Buchtipp: Jean Giono, Der Mann mit den Bäumen
Der Hirte Elzéard Bouffier setzt Eicheln in die provenzalische Erde – Hunderte, ja Tausende, aus denen Eichen wachsen. Später kommen Birken, Buchen dazu. Zuerst bescheidene Setzlinge, dann biegsame Jungpflanzen, die noch vor Nagetieren und Schafen geschützt werden müssen. Sie wachsen über die Jahre zu stämmigen Bäumen, denen nur noch heftige Stürme etwas anhaben können. Aus einzelnen Bäumen werden Wälder. Diese Wälder bringen die Feuchtigkeit zurück an einen Ort, der zuvor Einöde und Wüste war. Bald fliesst wieder Wasser durch Bachbetten, die seit Menschengedenken nur trocken waren. Weiden, Wiesen und Gärten erblühen,; verlassene Dörfer werden wieder belebt. Elzéard Bouffier hat eine grossartige Kettenreaktion in Gang gesetzt.
Er hat dies getan ohne sich um die die Menschheit bewegenden Fragen nach Eigentum, Besitz oder GewinnAls Gewinn bezeichnet man die Differenz zwischen Einnahmen (... zu kümmern. Zeit, Ansehen oder Anerkennung haben für ihn keine Rolle gespielt. Elzéard Bouffier weiss nicht einmal, wem das Land gehört, auf dem er seine Bäume pflanzt, und es kümmert ihn auch nicht. Ebenso wenig kümmert es ihn – ganz am Anfang seiner Pflanzerei – wie diese Eichen in 30 Jahren aussehen werden. Nie lässt er sich ablenken. Auf die Frage, wie die Eichen wohl in 30 Jahren aussehen, antwortet er schlicht, wenn Gott ihm das Leben gebe, dann werde er so viele Bäume gepflanzt haben, dass diese ersten 10’000 Eichen wie ein Tropfen im Meer sein werden…
Die Veränderungen, die Elzéard Bouffier angestossen hatte, gingen so langsam vor sich, dass man sich an sie gewöhnte, ohne erstaunt zu sein – schreibt Jean Giono. Als später Besucher der Gegend den Wald bestaunen, zu dem die ersten Eichen schon zusammengewachsen sind, sprechen sie von einem „natürlichen Wald“ – so harmonisch ist die Saat dieses Hirten aufgegangen, so selbstverständlich hat Elzéard Bouffier die Landschaft reformiert. Diese Harmonie, die aus der unerschütterlichen Beharrlichkeit, Genügsamkeit und Heiterkeit des Herzens dieses Hirten entfliesst, ist sein Erfolgsrezept.
Die Geschichte und Entwicklungen verlaufen nicht immer harmonisch und linear. In der Regel sind viel zu viele Kräfte gleichzeitig am Werk, als dass sich Veränderungen in Ruhe anbahnen und festsetzen können. Manchmal schlummert die Saat auch lange im Boden, bevor sie – einer Explosion gleich – plötzlich doch noch aus dem Boden schiesst.
Sind es nicht auch die gleichen Tugenden, die wir uns von denjenigen Leuten wünschen, welche in unserer Gesellschaft, in Staat und in der Wirtschaft Verantwortung tragen? Und wie oft lassen wir uns – gefangen in eigener Hektik, Ungeduld und Gier – blenden durch Oberflächlichkeit, Intoleranz und Schnelllebigkeit? Durch Vereinfachungen und der Sehnsucht nach schnellen Lösungen von Problemen, die wir wohl dringend lösen müssen, die aber nicht heute und nicht morgen nachhaltig gelöst werden können?.
Geduld und Vertrauen und Selbstlosigkeit – das sind wichtige Eckpfeiler unserer Gesellschaft. In der Vergangenheit wie hoffentlich auch in der Zukunft. Und davon lehrt uns Jean Giono mit seiner Geschichte vom Mann mit den Bäumen. Elzéard Bouffier zeigt uns, was der Lohn für dieses Handeln ist – und dies mag gerade in unserer materialistischen Welt Ansporn sein, dem Beispiel von Elzéard Bouffier zu folgen: Wohl ist es kein Entgelt im herkömmlichen Sinn, nein – es ist der Weg zum Glück. Denn einer der Besucher, der zusammen mit dem Hirten die Gegend durchwandert, bemerkt am Ende des langen Marsches über Elzéard Bouffier: „Er weiss mehr als Alle. Er hat den berühmten Weg zum Glück gefunden.“
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Kommentare anzeigen Hide commentsGenerationenübergreifendes Denken und Handeln scheint in unserer Zeit wirklich verloren gegangen zu sein. Schulden scheint das einzige, was die heutige Generation der nächsten übergibt.
Der heute so aktuelle Gleichheitsgedanke verdrängt Selbstlosigkeit, Leistungswille und Zuversicht.
Eine schöne, poesievolle Geschichte, welche an Ferien im Piemont erinnert. Aber vielleicht haben wir heute zuviele Bäume, welche die Sicht versperren und zuviele reissende Bäche, welche gute Gedanken fortspülen. Wer nimmt sich heute noch die Zeit, einen Baum wachsen zu sehen? Vielleicht gibt es auch zuviele Parteien, welche alle, aus ihrer Sicht, hehre Ziele verfolgen. Was aber fehlt, sind die Gemeinsamkeiten unter Verzicht auf Partikularinteressen. Dies wäre der Weg zum Glück für eine bessere Zukunft.
Eine putzige Buchbeschreibung mit eigenen philosophischen Betrachtungen.
Frau Schneider-Schneiter kandidiert für den Ständerat, und ich glaube,
sie ist dafür bestens geeignet.
Herr Gassmann vieleicht haben sie recht und Frau Schneider-Schneiter ist eine geeignete Kandidatin für den Ständerat. Vielleicht aber auch nicht. So eine Denkensweise wie im Buch beschrieben ist schön und es ist sicher erstrebenswert. Die Frage ist nun: lebt Frau Schneider-Schneiter schon in dieser Fantasiewelt und politisiert danach oder sieht sie auch die reale Welt in der wir leben? Dies ist der Punkt den ich bei vielen Politikern immer mehr als Problem sehe. Sie leben in ihrer eigenen Welt. Sie entfernen sich immer mehr vom “Normal”- Bürger und leben in ihrer eigenen Welt.
Ich nehme an Hern Gassmanns Bewertung ist eher zynisch gemeint.
Ich denke unsere Parlamentarier haben die längste Zeit in einer Fantasiewelt gelebt, die jetzt mit so grossem Getöse zusammenbricht, das noch der hinterletzte politische Traumtänzer realisieren muss das Schluss ist mit Wolkenkuckuksheim.
Es wäre jedenfalls absolut notwendig.
Trotzdem finde ich diese Buchbesprechung schön – nur frage ich mich ehrlich gesagt, was sie hier soll?
.. und ich frage mich, ob es damals, aus der Zeit, aus der Herr G.’s Portrait stammt, schon eine Schrift gab?
Natürlich finde ich die Buchbesprechung auch schön und sehr kultiviert. Nur bin ich der Meinung, solche Betrachtungen gehören ja nicht eben in einen Politblog. Deshalb meine fernere Meinung, die Autorin passe doch gut in den Ständerat mit seiner betulichen und beschaulichen Atmosphäre. Frau Schneider-Schneiter setzt damit ihre Serie fort mit Referaten, womit sie sich keine Gegner schafft: Eine durchaus kluge Taktik.
Gut, Frau Elisabeth Schneider-Schneiter hat ein Buch gelesen. Schön.
Und jetzt lasst uns rausgehen und gemeinsam Bäume pflanzen, egal wem das Land gehört, und was aus dem Wald einmal wird.
Auch eine Art von Demokratieverständnis und Umgang mit fremdem Eigentum.
Das sind die geeigneten Kandidatinnen für den Ständerat?
Geehrte Frau Schneider-Schneiter, ich habe heute etwas gelesen, dass ich Ihnen nicht vorenthalten möchte. Leider ist es nicht so schön und besinnlich wie Ihre Buchbesprechung. Aber dafür kann ich nichts. Ich finde nur, sie als Parlamentarierin sollten davon Kenntnis haben:
http://www.wiwo.de/finanzen/zerfall-der-gesamten-finanzarchitektur-473546/​
Möglicherweise ist es schöner und etwas erbaulicher, von einem Hirten zu lesen der sich als Lebensaufgabe Wälder Pflanzen zu Eigen gemacht hat.
Es ist ja nichts dagegen einzuwenden, heute zu sähen, nachhaltig, was späteren Generationen zu Gute kommt. Sollte eigentlich selbstverständlich sein.
Nur, gemäss Mitte bis Links soll ich ja in Zukunft meinen kleinen Wald nicht mehr meinen Nachkommen übergeben dürfen, also vererben ist verpönt, besitzen ebenso, das ist schlecht, und den Wald soll ich ja auch überall pflanzen, auch im Naturschutz, oder mitten auf Feldern von Bauern, einfach stur meinen Weg gehen.
Eigentlich passt das Buch sogar zur EU, und zu dem Artikel den Frau Franziska Keller reingestellt hat. Die sind auch stur den Weg des Hirten gegangen, haben egal wie und wo, Samen in die Böden gesteckt. Nur eben, scheinbar ist die Fiktion und die Wirklichkeit nicht dasselbe.