„Es sieht danach aus, dass die Geldschwemme vor allem die Reichen reicher machen wird. Das tönt etwas salopp, dahinter stehen aber mehrere Mechanismen, die den Finanzsektor und grosse Unternehmen begünstigen. Das Aufkaufen von Wertpapieren durch die Zentralbanken betrifft unter anderem Obligationen von Unternehmen, von einzelnen Firmen oder von Fonds. Die Zusatznachfrage nach diesen Obligationen steigert den Wert und den finanziellen Spielraum der Firmen. Das färbt kaum auf die Kleinen ab, die weniger günstige Konditionen haben. Bisweilen verhandeln Grossunternehmen direkt mit Regierungen, während für die Kleinen Standardverfahren gelten. Es sind auch sonst primär die grossen Unternehmen, die am Kapitalmarkt durch das Begeben von Anleihen neues Geld aufnehmen können, und in Tiefzinsphasen – wie sie seit der Finanzkrise herrschen – kommen sie günstiger zu neuem Geld als kleinere Firmen, die sich über teurere und stärker regulierte Bankkredite darum bemühen müssen.
Und wie gelangt das Billigstgeld der Zentralbank sonst in die Wirtschaft? Im Prinzip über die Geschäftsbanken, die diese Mittel zur Kreditvergabe oder zum Investieren in Anlagen verwenden – wenn sie es nicht bei der Zentralbank parkieren. Die Kreditvergabe hat ihre Grenzen, lukrativer erscheint deshalb oft das Investieren in Aktien oder Immobilien, da diese Anlagen durch anhaltende Zuflüsse erst recht an Wert gewinnen. Diese Preisspirale nach oben entspricht einer Art InflationUnter Inflation (auch Teuerung) versteht man in der [[Volksw..., die aber nicht die normalen Güter des täglichen Gebrauchs trifft, sondern Investitionen der oberen Vermögensklassen. Gewiss, auch Kleine können in Aktien und unter Umständen in Immobilien investieren, aber bei der Komplexität, Schwankungsanfälligkeit und Schnelligkeit der Märkte haben die Profis aus dem Finanzsektor Vorteile. Sie sorgen jetzt für eine gehobene Stimmung an den Börsen.“ (Beat Gygi in Weltwoche 21/2020, 20. Mai 2020)
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