In vergangenen Jahren ist die Gefahr durch Terrorismus in Europa erheblich angestiegen. Als Reaktion auf die Bedrohung sind in vielen Ländern neue Gesetze entstanden. Nach den Anschlägen in Paris im Jahr 2015 beschloss auch die Schweiz eine Strategie zur Terrorismusbekämpfung. Seither ist das polizeiliche Instrumentarium zum Schutz der Bevölkerung vor Terror stetig gewachsen. Dieses Bundesgesetz würde es erlauben, die Strategie weiterzuführen.
Ausgangslage
Der Schweizer Nachrichtendienst bestätigt weiterhin eine erhöhte Bedrohung durch Terrorismus in der Schweiz. Um eine noch bestehende Lücke in der Schweizer Terrorbekämpfung zu schliessen, haben der National- und der Ständerat im Jahr 2020 das Bundesgesetz über polizeiliche Massnahmen (PMT) angenommen. Bisher waren der Polizei die Hände gebunden, wenn der Verdacht besteht, dass von einer Person eine terroristische Gefährdung ausgeht, diese Person jedoch keine Straftat begangen hat. Auf Basis des Gesetzes soll die Polizei nun auch präventiv gegen potenzielle Gefährder vorgehen können. Ein Referendumskomitee aus mehreren Jungparteien hat dagegen das Referendum ergriffen.
Auswirkungen
Durch die Annahme des Gesetzes (und somit durch Ablehnen des Referendums) erhält die Polizei zusätzliche Möglichkeiten zur Bekämpfung von Terror. So soll sie auch ohne Eröffnung eines Strafverfahrens zu gewissen präventiven Massnahmen gegenüber potenziell gefährlichen Personen greifen können. Ziel des Gesetzes ist es, schwere Straftaten zu vermeiden und die Bevölkerung angesichts vermehrter Terroranschläge in Europa besser zu schützen. Zu den Massnahmen gegenüber einer verdächtigten Person zählen eine Pflicht, sich zu bestimmten Zeiten bei der Polizei oder einer anderen Behörde zu melden. Darüber hinaus enthält das Gesetz ein Kontaktverbot, ein Ausreiseverbot, die sogenannte Ein- und Ausgrenzung auf eine Liegenschaft («Hausarrest»). Die Massnahmen sind als äusserste Mittel einzusetzen, wenn eine Radikalisierung nicht durch anderweitige Methoden verhindert werden konnte. Zudem ist ihr Einsatz stets zeitlich begrenzt, muss verhältnismässig und nur gegen Einzelpersonen, nicht gegen Gruppen, erfolgen.
Argumente der Befürworter
Die Befürworter des Gesetzes argumentieren, dass dieses zur Sicherheit der Schweizer Bevölkerung beitrage. Die präventiven Massnahmen ermöglichen es der Polizei, frühzeitig gegen Gefährder vorzugehen und terroristische Straftaten zu verhindern. Somit würde eine Lücke in der Terrorbekämpfung geschlossen.
Dabei seien alle Massnahmen zeitlich begrenzt einzusetzen und können vor Gericht angefochten werden. Die meist umstrittene Massnahme, jene des Hausarrests, müsse sogar von einem Richter oder einer Richterin zugelassen werden. Ausserdem sei sie nur in letzter Instanz anzuwenden, wenn zuvor auch andere Anordnungen nicht befolgt wurden. Dadurch entstehe kein Konflikt mit den Menschenrechten.
Auch schliesse das Gesetz an zahlreiche weitere Mittel zur Eindämmung von Terror an, wie beispielsweise Präventionsarbeit durch soziale Institutionen. So kann die Polizei erst Massnahmen des PMT-Gesetzes verordnen, wenn alle sozialen, erzieherischen und therapeutischen Methoden versagt hätten.
Die Schweiz sei zudem nicht das erste Land, welches ein derartiges Gesetz einführe. Auch weitere europäische Länder verfügten über vorbeugende Massnahmen zur Terrorismusbekämpfung. Ebenso seien in der Schweiz bereits in anderen Bereichen wie denen des Hooliganismus und der häuslichen Gewalt präventiv-polizeiliche Massnahmen bekannt.
Darüber hinaus kämen die Massnahmen nur im Zusammenhang mit Terrorismus zum Zug. Es müsse eine Bedrohung der rechtsstaatlichen und demokratischen Werte vorliegen, damit das Gesetz Anwendung fände. Somit seien weitere unliebsame Personengruppen, wie zum Beispiel Staatskritiker oder Journalisten, nicht davon betroffen.
Argumente der Gegner
Gegner des Gesetzes kritisieren die darin enthaltenen Formulierungen als zu ungenau. Vage Bezeichnungen wie «terroristische Gefährder» können willkürliches Handeln der Polizei nach sich ziehen. Ausserdem sei die Bedeutung von Terrorismus sehr weit gefasst und ohne Bezug zum Begriff der Gewalt definiert. Somit entstehen erhebliche Spielräume beim Auslegen und Abgrenzen von Terrorismus und es bestehe die Gefahr von allzu weitreichenden Anordnungen.
Die Massnahmen verstiessen zudem gegen Menschen- und Grundrechte. Zahlreiche internationale Organisation wie die UNO hätten sich deshalb bereits kritisch geäussert. Mit dem Gesetz werde einerseits das Prinzip der Unschuldsvermutung verletzt. Ohne konkrete Beweise und nur aufgrund von Hinweisen könne präventiv gegen Verdächtige vorgegangen werden. Andererseits werde die Gewaltenteilung untergraben, da der Einsatz der Massnahmen anstatt von einem Gericht von der Polizei selbst entschieden würden.
Ferner verstosse die im Gesetz vorgesehene Massnahme des Hausarrests gegen die Europäische Menschenrechtskonvention. Verdächtige können, ohne eine Straftat begangen zu haben, und auf blossen Verdacht hin bis zu sechs Wochen einen Freiheitsentzug erleiden.
Auch werden mit dem Gesetz Kinderrechte missachtet. Während eine Eingrenzung auf eine Liegenschaft für Kinder ab 15 Jahren möglich sei, könnten alle anderen Massnahmen für Kinder ab 12 Jahren erfolgen.
Überdies wirke die Schweiz beispielhaft auf andere Länder. Autoritäre Regimes können nachfolgend ähnliche Gesetze einführen, welche sie möglicherweise regressiver umsetzten.
Nicht zuletzt biete das Strafgesetz schon ausreichend Möglichkeiten gemäss rechtsstaatlichen Prinzipien gegen Terrorismus vorzugehen.
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Bundesgesetz_ueber_polizeiliche_Massnahmen_zur_Bekaempfung_von_Terrorismus_(PMT).pdf – PDF
Nachtrag: S’OSCHTERHÄSLI GUMPT ??? In den Kindergärten von Erlenbach (ZH) müsste das mundartlich aber so tönen: S Òòschdèrhäsly ggùmbbèt.
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