Unsere direkte Demokratie bildet eine ideale Balance zwischen Staat und Gesellschaft. Ich bin deshalb eine engagierte Verfechterin des Milizsystems. Ich bin gegen ein Berufsparlament und ich bin gegen eine Berufsarmee. Beide, Berufsparlament und Berufsarmee fördern das Spezialistentum, verhindern die Vernetzung und erschweren die Kontrolle. Sie vermindern die Verantwortung des Einzelnen gegenüber dem Staat und somit die Verpflichtung, aktiv an der Gestaltung des Landes teilzunehmen.
Bei der Annahme der GSoA-Initiative zur Aufhebung der Wehrpflicht, würde eine solche Berufsarmee Realität. Eine funktionsfähige, freiwillige Milizarmee ist ein Widerspruch in sich und steht deshalb auch im Widerspruch zum Verfassungsauftrag der Landesverteidigung, welcher nicht mit einer Handvoll Freiwilligen gewährleistet werden kann. Die Schweiz bräuchte Berufssoldaten. Diese würden in keiner Weise der -in meinen Augen entspannenden-Vorstellung von typischen schweizerischen Armeeangehörigen entsprechen, welche Erfahrungen einer hauptsächlich zivilen Tätigkeit mit einer sporadisch militärischen verbinden. Ausserdem übersteigt eine Berufsarmee das heutige Budget um ein Vielfaches.
Eigentlich müssig, es zu wiederholen, aber die GSoA-Initianten haben einen neuerlichen Versuch unternommen, die Armee abzuschaffen und somit-ebenso brisant wie skandalös-die Landesverteidigung aufzugeben. Die Armee dient gemäss Artikel 58 der Kriegsverhinderung und trägt bei zur Erhaltung des Friedens. Sie verteidigt das Land und seine Bevölkerung. Sie unterstützt die zivilen Behörden bei der Abwehr schwerwiegender Bedrohungen der inneren Sicherheit und bei der Bewältigung anderer ausserordentlichen Lagen. Was ist daran verwerflich? Die Antwort, wer diese Aufgaben für die Schweiz übernehmen soll, steht in den Sternen. Die umliegenden Länder? Oder vielleicht jeder Kanton für sich allein? Das heisst, diejenigen Kanone, welche die Wehrpflicht zulassen, übernehmen die Verteidigung für diejenigen, welche sie abschaffen, die Aargauer für die Zürcher, beispielsweise…
Wenn die Wehrpflicht ein Angriff auf die persönliche Freiheit des Einzelnen ist, wie die Armeegegner monieren, ist der Verzicht auf die Landesverteidigung ein ungleich grösserer. Die Aufgaben der Schweizer Armee haben sich mit den heutigen Bedrohungsszenarien und der neuen sicherheitspolitischen Lage zwar verändert, die Legitimation ist die gleiche geblieben. Die Verletzlichkeit unserer Gesellschaft ist evident und deshalb ist die Behauptung der GSoA-Leute, die Armee sei ein Spielzeug für Offiziere und Armeefreunde despektierlich. Sie ist in Ignoranz der Geschichte und des Zeitgeschehens Ausdruck der verwöhnten Sicht, Frieden und Freiheit sei eine Selbstverständlichkeit, nichts, wofür es sich zu kämpfen lohnt. Ohne Armee kein Krieg, heisst das erhellende Fazit, als bestünde die Welt aus Mahatma Gandhis.
Als Frau, welche nie Militärdienst leisten musste, zolle ich allen Respekt, welche diesen Dienst tun, gerne oder auch ungerne. Ich lasse auch Vorsicht walten mit dem betulichen Spruch, den Männern hätte das Militär als Lebensschule nicht geschadet. Aber ich kann offen sagen, zumindest in meiner Familie, haben sie tatsächlich ihren Nutzen daraus gezogen. Er hat mit dem Milizsystem zu tun: mit ihren Beziehungen, mit ihren Erfahrungen, welche sie einbringen in ihren Beruf, in die Wirtschaft, in die Gesellschaft, in die Politik.
Direkte Demokratie, Milizsystem, bewaffnete Neutralität als beispielhaftes Friedensprojekt, vernetztes Denken auf nationaler und internationaler Ebene sind schweizerische Erfolgselemente, die sich gegenseitig bedingen. Und alle sind sie schützenswert.
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Kommentare anzeigen Hide commentsFrau Binder hat hier ein Statement abgegeben, wie es besser gar nicht sein
könnte.