderung der Abstinenz nur als ein Mittel unter vielen. Das Ziel solle aber ein drogenfreies Leben sein.
  • Das neue Gesetz schaffe die Möglichkeit, die bisherige Heroinabgabe an Süchtige auf weitere Rauschgifte (wie z.B. Kokain) auszuweiten und erleichtere den Zugang zur Rauschgiftabgabe. Zudem zwinge die Revision die Kantone dazu, rechtsfreie Räume („Fixerstübli“) einzurichten.
  • Die Revision erschwere die Polizeiarbeit massiv und erleichtere den Dealern den Handel mit Betäubungsmitteln, was die internationale Drogenmafia anziehen werde. Dies, weil der Konsum und die Weitergabe von geringen Mengen straffrei sei und die Amtstellen von der Auskunftspflicht bei strafbaren Handlungen entbunden seien.

Literaturverzeichnis

Bundesamt für Gesundheit (2008). Revision des Betäubungsmittelgesetzes (BetmG). Gefunden am 24. Sept. 2008 unter Link

Bundesrat (2008). Abstimmungsbüchlein (30.11.08). Gefunden am 02. Okt. 2008 unter Link

Bundesversammlung (2008). Volksabstimmung vom 30. November 2008. Bundesgesetz über die Betäubungsmittel und die psychotropen Stoffe. Gefunden am 24. Sept. 2008 unter Link

EDU (2008). 2x Nein zu einer verfehlten Drogenpolitik.

Komitee „Ja zur Revision des Betäubungsmittelgesetzes“ (2008). Ja zur Revision des Betäubungsmittelgesetzes. Gefunden am 24. Sept. 2008 unter Link

Nationale Arbeitsgemeinschaft Suchtpolitik [NAS] (2008). Die eidgenössischen Räte bauen auf Erfolge. Gefunden am 24. Sept. 2008 unter Link

Referendumgskomitee (2008). Referendum gegen das revidierte Betäubungsmittelgesetzes.

Jeanrenaud, C., Pellegrini, S. & Widmer, G. [Université de Neuchâtel] (2008). Le coût sociale de la consommation de drogues ille-gales en Suisse. Gefunden am 24. Sept. 2008 unter Link

20081013_BetmG.pdf – PDF

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