Zürich steht wieder einmal vor Stadtratsersatzwahlen. Für viele scheint es eine ausgemachte Sache, dass die SVP antreten muss. Es gibt aber auch Gründe, die dagegen sprechen. Die Gewinnaussicht ist dabei nur ein Faktor. Sonst hätte die grösste bürgerliche Partei Zürichs in den letzten Jahren nie an Stadtratswahlen teilgenommen. Wir wussten genau, wie gering unsere Aussicht war, dabei Erfolg zu haben. Ein Exekutivamt ist nur zu erreichen, wenn man parteiübergreifend Stimmen holt. Die SVP will aber nicht anderen Parteigängern gefallen, sondern die staatliche Einmischung zugunsten von verstärkter individueller Freiheit verkleinern. Damit gewinnt man im linken Zürich keinen Stadtratssitz. Für die Wahlen in den Gemeinderat stehen die Zeichen anders. Da gilt es, möglichst klar positioniert zu sein. Der Wähler muss darauf vertrauen, dass die Leute auf der von ihm eingelegten Liste tatsächlich tun, was sie versprechen. Bei Parlamentswahlen gewinnt die SVP nach wie vor, weil sie ihre Versprechen einlöst und ihre Politik glaubwürdig vertritt. Wenn heute über Ersatzwahlen entschieden wird, dann unter diesen Rahmenbedingungen. Die FDP rutscht seit Jahren auf der schiefen Ebene nach unten und scheint den physikalischen Grundsatz widerlegen zu wollen, dass einen dabei Reibung bremst. Sie hat im Parlament laufend Sitze verloren, dabei aber im Stadtrat zwei von ehemals drei Vertretern halten können. Der Abbau dürfte auch hier weitergehen. Der Grund dafür sind die neuen Parteien, die auf linker Seite aufgekommen sind. Vorneweg kamen die Grünen und dann die Grünliberalen. Sie haben den Pakt zwischen SP und FDP zerschlagen. Vorher gönnte die SP der FDP drei Sitze, behielt die Mehrheit im Stadtrat, stellte aber sicher, dass sich auch die Freisinnigen an der Verantwortung beteiligten. Damit sicherte die SP Mehrheiten und die linken Ziele setzten sich nach und nach durch. Die neuen Parteien fanden erst Platz, als das Wahlsystem geändert werden musste. Wenn sich GLP und FDP im Wahlkampf gegenüberstehen, werden die linken Sympathien eher bei der GLP liegen, die FDP könnte sich noch Hoffnungen machen, dass die Wähler der Linken zu Hause bleiben. Aber wer auch immer gewählt wird, im Jahr 2014 kommen die Gesamterneuerungswahlen. Nicht nur Vollenwyder hat mehrere Amtszeiten hinter sich, auch für andere gilt das. Lauber, Türler, Waser sie alle könnten den Wunsch haben, auszusteigen. In Gesamterneuerungswahlen stehen so oder so alle gegen alle. Da könnte sogar für die SVP ein Sitz drin liegen, wenn die Linke genügend zerstritten ist. Was bringt es, heute Geld, Energie und einen Kandidaten zu opfern und die Leiche FDP zu fleddern? Wäre es nicht klüger, sich auf die Gesamterneuerungswahl zu konzentrieren? Wir sollten politisch Themen setzen. Die Wahlkarten werden 2014 neu verteilt.
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Kommentare anzeigen Hide commentsMit solchen Kommentaren tun Sie der momentan doch recht einvernehmlichen Zusammenarbeit zwischen SVP und FDP in der Stadt Zürich keinen Gefallen. Sind sie möglicherweise enttäuscht, dass Ihnen dies in Ihrer Amtszeit nicht gelungen ist? Oder sehen Sie die SVP irgendwie bedroht? Wie auch immer, Sie haben schon Schlaueres geschrieben.
Marc Bourgeois,
erklären Sie mir doch, weshalb ein SVP-Wähler wie ich ein FDP-Kandidat wählen soll, statt einen von der GLP? Die Aussagen von Vollenwyder in den vergangenen Budgetdebatten sind nicht vergessen. Für mich ist die FDP erst dann wieder wählbar, wenn die junge Generation kandidiert.