Der Regulationen der Regierungen wegen seien die Banken- und die Finanzkrise entstanden, sagte der liberale, freisinnige Denker im Sofa der SRF-Sendung „Der Club“ vor rund drei Jahren. Ich, damals Moderator dieser Sendung, traute meinen Ohren nicht. Soeben hatte der Bund der UBS zum Überleben 66 Milliarden Franken zur Verfügung gestellt. Und jetzt behauptete einer, die Regierungen seien schuld, weil sie den Banken nicht freien Lauf gelassen hätten.
Doch es kam noch besser. Von den Journalisten aufgenommen, kursierte diese Geschichte diesen Frühling in mehreren Zeitungen und Magazinen. So dass sich ein renommierter Schweizer Sozialwissenschaftler und Publizist bemüssigt fühlte, mir per E-Mail wortreich zu erklären, dass dem genauso sei. Die Regulationsbehörden seien schuld, schrieb er, im Falle der USA der Staat selbst.
Und jetzt, in Grossbritannien? Wieder der Staat, wieder die Aufsichtsbehörde die versagt haben? Wie viele solcher Fälle müssen noch passieren, bis auch die liberalen Kräfte endlich begreifen, dass die Banken alleine nicht fähig sind, sich selber zu kontrollieren?
Nicht einmal der überaus korrekte alt BundesratDer Bundesrat der Schweiz bildet die Exekutive bzw. Regierun... Kaspar Villiger hat es geschafft, die Finanzhaie an der Front zu zähmen. Ich kann mir gut vorstellen, dass er sich zurzeit schämt. Und gut möglich auch, dass wir vom liberalen Studiogast und vom renommierten Sozialwissenschaftler eine Zeit lang nichts mehr hören.
Oder doch? Nach der letzten Bankenkrise, so hatte ich das Gefühl, sprach drei Jahre später niemand mehr von den kriminellen Machenschaften der Madoffs & Co. Alles war in Vergessenheit geraten. Bis vor ein paar Tagen, als publik wurde, dass ein einziger UBS-Banker 2,3 Milliarden in den Sand gesetzt hatte.
Bitte, bitte – jetzt einfach nicht wieder vergessen!
Personen haben auf diesen Beitrag kommentiert.
Kommentare anzeigen Hide commentsHerr Aebischer, es deucht mich schier, Ihnen recht geben zu müssen.
Was in London passiert ist, so hätte dies wahrscheinlich keine
Regelung verhindern können, denn der Täter umging geschickt die
Kontrollfunktionen, und er führte auch die Bücher ungetreu. Gegen
solche Mitarbeiter ist wohl kein Unternehmen gefeit, und so etwas
kann immer wieder vorkommen.
Weil ein vermutlich von angelsächsischen Konkurrenzbanken angeheuerter Maulwurf in London versuchte, der UBS den “Gnadenschuss” zu geben, sollen wir jetzt SP wählen, die schon lange dasselbe will!? Die SP hat wirklich keine Wahlkampfargumente…
Grüezi Herr Aebischer, Finanzkrisen und kein Ende. Seit Jahrzehnten reiht sich eine Schlagzeile an die andere. Früher ging es noch um Millionen-Skandale, nach der Inflation der Nullen sind es Milliarden-Skandale geworden. Ich bin ein durch und durch bürgerlich denkender spätpensionierter Bürger, der ein berufslebenlang ein Metier ausübte, wo hart gearbeitet wird, aber “kleine Brötchen gebacken” wurden. Ein “low profit bussiness” eben, in der Nahrungsmittel-Branche. Was ich mir da über die Jahrzehnte anhören musste,Ignoranz, Kaltschnäuzigkeit und Ueberheblichkeit nicht zu übertreffen. Die Teilnehmer im Finanzmarkt haben nichts unterlassen, ihrer eigenen Reputation, derjenigen der Banken und der Schweiz Schaden zu zu fügen. Die Finanzindustrie und mit ihr die globalisierten Banken haben kein Mittel gescheut die Bilanzsummen zu erhöhen, aber gleichzeitig das Vertrauen der Kunden, Aktionäre und Bürger zu zerstören.
Die Politik hat unzählige Skandale mit einem Kopfnicken zur Kenntnis genommen, um gleich wieder zum “current normal” über zu gehen. Die Regierung und die Finma haben in den meisten Fällen mit Schönreden jegliche Kritik im Keim erstickt. Der Soziologie-Professor der den Bankern schonungslos auf die “Pelle rückte” wurde von der Justiz zu Schadenersatzzahlungen verurteilt. Angesichts der Aktualität habe ich wieder einmal in einige seiner Bücher geschaut, und siehe da der Sachverhalt über Handlangerdienste zu kriminellen Handlungen bestätigt die Aussagen des “Enfant terrible” aus Genf.
Die Politik hat versäumt einzugreifen, sie hat unterlassen die Verantwortlichen der Finanzwirtschaft rechtzeitig an die Kandare zu nehmen. Am heutigen Fiasko trägt die Politik eine grosse Mitverantwortung, für alles was sie unterlassen hat.
Roulette-Tisch der internationalen Finanzwelt!
1,2 Billionen Dollar wechselten 2002 auf den globalen Devisenmärkten täglich den Besitzer, annähernd die Hälfte davon wurde von den sieben grössten Banken der Welt bewegt. Kaum eine dieser gewaltigen Transaktionen hat einen realwirtschaftlichen Wert oder auch nur Hintergrund. Hochkomplexe Software-Programme wurden und werden einzig zu dem Zweck entwickelt, Computerzahlen, die für nichts stehen, nach oben und unten zu manipulieren. Vom Schmiermittel reibungsfreier Investition und Verteilung ist das Geldwesen unter dem Regime global agierender Finanzgiganten zur hemmungslosen Schaumschleuder geworden, deren Exkremente sich klebrig und störend in die Poren des internationalen Wirtschaftsorganismus zwängen, seine Bewegungen lähmen oder in irre Zuckungen wandeln. (Nach S. Wagenknecht: Kapitalismus im Koma, „No Alternative?“, 2003)