AdL heisst altersdurchmischtes Lernen und hat nichts mit ADSL, HDSL oder ADHS zu tun. AdL ist ein moderner Ausdruck für Gesamtschule. Die Gesamtschule war die normale Art von Primarschule in der Frühzeit des Volksschulunterrichts. In „Freuden und Leiden eines Schulmeisters“ kann der Interessierte nachlesen, wie Jeremias Gotthelf über diese Institution dachte. Der Lehrer konnte sich mit eiserner Disziplin und Rohrstock über Wasser halten und schaffte den Unterricht nur, weil er sich von den begabten Schülern helfen lassen konnte. Des Schreibenden Grossvater habe, so sagt die Familienlegende, in der Gesamtschule des Bauerndorfes Mörigen als einer der kleinsten den Grossen beim Lesen und Rechnen geholfen. Er durfte studieren und wurde bernischer Regierungsrat. Das will heissen, dass die Gesamtschule nicht einfach schlecht war. Sie war aber auch nicht einfach nur gut, denn sonst wäre man kaum auf die Idee gekommen, die Klassen nach Jahrgängen zu gliedern. Das brauchte natürlich mehr Lehrer und kam deshalb teurer. Der Lernerfolg gab der Neuerung aber recht. In den höheren Klassen, dann nämlich wenn die Pubertät den Lerninhalt in den Hintergrund drängte, wurde der Unterricht nach Geschlechtern getrennt erteilt. So sollte auch in der Oberstufe und dem Gymnasium der Wissbegierde nichts im Wege stehen. Heute ist selbstverständlich, dass auch in der ehemaligen Töchterschule an der Hohen Promenade sowohl höhere Töchter wie Söhne unterrichtet werden. Neueren Datums ist die Idee, Kinder mit besonderen Bedürfnissen – oder weniger politisch korrekt, mit Behinderung – in die Regelklasse zu integrieren. Man stellt fest, dass aufgrund Überspringens oder Repetierens von Klassen der Jahrgang bei der Klassenzuteilung immer weniger eine Rolle spielt. Es wundert deshalb nicht, dass der Kreis sich jetzt schliesst, indem das altersdurchmischte Lernen neu entdeckt wird. Bei Gotthelf erfahren wir, warum damals die Gesamtschule gewählt wurde. Es brauchte für alle Klassen nur einen Lehrer, der ausserdem sehr schlecht bezahlt war, die Kinder konnten im Dorf bleiben und es war nicht schlimm, wenn ab und zu mal eines fehlte, weil es auf dem Hof helfen musste. Dem Lehrer war es sogar egal, wenn die meisten nicht kamen. Heute ist es umgekehrt. An Lehrern, Therapeuten, Logopäden, Psychologen besteht wenig Mangel, nur Kinder gibt es in gewissen Gemeinden nicht genug. Die NZZ widmete am 26. März dem Thema AdL eine ganze Seite. Sie kommt zu keinem eindeutigen Schluss, die Skepsis aber ist spürbar. Der Schlussabschnitt lässt aufhorchen. In der Primarschule Feusisberg stünden den Schülern Armee-Gehörschutzgeräte Marke „Pamir“ zur Verfügung. AdL ist nicht gleich Gesamtschule und die Moderne nicht das 19. Jahrhundert. Aber heut wie einst ist die Qualität der Lehrer für den Erfolg entscheidend.
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Kommentare anzeigen Hide commentsAuch in anderen Schulhäuser der Stadt stehen “Pamir” für die Schüler zur Verfügung. Diese sind seit der Grundstufe auch nötig. Wie soll sich ein Kindergärnter – sorry Grundstufenschüler – sonst auf die gestellte Aufgabe konzentieren, wenn andere Kinder im gleichen (!) Zimmer am Singen oder Spielen sind?
Die negativen Auswirkungen der Grundstufe (=altersdurchmischtes Lernen im Kidnergarten + 1. Klasse) sind bekannt. Nur mit sehr viel Ritalin kommen die Schüler durch die Grundstufe.
Altersdurchmischtes Lernen ist nur die konsequente Weiterentwicklung und erlaubt den Schuldirektoren ihre Missstände im Bau von neuen Schulhäuser in der Stadt zu verstecken, da so die Klassen besser bis zur Maximalzahl gefüllt werden können.
Zusammen mit der Integrierten Schule bringt das Altersdurchmischtes Lernen die Lehrpersonen zum Burnout. Die besseren Schüler werden zu Gratis-Lehrhilfspersonen, statt gefördert zu werden. Und die Lernstudios freuen sich, den Eltern teuren Nachhhilfeunterricht zu verkaufen, so dass die Schüler aufnahmeprüfungsrelevante Wissen, dass nicht während der normalen Schulzeit gelehrt wird, nachholen können.
Wir hatten noch einen Lehrer für die 1.-3. Klasse und wir sind deshalb nicht dümmer aus der Schule gekommen. Ja, vielleicht hatten wir den Vorteil, dass wir mal ein älteres Kamerädli fragen konnten….ausser wir waren selbst in der 3. Klasse -:)
Wenn heute Wirtschaftsstudentinnen nicht einmal mehr berechnen können, vieviele Jahre es dauert, bis sich ein heut einbezahltes Kapital zu 2% verzinst, vedoppelt, liegt der Hund woanders begraben! Übrigens wurde die Aufgabe ohne Berücksichtigung von Teuerung und Kontoverzinsung gestellt.
“Wenn heute Wirtschaftsstudentinnen nicht einmal mehr berechnen können, vieviele Jahre es dauert, bis sich ein heut einbezahltes Kapital zu 2% verzinst, vedoppelt, liegt der Hund woanders begraben! Übrigens wurde die Aufgabe ohne Berücksichtigung von Teuerung und Kontoverzinsung gestellt.”
Das kann vermutlich niemand – Zins 2%, Berechnung aber ohne Berücksichtigung der Kontoverzinsung gestellt – wie soll das bitte gehen?
@Jens Paulsen
Zugegeben, ich habe mich etwas kompliziert ausgedrückt. Gemeint ist mit dem letzten Satz meines Kommentars:
Kontoverzinsung 2%, Langfristige Teuerung 3% = Verlust 1%.
Also nur mit dem 2% Zins rechnen, auch ohne Zinseszinsformel.