Wenn ich auf der Strasse Unterschriften für aktuelle Initiativen sammle, stellen die Leute inhaltliche Fragen. Wie hoch soll der Mindestlohn sein? Wie genau soll der Atomausstieg von statten gehen? Fragen zu meinem Beruf werden in der Regel nicht gestellt. Auch wenn ich neuerdings beim Sammeln ein Namensschildchen trage, das mich als Kandidat ausweist.
Ganz anders sieht es im Internet aus. Sobald bekannt ist, dass „der Pfister“ ein Akademiker ist, schwappen mir Misstrauen und Vorurteile entgegen. Worte wie „Gstudierti“ oder „Akademiker“ sind in gewissen Kreisen Schimpfworte und stehen für elitäre, weltfremde Theoretiker, die noch dazu faul sind und keine Ahnung vom Arbeiten haben.
Zusätzlich angeheizt und bewirtschaftet wird dieses Misstrauen gegen die angebliche Elite von der Schweizerischen Volkspartei. Dies, obwohl die meisten tonangebenden SVPler selber Akademiker sind. Von den Parteistrategen Dr. iur. Christoph Blocher und Prof. Christoph Mörgeli über die „Kreuzritter gegen den Islam“ Dr. Phil. Ulrich Schlüer und lic. Phil. Oskar Freysinger bis hin zu den zahlreichen Rechtsgelehrten (lic. Iur.) wie Caspar Baader, Luzi Stamm und Gregor Rutz.
Akademiker schimpfen über Akademiker, um sich bei den Nicht-Akademikern beliebt zu machen Die angebliche Elite wird angeprangert von Leuten, die selber zu ihr gehören. Dieses durchsichtige, aber anscheinend erfolgreiche Spielchen spiele ich nicht mit.
Jawohl, ich bin Student. Der erste in meiner Familie. Zu meinem Freundes- und Bekanntenkreis zählen Akademiker genauso wie normale Leute ohne Matura. Und das ist auch gut so. Ich kenne die Vorwürfe, welche beide Lager dem jeweils anderen machen, und versuche zu vermitteln.
Weder sind Studis elitär, noch sind alle anderen doof (von wenigen Ausnahmen bei beiden Gruppen abgesehen). Es würde beiden Gruppen gut tun, sich öfter mit Angehörigen der anderen Gruppe zu unterhalten und anzufreunden, um Vorurteile abzubauen. Dies gilt auch für andere Bevölkerungsgruppen, die man nicht kennt und denen man genau deshalb mit Misstrauen begegnet. Und man sollte sich nicht von Parteipropaganda gegen irgendeine Bevölkerungsgruppe aufhetzen lassen.
Personen haben auf diesen Beitrag kommentiert.
Kommentare anzeigen Hide commentsIch habe zwar mein Uniexamen bestanden und kann mich Akademiker schimpfen, nur deswegen würde ich mir nicht zumassen mich als “Elite des Landes” zu sehen.
Nein, ich sehe mich als ganz normaler Bürger.
Dies im Unterschied zu den Mitglieder des Club Helvetique.
Sehe mich auch nicht als elitär, sondern als normaler Bürger.
Sagen Sie, was ist denn Ihrer Meinung nach elitär am Club Helvetique?
“Es wird mangelhaft kontrolliert, ob Volksinitiativen und Entwürfe von Bundesgesetzen der Verfassung entsprechen: Parlament, Regierung und Verwaltung taugen nicht als Wächter der Grundrechte, ihnen fehlt die Unabhängigkeit. Vorlagen sollten durch das höchste Gericht oder wenigstens durch unabhängige, mit hoher Autorität ausgestattete Gremien geprüft werden.”
Genau solche “unabhängige”, “mit hoher Autorität” ausgestattete Gremien führen zu Diktaturen. Das ist der Elitarismus, der mir beim Club Helevetique gar nicht gefällt.
Quelle:
http://www.clubhelvetique.ch/thesen/frametheseD.htm
Elitär ist was Anderes. Zum Beispiel Stimmrecht nur für Reiche, wie es Christian Huber/SVP in der Weltwoche postulierte.
Die Mitglieder des Clubs zum Rennweg, zu denen unter anderem auch die SVPler Peter Spuhler und Thomas Matter gehören, bezeichnen sich selber als Menschen, “welche ausserordentliches geleistet haben”. Die Mitgliederliste ist geheim. Die über 200 Mitglieder bezeichnen sich also selber als Elite, haben viel Geld und wirken “im Dunkeln”.
Dagegen sind die Namen der Club Helvetique-Mitglieder allen zugänglich.
Zum Thema Grundrechtsschutz
Wenn man die Gewaltentrennung konsequent anwendete, wäre der Entscheid, ob eine einzelne Initiative mit den Grundrechten vereinbar ist oder nicht, sowieso eine Aufgabe des Gerichts.
Das Parlament macht die Gesetze, die Regierung setzt sie um und das Gericht entscheidet im Einzelfall. Die Gültigkeit einer einzelnen Initiative ist ein Einzelfall.
Stefan Pfister
Im Unterschied zum Club Helvetique hat der Club zum Rennweg keine Politische Agenda. Christian Hubers Meinung ist nicht die der SVP.
Sie schreiben ja selbst, dass das Gericht im Einzelfall entscheidet (Anwendung des Gesetzes bei einzelnen Personen). Das Gericht soll aber eben nicht selbst wählen können, ob es ein Gesetz will oder nicht. Alles andere ist falsch verstandene Gewaltentrennung.
Ich habe noch nichts gemerkt davon, dass die SVP grundsätzlich
über Akademiker herfällt. Sie hat freilich einige solcher Zielscheiben,
wo man sich wirklich fragen muss, wie unbedarft ein Professor
eigentlich sein darf. Meist sind es solche aus Fakultäten, die kaum
ein berechtigtes Dasein zur Ausbildung zu Brotberufen (Sozialethiker,
Soziopsychologen usw., die es allesamt verfehlt haben, ein ehrbares
Schuster- oder Schreinerhandwerk zu lernen); die meisten ihrer
Angehörigen werden erst bekannt, wenn sie ihr „wissenschaftliches“
Jauchefass über die SVP ergiessen lassen, unter grossem Applaus der
Medien, deren Frontseitenartikel dann gierig und unreflektiert von
den hinlänglich bekannten Herren Pfister & Konsorten aufgesaugt
und ausgiebig zitiert werden, was denn aber auch nicht verwundert,
denn die SVP ist ja schliesslich deren erfolgreiche Gegnerin.
“Ich habe noch nichts gemerkt davon, dass die SVP grundsätzlich
über Akademiker herfällt.”
Das gibt es immer wieder mal.
Natalie Rickli meinte auf telezueri, im Parlament gebe es “zuviele Akademiker und zuwenig Leute mit gesundem Menschenverstand.”
Akademiker sind ihrer Meinung nach also Idioten, da sie keinen “gesunden Menschenverstand” haben.
Christoph Mörgeli behauptet in den Medien, dass die Professoren in der Uni Tag und Nachts nur überlegen, wie sie das VOlk übergehen und ausschalten können.
Christoph Blocher himself spricht gerne von “Professoren auf Gesinnungslehrstühlen”.
Und warum sprechen zahlreiche SVPler Daniel Jositsch immer als Professor an, während sie das bei CHristoph Mörgeli nicht machen?
Sie zeichnen das Bild: “Wir sind das Volk. Die anderen sind die intellektuelle Elite”.
Dabei gehören die meisten tonangebenden SVPler selber zu dieser Elite.
Ich muss Ihnen Herr Pfister Recht geben. Sie haben erfasst, wie unsere politischen Gegner fein und unterschwellig versuchen uns den schwarzen Peter rüberzuschieben.
Sie sind Studi und bei den Jungen Grünen ich Informatik-Lehrling und bei der JUSO. Im Grunde unterscheiden wir uns politisch nicht so sehr, das es einen Sinn machen würde das der eine über den anderen herzieht.
Ich wiederhole mich hier gerne: es ist nicht zentral wer sondern dass die Interessen von der Arbeiterschaft vertreten werden.
Natalie Rickli meinte auf telezueri, im Parlament gebe es “zuviele Akademiker und zuwenig Leute mit gesundem Menschenverstand.”
Dem kann ich nur Zustimmen.
Ab und zu fragt man sich schon, was Leute die auf Kosten der Allgemeinheit studiert haben, schlussendlich draus machen.
Wie das einmal mit Pfister rauskommt? Fragen über Fragen.
“Ab und zu fragt man sich schon, was Leute die auf Kosten der Allgemeinheit studiert haben, schlussendlich draus machen. “
Fragen Sie das doch mal Ihren Arzt. Oder den Architekten, der Ihr Haus gebaut hat.
Herr Pfister,
Heute akzeptiert man ja einen Arzt, der dem Mainstream folgend was von Alternativ Medizin redet, und auch einmal andere Wege geht. Nach diversen Versuchen dann doch noch zum Antibiotika greift, Hauptsache man es versucht.
Gleiches fast mit Architekten, die auf engstem Raum ihre Kistchen Minergie genannt, hinstellen, auch Mainstream mässig. Danach wird Minergie wieder Mainstream massig als out erklärt, und Passiv Häuser als Inn erklärt.
Meiner Ansicht nach gehen zu viele Mainstream mässig Wege, ohne genauer zu hinterfragen, eben, den gesunden Menschenverstand einzuschalten.
Irgendwelche Gurus / das verrückte viele von denen sind nicht mal richtige Studierte / erklären die Weltklima Katastrophe dieses Global Warming Menschenhand gemacht und alle Verrückten rennen hinterher.
Wollen wir jetzt noch über die schlimmste Gilde, diese Psycho- Studierten schreiben, die einerseits die Schwerstverbrecher „Therapiert“ herauslassen, oder jedes zehnte Kind zu einem Überintelligenten oder Zappelphilipp verhaltensauffällig machen, oder unter ausnutzen der menschlichen Psyche die Werbetrommel rühren, oder sich psychologisch in die Familie bis ins Ehebett einmischen?
Akademiker, der Wissenschaftler, Wissen Erschaffen, was heissen kann und heissen muss, die Erde ist nach heutigen Erkenntnissen keine Scheibe mehr, sondern eher eine Pizza, auf die jeder drauflegt an Beigemüse was ihm grad so passt.
Und, ein Studi tut gut daran zu prüfen, was uns wo eigentlich sein Professor studiert hat, auch die Frage nach einem Unfall in seinem Leben darf man stellen, so weiss man wenigstens warum der eine an der Waffel hat.
> Sobald bekannt ist, dass „der Pfister“ ein Akademiker ist
Och, von Ihren Beiträgen her hätte ich das nicht erwartet… ^ ^
Aber Sie haben Recht, es erscheint schon kurios, dass SVP-Akademiker gegen Akademiker wettern. Ich glaube, ich kann diesen “Widerspruch” auflösen: Wie Sie richtig bemerkt haben, sind diese SVP-Akademiker Juristen. Juristen sind eigentlich nur auf dem Papier Akademiker. Denn Jura ist nicht wirklich eine Wissenschaft — sonst würden sich nicht immer wieder Gerichtsurteile verschiedener Instanzen (zum gleichen Fall unter gleicher Gesetzeslage) widersprechen. Jura ist aleatorisches “Kaffeesatzlesen”, das sich weder an Logik noch an Naturgesetze halten muss.
Ich bin Wirtschaftsinformatiker.
Sie kennen die SVP aber schlecht, wenn Sie behaupten, die einzigen Akademiker dort seien Juristen. Schauen Sie sich mal auf parlament.ch die Titel der SVP-Nationalräte an.
Ulrich Schlüer hat beispielsweise Deutsch und Geschichte studiert. Dominique Baettig ist Psychiater. Dann gibt es noch Medizinhistoriker Mörgeli, Bankenprofessor Geiger usw.
Es bleibt dabei, dass Leute gegen eine angebliche Elite schimpfen, die dieser selber angehören.