Am 11. März 2012 stimmen wir über eine durch den Kantonsrat erarbeitete Verschärfung der Einbürgerungspraxis und einen Gegenvorschlag der SVP ab. Schon während der Debatte des Kantonsrates konnte ich den Argumenten einer Verschärfung nicht folgen. Denn: Der Kanton Zürich verfügt über eine Einbürgerungspraxis, die sich grundsätzlich bewährt hat: Wer sich bei uns integriert hat, nicht kriminell ist, eine Landessprache spricht und versteht, seit 12 Jahre in der Schweiz wohnt und für sich selber wirtschaftlich sorgen kann, darf eingebürgert werden. Den begehrten roten Pass erhält man also grundsätzlich nicht geschenkt.
Nun sticht für mich vor allem ein Punkt im Gesetzesvorschlag zur Verschärfung heraus, den ich nicht mittragen kann: Neu dürfen nur noch Ausländer mit Niederlassung C eingebürgert werden. Ohne diesen Status keine Einbürgerung. Dabei sagt der Ausländerstatus nur beschränkt etwas über die Integrationsfähigkeit sowie den Integrationswillen einer Person aus. Aber: Diese Regelung träfe vor allem Kinder und Jugendliche aus Familien mit Aufentaltsbewilligung B oder gar echte Flüchtlingsfamilien, die bereits die Zürcher Schulen durchlaufen haben und sich bestens in unserer Gesellschaft integrieren. Das ist meines Erachtens ein schlechtes Signal und Zeichen unseres Staates: Ein Teil der nächsten Generation wird a priori aus dem Einbürgerungsprozess ausgeschlossen, ohne dass sie in der Lage wäre, dies zu ändern. Nebenbei angemerkt: Nicht wenige unserer angehenden und aktuellen Nationalhelden im Sport – z.B. im Fussball – könnten nicht für die Schweiz spielen, wenn der Ausländerstatus bereits bis anhin eine zentrale Bedingung für die Einbürgerung gewesen wäre.
Der Prozess einer Einbürgerung erstreckt sich in der Regel über eine längere Zeit. Wer aber alle Bedingungen erfüllt, der soll auch mit einer Einbürgerung rechnen dürfen. Genau das will der Gegenvorschlag der SVP nun verhindern: auch wenn alle Bedingungen erfüllt sind, soll der Schlussentscheid bei der Gemeinde liegen. Somit wird die Einbürgerung zu einem politischen Akt, der in rechtlicher Willkür mündet und mit unserem Rechtsstaat nicht vereinbar ist.
Wie bereits zu Beginn erwähnt: Die aktuelle Praxis hat sich für mich bewährt, ich möchte daran nichts ändern. Gewisse Kreise stilisieren in der bevorstehenden Abstimmung die Einbürgerung als Zutritt zu einer besseren Gesellschaft herauf und emotionalisieren einen formalen rechsstaatlichen Akt unnötig.
Ich erlebe aus meinen Erfahrungen als Gemeinderätin, dass Einbürgerungswillige tief ins unseren schweizerischen Eigenheiten eintauchen und bemüht sind, kulturell und politisch so viel Wissen wie möglich über ihre künftige Heimat zu erwerben. Gerne würde ich ein Einbürgerungsgespräch samt Staatskunde- und Deutschtest auch gerne mal mit den sogenannt “echten” Schweizern durchführen und frage mich, ob dabei die Resultate in jedem Fall genügend wären……
Hier zwei Einbürgerungstests für all jene, die wissen wollen, ob sie als Schweizer bestehen:
Einbürgerungstest Radio DRS
Einbürgerungstest 20 Minuten
Personen haben auf diesen Beitrag kommentiert.
Kommentare anzeigen Hide comments“Wer sich bei uns integriert hat, nicht kriminell ist,…”
Wer lügt nun Sie oder die NZZ?
“In ihrem von der EDU unterstützten Gegenvorschlag (siehe Kasten) verneint sie nicht nur einen «Rechtsanspruch auf Einbürgerung», sondern verlangt auch, dass Ausländer wegen eines Verbrechens zeitlebens nicht eingebürgert werden dürfen.”
Quelle:
http://www.nzz.ch/nachrichten/zuerich/stadt_und_region/einbuergerungspraxis_verschaerfen_1.14171586.html
Zitat: “Gerne würde ich ein Einbürgerungsgespräch samt Staatskunde- und Deutschtest auch gerne mal mit den sogenannt “echten” Schweizern durchführen und frage mich, ob dabei die Resultate in jedem Fall genügend wären……”
Ja, tun Sie das. Die Durchfallquote dürfte bei JUSO-WählerInnen besonders hoch sein. Aber die “Durchfaller” kann man dann leider nicht ausbürgern, das Völkerrecht erlaubt das nicht…
“Somit wird die Einbürgerung zu einem politischen Akt, der in rechtlicher Willkür mündet und mit unserem Rechtsstaat nicht vereinbar ist”
Dieser Satz ist nach meiner Ansicht sehr problematisch. Wenn das Volk, also der Souverän, über die Einbürgerung bestimmt, so dürfte eigentlich nicht mehr von rechtlicher Willkür gesprochen werden, denn der Souverän hat immer recht, unbekümmert darum, ob sein Entscheid gerecht ist oder nicht. Sehr zweifelhaft ist auch der Bundesgerichtsentscheid, der die Einbürgerung als reinen Verwaltungsakt deklarierte und die Ausschaltung des Souveräns anstrebte, indem für den Entscheid eine Begründung beizubringen sei. Der Souverän kann indessen Entscheidungen treffen, ohne dies zu begründen. Der Bürger sollte das Mitbestimmungsrecht haben bei der Frage von Neuaufnahmen; das ist ja z.B. in jeder Wohngemeinschaft auch der Fall. Hier hat sich in der Schweiz bereits der Richterstaat eingeschlichen; wie käme es wohl heraus, wenn wir auch noch ein Verfassungsgericht bestellten?
Es ist niemand gezwungen in die Schweiz zu kommen, es gibt viele Länder wo Asyl beantragt werden kann und man als Immigrant willkommen oder geduldet ist.
Die Schweiz bot schon immer einen viel zu einfachen Zugang zum Asylwesen und über dieses den Missbrauch der sozialen Wohlfahrt.
Wenn es in der Schweiz so schlimm ist das man nicht eingebürgert wird, dann darf immerhin weiter gereist werden.
Nur eine Bemerkung zur Einbürgerung von Sportlern: Diese Praxis ist meines Erachtens gesetzeswiedrig. Sie widerspricht dem Gleichheitsartikel und sollte abgeschafft werden. Jeder Ausländer soll nach gleichen Kriterien beurteilt und eingebürgert werden. Alles andere ist Willkür.
Ein unter den aktuellen Bedingungen eingebürgerter Sportler ist kein richtiger Schweizer und sollte auch nicht international eingesetzt werden dürfen. Schlussendlich sollen diese Leute ja die Schweiz vertreten.