1. Sonstiges

Demokratie lohnt sich!

Diese Woche hat der Na­tio­nal­rat zwar die Steu­er­ab­kom­men mit Deutsch­land, Gross­bri­tan­nien und Österreich an­ge­nom­men, aber mit der Ab­leh­nung des Ge­set­zes über die Quel­len­be­steue­run​g eine nächste Be­ra­tungs­runde eingeläutet. Mit der Ab­stim­mung habe ich in Bern das vorläufige Ende einer Ent­wick­lung er­lebt, die sehr viel früher ein­ge­setzt hat. Die Ein­ar­bei­tung in solch grosse Dos­siers ist aufwändig. Den­noch hält sich die Be­geis­te­rung für diese Ab­kom­men überall in Grenzen.

 

Sind sie also falsch?

 

Nein, denn bei den Steuerabkommen gilt das Gleiche wie überall: Eine Lösung ist immer nur die beste Option innerhalb eines bestimmten Umfeldes. Die Kräfte, die das „Demokratie-Schiff“ durch die Tage steuern, ziehen in ganz unterschiedliche Richtungen. Eine tragfähige Gültigkeit erhält nur, was von einer Mehrheit akzeptiert wird. Das ist die Freud und das Leid gelebter Demokratie. Gerade im Parlamentsalltag wird das ausgesprochen deutlich spürbar. Kein Tag, an dem mir nicht jemand erklärt, was – in seinen Augen – für die aktuellen und langfristigen Aufgaben genau die richtige Lösung ist. Kaum eine Vorlage, der alle Parteien zustimmen können. Der Blick auf zwei Abstimmungen von dieser Woche zeigt dies typisch:

 

Bei der Änderung des Tierschutzgesetzes kann sich die FDP nicht durchsetzen. Unser Nein geht knapp unter, das Parlament sagt mit 55% Ja. Anders bei der Verschärfung der flankierenden Massnahmen zur Personenfreizügigkeit​. Der NR sagt, wie die FDP, JA.

 

Das ist Politik und vor allem Demokratie. Die Suche nach Verbesserungen, die Umsetzung mit dem geeigneten Instrument, das Schmieden von Konkordanzen und die Beharrlichkeit, an einem Thema über einen langen Zeitraum zu arbeiten. Die Aufgabe ist, die vielen verschiedenen Fäden so zu verknüpfen, dass das Anliegen eine Mehrheit findet.

 

Manchmal kann es jedoch nerven, dass alles so lange dauert. Könnte man einfach entscheiden, wäre vieles einfacher, schneller und effizienter – aber es wäre eben nicht demokratisch. Ein Bericht in der NZZ vom Dienstag hat wieder einmal darauf aufmerksam gemacht, welche Kraft Demokratie entwickeln kann:

Im Städtchen Cheràn in Mexico haben organisierte Verbrecherbanden alle terrorisiert, den Wald rücksichtslos abgeholzt und Korruption, Drogen und Verbrechen ins Städtchen gebracht. So lange, bis es den Frauen gereicht hat. Sie haben sich als Erste gegen die Verbrecher zur Wehr gesetzt. Vor allem aber hat das Städtchen die Demokratie eingeführt und so dafür gesorgt, dass die korrupten Machenschaften ins Leere liefen und die Verbrecherbanden das Weite suchten. Cheràn hat mit Demokratie das Verbrechen besiegt.

 

Auch die alten Eidgenossen haben mit einem basisdemokratischen Gedankengut die Vögte und Steuereintreiber aus der Innerschweiz vertrieben. Nach über 700 Jahren Erfahrung mit der Demokratie können wir heute, mit einem Seitenblick auf die Wirren in Europa, sagen: Es hat sich gelohnt!

Personen haben auf diesen Beitrag kommentiert.
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Comments to: Demokratie lohnt sich!
  • Juni 13, 2012

    Unsere Regierung setzt sich täglich über Gesetz und Recht, sie verbiegt die Gesetze gerade wie es ihnen passt! Ein gutes Vorbild für unsere Bürger.

    Würden wir so gegen unsere Gesetze handeln, müssten wir vor den Richter und ins Gefängnis!

    BR sind wie Monarchen, sie dürfen alles, ich sehe keinen Unterschied zu Bananenrepubliken. So ala Ermächtigungsgesetzt nur eben sogar ohne ein solches Ermächtigungsgesetz!

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  • Juni 13, 2012

    Sehr geehrte Frau Petra Gössi,

    Ihr Satz; “Die Aufgabe ist, die vielen verschiedenen Fäden so zu verknüpfen, dass das Anliegen eine Mehrheit findet.” Erstaunt mich nicht wirklich.

    Dieses Fäden knüpfen hat für mich so einen fahlen Nebengeschmack. Es könnte auch heissen, was muss ich tun, damit ich Menschen über den Tisch ziehen kann, und diese die Reibungswärme noch als Nächstenliebe empfinden.

    Es gibt genug echte Probleme, die nicht dahergeredet werden müssen, die es zu lösen gilt, auch als ehrliche Politik bekannt.
    Wenn aber sog Problemlösungen nur dazu dienen, x-welche Gesellschaftsgruppen einseitig zu bereichern, Macht umzulagern zu Ungunsten der Demokratie, wird man weiter Fäden knüpfen.
    Aus diesen Fäden entsteht ein Netz, in welchen Sie und so Fädenknüpfende PolitikerInnen sich schlussendlich selber verheddern und darin verwickeln, bewegungsunfähig machen.

    Ist der FDP bereits geschehen, mit so einer Fadenscheinigen bürgerlichen Politik kommt man nicht mehr weiter, als sog bürgerliche Partei.

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  • April 28, 2013

    Vielleicht sollte Frau Grössi mal einen Vorstoss machen damit die Dossiers welche zur Debatte stehen im Vorfeld sauber gegliedert mit Inhaltsverzeichnissen​ nach Themen und Verbindungen aufgearbeitet werden. Ich vermute mal, viele unserer Parlamentariern nehmen sich nicht mal die Zeit einen Blick darauf zu werfen.
    Dies würde sicher viel bringen damit sich Parlamentarier in Kürze einen Überblick schaffen können statt die Arbeit liegen lassen und wie ein Esel am Berg stehen und den allwissenden spielen.

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  • Oktober 10, 2016

    “Auch die alten Eidgenossen haben mit einem basisdemokratischen Gedankengut die Vögte und Steuereintreiber aus der Innerschweiz vertrieben.”

    Nicht​​s gegen Ihren Blog, Frau NR Gössi, aber vor 700 Jahren ist NICHTS Derartiges passiert. Worum es da in Wirklichkeit ging, hat sich doch mittlerweile herumgesprochen …

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  • November 22, 2016

    Zitat Gössi:
    “… abgeholzt und Korruption, Drogen und Verbrechen ins Städtchen gebracht. So lange, bis es den Frauen gereicht hat. Sie haben sich als Erste gegen die Verbrecher zur Wehr gesetzt. Vor allem aber hat das Städtchen die Demokratie eingeführt und so dafür gesorgt, dass die korrupten Machenschaften ins Leere liefen und die Verbrecherbanden das Weite suchte …”

    Ich bin mir ganz sicher, dass im Hintergrund John Wayne die Fäden zog und so die mannhaften Frauen tatkräftig unterstützte. Echt, glauben Sie wirklich, dass sich Verbrecherbanden in Mexico in die Flucht schlagen lassen indem sie mit -von Frauen natürlich- ins Leben gerufener Demokratie konfrontiert werden? Na ja, es gibt ja noch 199 andere von Ihrer Sorte. Ich hoffe mal, die sind nicht so leichtgläubig.

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