1. Ausländer- & Migrationspolitik

Ausländer ste­hen wei­t links

Ausländerstimmrecht

Ausländer stehen weiter links als Schweizer

Parteipoli​ ​tisch wie auch in Sachfragen stehen Ausländer weiter links als Schweizer. Das zeigt eine neue Studie der Universität Lausanne. Vom Ausländerstimmrecht könnten SP und Grüne profitieren.

Von der Einführung des Stimmrechts für Ausländer könnten in erster Linie linke Parteien profitieren. 28,5 Prozent der in der Schweiz lebenden Ausländer würden SP wählen. Bei den ansässigen Franzosen, Spaniern und Italienern ist sie die beliebteste Partei. Die Grünen kommen auf einen Wähleranteil von 17,8 Prozent, sie geniessen die grösste Unterstützung bei den zugewanderten Deutschen. Die SVP – bei den Schweizern mit einem Wähleranteil von 26,6 Prozent beliebteste Partei – erreicht mit lediglich 14,3 Prozent bei den Ausländerinnen und Ausländern insgesamt nur den dritten Platz. Bloss die kleine Gruppe von Ausländern aus ehemals kommunistischen Ländern zieht die SVP allen andern Parteien vor. Die FDP folgt mit 13,9 Prozent an vierter Stelle, immerhin erreicht sie bei den Franzosen in der Schweiz den zweiten Platz hinter der SP. Unter den Ausländern nur wenig Zuspruch erfährt die CVP mit bescheidenen 9 Prozent Wähleranteil. Vom Vorteil, dass viele Zuwanderer namentlich aus Südeuropa katholisch sind, profitieren die Christlichdemokra​ten​ offensichtlich nicht.

All dies und einiges mehr zeigt eine neue Hochrechnung, die auf der Analyse der Parteipräferenzen von Ausländern in der Schweiz beruht. Erstellt hat sie Professor Andreas Ladner vom Institut für öffentliche Verwaltung (IDHEAP) der Universität Lausanne.

Da die Ausländer auf nationaler Ebene nicht stimmen können, konnte sich Ladner nicht auf die Daten aus der Wahlforschung stützen, wie das bei einer kürzlich publizierten Studie zum Wahlverhalten der Eingebürgerten möglich war. Er nutzte deshalb die Angaben aus dem sogenannten Schweizer Haushaltpanel. Dies ist eine seit 1999 jährlich wiederholte thematisch weit gefasste Umfrage zu den Lebensbedingungen in der Schweiz bei mehreren tausend Haushalten mit weit über 10 000 Personen, unter ihnen rund 1000 Ausländer. Ladner räumt ein, die Zahl der im Haushaltpanel vertretenen Ausländer sei «verhältnismässig klein». Die «nicht völlig repräsentative, aber mit grosser Sorgfalt und den nötigen Fachkenntnissen durchgeführte Erhebung spricht jedoch eine sehr deutliche Sprache», sagt Ladner: «Eine umfassendere und repräsentativere Untersuchung würde deshalb kaum zu völlig anderen Schlüssen führen.»

Ladners Auswertung des Haushaltpanels zeigt, dass die ausländische Bevölkerung seit 1999 durchwegs weiter links stand als die Schweizerinnen und Schweizer. Dies zeige sich nicht nur bei den Sympathien für einzelne Parteien, sondern komme auch bei politischen Sachfragen zum Ausdruck: «Sie sind weniger häufig für eine starke Armee, dafür häufiger für höhere Sozialleistungen, und nicht unerwartet sind sie für mehr Chancengleichheit für Ausländer», fasst Ladner zusammen. Auch wünschen sich Ausländer mehr Umweltschutz, und sie stehen der Atomenergie skeptischer gegenüber als Schweizer, hier sind die Unterschiede aber eher gering. Interessant ist der Vergleich bei der EU-Frage: Von den Schweizern wünschen bloss rund 15 Prozent den EU-Beitritt. Bei den Ausländern liegt dieser Wert zwar höher, mit lediglich 25 Prozent Zustimmung sind aber auch die Zuwanderer grossmehrheitlich alles andere als EU-Turbos.

Als Gründe für die Differenzen zwischen der schweizerischen und der ausländischen Bevölkerung sieht Ladner unter anderem «politische Wertorientierungen in den Herkunftsländern, möglicherweise gepaart mit einer grösseren Auswanderungsbereitsc​​haft liberal- und linksorientierter Kreise». Die tiefe Popularität der SVP bei den Ausländern ist folglich nicht ausschliesslich und direkt mit den restriktiven Positionen dieser Partei in Ausländerfragen zu erklären.

Die Analyse der Parteipräferenzen der Ausländer ist mangels Ausländerstimmrecht zwar bloss hypothetischer Natur. Für die Diskussion über die politische Beteiligung der Immigranten erlaubt die Auswertung indes relevante Aussagen. Ausländer mit fünfjährigem Aufenthaltsstatus B oder Niederlassungsbewilli​​gung C seien «eindeutig» weniger an Politik interessiert als Schweizer, sagt Ladner. Aufgrund der seit 15 Jahren erstellten Umfragen des Haushaltpanels gebe es auch «kaum Anzeichen dafür, dass mit der Aufenthaltsdauer das politische Interesse steigt». So sei das politische Interesse der Gruppe mit Status B überraschenderweise grösser als jenes der ständig Niedergelassenen. Diese Beobachtung widerspricht dem Argument, dass Ausländerinnen und Ausländer möglichst lange hier leben müssen, bis sie sich politisch beteiligen. Ladner sagt dazu: Wenn mit der Dauer des Aufenthalts das Interesse an der Politik nicht steige, sondern im Gegenteil sogar sinke, spreche das folglich für eine raschere Erteilung des Stimmrechts. Denn grundsätzlich gelte: «Fehlen die politischen Beteiligungsmöglichke​​iten, dann ist das Interesse tiefer», sagt Ladner.

 

http://ww​​w.nzz.ch/nzzas/nzz-a​m​-sonntag/auslaender​-s​tehen-weiter-links​-al​s-schweizer-1.184​5182​2

Personen haben auf diesen Beitrag kommentiert.
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Comments to: Ausländer ste­hen wei­t links
  • Dezember 29, 2014

    Wer ist überrascht? Ich jedenfalls nicht! Selbst diese Studie war überflüssig! Wäre etwas normaler Menschenverstand benützt worden, hätte man darauf kommen können, weshalb die Linken, das Ausländerstimmrecht überall einführen wollen. Immerhin wissen wir dies jetzt offiziell!

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  • Dezember 30, 2014

    Also ich war überrascht; ich bin eher vom Gegenteil ausgegangen. Bin aber froh, dass eine Yvette Estermann nicht der Normalfall ist. Ist immer gut, wenn mit solchen Erhebungen das eigene Weltbild einem Realitätscheck unterzogen wird.

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    • Juli 19, 2021

      Was ist denn mit dieser Yvette Estermann? Wagt sie eine andere Meinung zu haben, was so nicht tollerierbar ist. Oder warum genau?

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  • Dezember 31, 2014

    Noch viel interessanter als das „Ich- würde-wenn-Verhalten“​​ von Ausländern ist für die politische Zukunft der Schweiz das tatsächliche Verhalten von ehemaligen Ausländern.

    Ähnlic​​he Resultate wie in dieser neuen „Studie“ gibt es nämlich auch über Migranten, die bereits eingebürgert sind und damit Abstimmen können. Hier Zitate aus der Zusammenfassung einer Lizentiatsarbeit der Philosophischen Fakultät der Universität Zürich. „Politische Einstellungen: Eingebürgerte Personen und gebürtige Schweizer und Schweizerinnen im Vergleich“ von 2006:

    „Die signifikanten Unterschiede zwischen den politischen Einstellungen eingebürgerter Personen und denjenigen der Einheimischen lassen darauf schliessen, dass sich Neubürger/innen der Mehrheitsgesellschaft​​ widersetzt haben.

    Eingebürgerte haben also ihre eigene kulturelle Identität und deren Merkmale auch als Schweizer Bürger/innen beibehalten und keine politische Einstellungen übernommen, die typisch für die Schweizer Gesellschaft sind. Sie haben folglich mehrheitlich die Option der Integration gewählt und nicht mit einer vollständigen Aufgabe der eigenen kulturellen Eigenheiten oder gar mit einer Anpassung an die Sitten und Gebräuche der Eidgenossen reagiert. Das Gleiche gilt auch für Angehörige der zweiten Generation, die in der Schweiz geboren und aufgewachsen sind.

    Linke politische Anliegen sowie Abstimmungsvorlagen, die auf eine Öffnung der Schweiz gegen aussen abzielen, dürften mit der Unterstützung der Neubürger/innen rechnen. Einen Beitritt der Schweiz zur EU scheint den meisten Eingebürgerten besonders am Herzen zu liegen, so dass ihre Voten bei einer eventuellen Volksabstimmung ausschlaggebend sein könnten. Obwohl die Vergabe des Schweizer Bürgerrechts bei Geburt für die Angehörigen der zweiten Generation noch nicht verwirklicht ist, darf der Einfluss der stetig wachsenden Anzahl Eingebürgerten auf Wahl- und Abstimmungsresultate nicht vernachlässigt werden. Ihre Stimmen könnten das Zünglein an der Waage sein, das linken politischen Anliegen und Parteien zu einem Sieg verhilft.“

    => Daraus können wir sehen, wie schlecht die Assimilation von Migranten in der Schweiz funktioniert und wie fahrlässig wir autochthonen Schweizer unsere politischen Grundprinzipien durch eine selbstzerstörerische Einbürgerungspraxis untergraben. Auch ohne Ausländerstimmrecht..​​.

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    • Juli 19, 2021

      Na ja, sie haben schon ein wenig Recht, Herr Witschi. „Autochton“ tönt vielleicht ein wenig zu stark nach Blut, aber es kann als Gegenpart zu „eingebürgerten“ Schweizern herhalten.

      Wir Eidgenossen sind sozusagen die Chachapoya Europas!

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    • Juli 19, 2021

      es gibt kein “Wir Eidgenossen” nicht mal wenn man die historischen Tatsachen beachtet. Die Schweiz begründet ihre Existenz alleine auf die Regierenden Herrschaften und das Volk als Untertanen.
      Wir sind Europäer, Der Vergleich mit Chachapoyas ist nur möglich wer an Märchen wie Wilhelm Tell glaubt.

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    • Juli 19, 2021

      Wir sind vielleicht 150 Jahre gut gefahren, mit der Einbürgerungspolitik,​ Herr Witschi, aber seit den letzten 15 – 20 Jahren nicht mehr…

      So schnell kann‘s gehen.

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    • Juli 19, 2021

      Wenn man sogar, Herr Witschi, universitätsgehoben feststellen muss, dass „Eingebürgerte ihre eigene kulturelle Identität und deren Merkmale auch als Schweizer Bürger/innen beibehalten und keine politische Einstellungen übernehmen, die typisch für die Schweizer Gesellschaft sind“, dann handelt es sich nicht um ein blosses Empfinden.

      Genau diese verweigerte Übernahme der typisch Schweizerischen politischen Einstellungen, ist eine grundsätzlich und schon per Definition jeder sinnvollen Einbürgerung entgegengestellte Eigenschaft.

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    • Juli 19, 2021

      Herr Knall
      Da haben Sie natürlich recht, jemanden mit typisch Schweizerischen politischen Einstellung hätte kaum Chancen eingebürgert zu werden.
      Währe sehr wahrscheinlich viel zu links gerichtet.

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    • Juli 19, 2021

      Welche politische Einstellung ist denn “typisch für die Schweizer Gesellschaft”, Herr Knall? Soweit ich weiss wird weder 100% SVP noch 100% SP, 100% FDP oder 100% Grüne gewählt.

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    • Juli 19, 2021

      Ich meine damit, Herr Wagner, die politischen Einstellungen, die typisch für die Schweizer Gesellschaft sind, wie sie in der genannten universitären Lizentiatsarbeit erwähnt werden.

      Eine für mich entscheidende, typisch Schweizerische Einstellung ist zum Beispiel das Verteidigen der direkten Demokratie, der unabhängigen Souveränität des Landes und der immerwährenden, selbstgewählten, bewaffneten Neutralität. Diese Einstellung herrschte bei „autochthonen“ Schweizern bis vor der EWR-Abstimmung über alle Parteigrenzen hinweg. Seither nehmen globalistische und zentristische, also linke Tendenzen zu, welche die Schweiz in Grossgebilde wie die EU oder in die One-World-Order einfügen wollen.

      Gerade in diesen Bereichen sind Neuschweizer aufgrund ihrer mangelnden Erfahrung aus ihren bisherigen Heimatstaaten und wegen der offensichtlich ungenügenden Assimilation dieses ureigenen und einzigartigen Staatssystems oft nicht genügend integriert.

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    • Juli 19, 2021

      Ich bin mir sicher Herr Knall jeder hat seine eigene Meinung darüber was “typisch schweizerische Einstellungen” sind, und ich bin mir sicher das einige auch “autochthone” Schweizer mit Ihnen nicht einverstanden wären. Globalismus und Zentrismus als “linke” Tendenzen zu bezeichnen ist schon sehr voreingenommen.

      Gl​obalismus ist real existierend, und vielleicht haben konservative Kreise in der Schweiz einfach noch nicht verstanden das man zumindest ein wenig mit dem Strom schwimmen muss um nicht unterzugehen.

      Bezü​glich One World Order diskutiere ich nicht, das gehört in den Bereich Verschwörungstheorie.​

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    • Juli 19, 2021

      Welches ist das Ziel, Herr Wagner, der Globalisierung, wenn nicht die gleiche Ordnung für die ganze Welt? Für des englischen Mächtige bedeutet „One-World-Order“ genau das.

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    • Juli 19, 2021

      Gäbe es die gleiche Ordnung für die ganze Welt, gäbe es weit weniger Konflikte und Kriege.

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    • Juli 19, 2021

      Es gibt keine EINE Ordnung die, Herr Wagner, der ganzen Welt entsprechen könnte. Eine solche Ordnung wäre niemals demokratisch und unter Rücksichtnahme auf die Bedürfnisse der Bürger zu bewerkstelligen.
      Sie muss totalitär durchgesetzt und danach mit unterdrückerischen Massnahmen erzwungen werden.

      Unwahrsche​inlich, dass es bei mehr Unterdrückung weniger Konflikte gäbe. Vor allem zwischen der Obrigkeit und den Untertanen, die sich weltweit an die von Wenigen bestimmte Ordnung halten sollten.

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    • Juli 19, 2021

      Hans Knall:

      Ein kleinster gemeinsamer Nenner würde ausreichen, wie jeder erfolgreiche föderative Bund, gemeinsame Politik unter Berücksichtigung regionaler Befindlichkeiten. Mit Leuten jedoch die sich schon an einer gemeinsamen Rechtsnorm betreffend Grundrechten für Europa stören wird so was nie zustandekommen. Deshalb ist es vielleicht gar nicht schlecht wenn Nationalismus und Konservatismus über die nächsten Jahrzehnte spürbar an Einfluss verlieren um die Dominanz mehr in die politische Mitte zu rücken. Eine “linke” Welt ist sicher keine Alternative.

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