1. Sonstiges

Bundesrat hat seltsame Ansichten bez. Verhältnismässigkeit

Der Bun­des­rat hat letzte Woche sei­nen Vor­schlag zur Um­set­zung der Aus­schaf­fungs­i­ni­​tia­tive vorgestellt. Er will unter an­de­rem im StGB einen neuen Ar­ti­kel 66a schaf­fen, wobei er im 1. Ab­satz fol­gen­des vorschlägt: (relevantes von mir hervorgehoben) 

Das Gericht verweist den Ausländer, der wegen eines der folgenden Verbrechen oder Vergehen zu einer Strafe verurteilt wird, für 5–15 Jahre des Landes:

a. vorsätzliche Tötung (Art. 111), Mord (Art. 112), Totschlag (Art. 113), Raub (Art. 140), Menschenhandel (Art. 182), Vergewaltigung (Art. 190) oder ein anderes Verbrechen gegen Leib und Leben, gegen das Vermögen, gegen die Freiheit, gegen die sexuelle Integrität oder ein gemeingefährliches Verbrechen, sofern diese Verbrechen mit einer Mindeststrafe von einem Jahr Freiheitsstrafe oder mehr oder mit einer Höchststrafe von 10 Jahren Freiheitsstrafe oder mehr bedroht sind;

b. Diebstahl (Art. 139) in Verbindung mit Hausfriedensbruch (Art. 186);

c. Betrug (Art. 146 Abs. 1) im Bereich einer Sozialversicherung oder der Sozialhilfe, unrechtmässiger Bezug von Leistungen einer Sozialversicherung oder der Sozialhilfe (Art. 148a Abs. 1);

d. Betrug (Art. 146 Abs. 1), Leistungs- und Abgabebetrug (Art. 14 Abs. 1, 2 und 4 des Bundesgesetzes vom 22. März 1974 über das Verwaltungsstrafrecht​) oder Steuerbetrug, Veruntreuung von Quellensteuern oder eine andere Straftat im Bereich der öffentlich-rechtliche​n Abgaben, die mit einer Höchststrafe von einem Jahr Freiheitsstrafe oder mehr bedroht ist;

e. Widerhandlung gegen Artikel 19 Absatz 2 des Betäubungsmittelgeset​zes vom 3. Oktober 1951.

Normalerweise sind Delikte von ausschliesslich finanzieller Natur weniger schlimm als Delikte gegen das Recht auf Freiheit, Recht auf körperliche Unversehrtheit sowie das Recht auf Leben. Gemäss dem Bundesrat soll diese Abstufung neu teilweise auf den Kopf gestellt werden. Er erweitert unter Buchstaben d die Liste mit diversen vergleichsweise kleineren Finanzdelikten, die in Artikel 121 der Bundesverfassung nich​t direkt erwähnt werden und für die teilweise nur eine Höchststrafe von einem Jahr Freiheitsstrafe vorgesehen sind.

Wenn es aber zu Delikten gegen die Freiheit, Körperliche Unversehrtheit oder das Recht auf Leben kommt, hält sich der Bundesrat mit zusätzlichen Nennungen enorm zurück. So will er beispielsweise, dass bei Verurteilungen wegen Aussetzung (Art. 127 StGB), Gefährdung des Lebens (Art. 129 StGB), Zwangsheirat (Art. 181a Abs. 1 StGB) sowie Sexuelle Handlungen mit Kindern (Art. 187 Abs. 1 StGB) die richterliche Landesverweisung gar nicht möglich ist! Und dies selbst wenn der Täter bereits früher zu Geld- oder Freiheitsstrafen verurteilt worden ist!

Mit Blick auf Artikel 2 Abs. 1 und Art. 5 Abs. 2 der Bundesverfassung würde ich sagen, dass je stärker ein Täter die Freiheit und die Rechte eines Opfers beeinträchtigt, desto mehr (und nicht weniger) Gründe gibt es dafür, dass der Staat das Opfer (und nicht die Täter) schützen muss. Folglich sind bei Art. 66a Abs. 1 des Bundesratsentwurf entsprechende Anpassungen nötig. 

Eine Frage zum Schluss: Werden diesbezüglich nun die Parlamentarierinnen und Parlamentarier in Bundesbern ihrem Amtseid vorbildlicher nachkommen als der Bundesrat?

Personen haben auf diesen Beitrag kommentiert.
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Comments to: Bundesrat hat seltsame Ansichten bez. Verhältnismässigkeit
  • Juli 3, 2013

    Den, Herr Winton, hinterrücksen Versuchen vor allem von Frau Sommaruga, muss entschlossen entgegengetreten werden. Die eigentlich mit der Umsetzung der Ausschaffungsinitiati​ve beauftragte Exekutive, will uns den vom Volk explizit abgelehnten Gegenvorschlag trotzdem mit allen Tricks und Mitteln unterjubeln.

    Die bereits zustande gekommene “Durchsetzungsinitia​tive” der SVP wird noch einmal Klarheit schaffen müssen.

    Auf die volkswillengemässe Politik des Bundesrates bezogen, wird das übrigens viel mehr bewirken, als es eine Volkswahl des BR hätte tun können.

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    • Juli 19, 2021

      “Auf die volkswillengemässe Politik des Bundesrates bezogen, wird das übrigens viel mehr bewirken, als es eine Volkswahl des BR hätte tun können.”

      Herr Knall, hätte dieser Groschen nicht schon längst, nähmlich mit dem Abstimmungsergebniss fallen müssen?

      Frau Sommaruga, lässt sich vom Volkswillen doch nicht beeindrucken, dass zeigt auch ihr Vorgehen bei der Umsetzung des gem. Sorgerechts. Nur auf massivsten Druck und dank ein paar Tonnen Plastersteinen hin, hat sie ihre Verhinderungstaktik wieder zurück gezogen und den Betroffenen schnelle Lösungen versprochen. Passiert ist bis dato aber immer noch nichts!
      Das Gesetz ist nach wie vor nicht in Kraft und man weiss dabei ganz genau, tausenden von engagierten Vätern, läuft die Zeit davon! Wenn ihre Kinder volljährig sind, brauchen sie das Sorgerecht nähmlich nicht mehr.

      Sicherlich muss man ihr hier zugute halten, dass sie hier als Frau gegen ihre eigene Lobby antreten muss. Aber das Gesetz war bei ihrem Amtseintritt ja bereits abgesegnet. Sie hat es völlig unnötig um Jahre zurück geworfen!

      Dabei hätte sie sich auch einfach auf geltendes EU Recht berufen können! Das übernehmen wir ja überall da, wo es der EU nutzt ja auch noch so gern. Aber ja nicht da, wo es Sinn macht auch für unsere Gesellschaft. Und man sich tatsächlich mal auf die wahrung der Menschenrechte berufen könnte… Aber Schweizer Männer sind offenbar keine Menschen. Geschiedene schon gar nicht und ihre Kinder offenbar grad auch nicht.

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  • September 8, 2013

    “Mit Blick auf Artikel 2 Abs. 1 und Art. 5 Abs. 2 der Bundesverfassung würde ich sagen, dass je stärker ein Täter die Freiheit und die Rechte eines Opfers beeinträchtigt, desto mehr (und nicht weniger) Gründe gibt es dafür, dass der Staat das Opfer (und nicht die Täter) schützen muss. […]”

    In den letzten Wochen im Fall “Carlos” gezeigt hat, dass es mindestens im Bereich der Justiz-Abteilung des Kantons Zürich diverse Personen gibt, die selbst längere Zeit direkt entgegen dem in Artikel 2 Abs. 1 der CH-Bundesverfassung arbeiten können. Die hatten nicht dem Opfer Selbstverteidigungsun​terricht bezahlt sondern dem Täter nach der Verurteilung noch für 5’000 Franken pro Monat eine Kampfsportausbildung mit Einzelunterricht bezahlt!

    Das richtige Vorgehen wäre jetzt nicht billige Ausreden von sich zu geben (“Zu personalrechtlichen Konsequenzen wolle er sich nicht äussern, sagte Regierungsrat Graf, zumal Gürber ja bald ins Pensionierungsalter komme.” (nzz.ch 7. September 2013) sondern eine Untersuchung die Beantwortet, wer (mit Namen) für was verantwortlich war. Die presonalrechtlichen Konsequenzen müssen dann je nach Verantwortung mindestens die gelbe Karte (Verwarnung) oder die rote Karte (Entlassung) sein.

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