1. Sonstiges

Der Schutz vor AKW ist nicht verhandelbar

Am 9. Juli stellte das Eidgenössische Nu­klear­si­cher­heit​s­-­In­spek­to­rat (EN­SI) auf­grund von Un­ter­la­gen der AK­W-­Be­trei­ber fest, dass die Atom­kraft­werke in der Schweiz auch einem schwe­ren Erd­be­ben stand­hal­ten. Kor­rekt wäre es al­ler­dings, von einer Zwi­schen­bi­lanz zu spre­chen – denn selbst der stell­ver­tre­tende EN­SI-­Di­rek­tor sagt: „Die ak­tu­el­len Erd­be­ben­nach­weise​ haben nur eine vorübergehende Gültigkeit.“ Die Kraft­werke dürfen trotz­dem wei­ter lau­fen. Das ENSI hat er­neut zu Guns­ten der AK­W-­Be­trei­ber und gegen die Si­cher­heit der Bevölkerung ent­schie­den. In der Schweiz ste­hen die ältesten AKW der Welt. Nach heu­ti­gen Si­cher­heits­stan­da​rds dürften sie gar nicht mehr ge­baut wer­den. Das ENSI hat bei an­de­rer Ge­le­gen­heit eingeräumt, dass die Schwei­zer AKW 10- bis 20mal gefährlicher seien als AKW, wel­che auf dem neus­ten Stand der Tech­nik sind. Je älter ein AKW ist, desto grösser ist das Ri­siko einer Atom­ka­ta­stro­phe. Und: Das Ri­siko wird noch grösser, wenn die Auf­sicht nicht funk­tio­niert. Noch vor etwas mehr als einem Jahr waren der ETH-Pro­fes­sor Hor­st-­Mi­chael Pras­ser, des­sen ETH-­Lehr­stuhl von der Atom­lobby fi­nan­ziert wird, sowie Peter Huf­schmied, Verwaltungsratspräsid​ent der Tro­pen­haus AG, an der wie­derum die Mühleberg-Betreiberin​ BKW eine nam­hafte Be­tei­li­gung hat, Mit­glie­der des EN­SI-Ra­tes.

Mit ihren Rücktritten – unter anderem auf Druck der Grünen – gestanden sie ihre offensichtlichen Interessenkonflikte ein. Dies ist aber nicht das einzige Beispiel für einen ungeklärter Filz-Vorwurf der Atomaufsicht, wie zwei Ereignisse aus den vergangenen Wochen zeigen. Ende Juni ist der Spezialist für nukleare Abfälle, Marcos Buser, unter Protest aus der Kommission für nukleare Sicherheit (KNS) zurück getreten. Diese Kommission berät den Bundesrat in Fragen der nuklearen Sicherheit. Grund: Das Bundesamt für Energie und das ENSI schliessen bei der Suche nach einem Atommülllager Einwände unabhängiger Experten aus. Vergangenes Wochenende war in den Zeitungen zu lesen, dass Walter Wildi, Geologieprofessor und ehemaliger Präsident der Kommission für die Sicherheit der Kernanlagen (KSA), ins Departement von Doris Leuthard zitiert wurde, wo er für seine kritischen Äusserungen bei der Suche nach Atommülllagern gerügt wurde. Zum Filz kommen die organisatorischen Mängel der Atomaufsicht.

Das ENSI kann nur im Notfall ein AKW abstellen, und auch dann nur vorläufig. Zuständig für das definitive Abschalten sind das UVEK und der Bundesrat, welche aber gar nicht über die nötigen eigenen Fachleute verfügen. Zwar gibt es die KNS. Diese hat aber nicht die Ressourcen, eine unabhängige Zweitmeinung abzugeben. Eine solche ist seitens des UVEK und des Bundesrats aber auch gar nicht erwünscht. So diktiert das ENSI die Atomaufsicht und entscheidet im Falle eines Zweifels zu Gunsten der Betreiber – statt die AKW abzustellen, bis die Sicherheitsmängel behoben sind. Das zentrale Problem ist, dass die heutige Gesetzgebung auf einen Atomausstieg nicht vorbereitet ist. Wie das ENSI selber einräumt, könnte es mit dem heutigen Gesetz sogar eine 100 jährige Betriebsdauer nicht verhindern.

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Comments to: Der Schutz vor AKW ist nicht verhandelbar
  • August 22, 2012

    Die Volksmeinung hat sich weiter entwickelt, die Grünen merken dies nicht. Der Atomausstieg sollte nur soweit erfolgen, wie die erneuerbaren Energien auch wirklich imstande sind, die Stromproduktion abzudecken.

    Um die zukünftige Stromversorgung zu beurteilen, dienen uns weder die unrealistische Sicht der Grünen und andern AKW-Gegner noch die de facto mit Vorgaben des Bundesrates und des Uveks erstellten Expertisen. Viel aussagekräftiger ist ein Blick nach Österreich. Das Land hat eine ähnliche Ausgangssituation wie die Schweiz. Die Anstrengungen in Richtung erneuerbare Energien sind dort sehr gross. AKW findet man im ganzen Land nicht. Doch offensichtlich gelingt die Umstellung auf erneuerbare Energien nicht wie gewünscht. Österreich ist zunehmend von fossilen Kraftwerken abhängig. Grafik: http://www.ch-strategie.ch/O​esterreich.pdf

    Die Abschätzung unserer Stromkonzerne rechnet bei einem Atomausstieg mit ca. 7 grossen Gaskombikraftwerken. Meine Schätzung geht in dieselbe Richtung.

    Ich habe Vertrauen in die Beurteilungen des Ensi. Seine Arbeit wird seit einiger Zeit von ausländischen Experten kontrolliert. Es sind dies Fachleute, welche in ihren eigenen Ländern professionelle Prüfer sind und auch in Missionen im Ausland weitere Anlagen überprüft haben. Sie verfügen damit über ein grosses Wissen, welches ihnen erlaubt, sowohl die Details wie auch deren Zusammenhänge zu erkennen.

    Doch in einem Punkt bin ich mit Bastien Girod einig: Neue Kernreaktoren sind von ihrem Aufbau her gegenüber unseren heutigen AKW 10- bis 20mal sicherer. Die vielen zusätzlichen Sicherheitsvorkehrung​en sind ein offensichtlicher Fortschritt. Zudem wurden die Reaktoren so konstruiert, dass selbst bei einer Kernschmelze wie in Fukushima keine radioaktive Verstrahlung der Reaktorumgebung stattfinden kann. Unsere heutigen AKW können wir noch so gut überwachen, den Sicherheitsstandard der neuen Generation III+ erreichen sie nie.

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  • August 22, 2012

    Alles ist verhandelbar ! Bevor wir hier in der Schweiz richtig angefangen haben die AKWs abzuschalten, laufen die in Deutschland schon wieder auf vollen Touren, wetten ?

    Danach kommt dann die Message aus Brüssel: “Wollt ihr Strom ? Unterschreibt hier !” Was wir dann unterschreiben wissen wir alle !

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  • August 22, 2012

    Neue AKW’s sind bis 20 mal sicherer aos alte. Also alles klar!

    Es müssen neue her!

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    • Juli 19, 2021

      Das Leben ist nun mal mit einem Risiko verbunden. Laufen Sie nur einmal über die Strasse. Wenigstens können die NGO uns nicht beschimpfen, wir hätten das “Risiko” in die 3. Welt verlegt.

      Machen wir uns nichts vor, unser Stromverbrauch in den nächsten 20 Jahren wird sich vermehrfachen. Ein paar Windräder und Solarzellen reichen nach heutigem Standard ganz sicher nicht dafür aus.

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    • Juli 19, 2021

      Herr Witschi, dies ist eine Aussage vom B.Girod:

      Ganz oben:

      “dass die Schwei­zer AKW 10- bis 20mal gefährlicher seien als AKW, wel­che auf dem neus­ten Stand der Tech­nik sind.”

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  • August 23, 2012

    Herr Girod, wenn man sich so konsequent gegen die Atomkraft stellt, dann muss man auch bereit sein, die Konsequenzen zu tragen. Es müssen die entsprechenden Massnahmen getroffen werden. Leider ist aber dabei bei den Grünen nichts zu erkennen.
    Es kann nicht sein, dass wir die Stromproduktion einfach ins Ausland verlagern.Die Schweiz muss diesbezüglich auf jeden Fall unabhängig von Europa bleiben.
    Somit müssen wir die alternativen Energien ausbauen. Es gilt, Bauvorschriften abzubauen. Jeder soll z.B. das Dach seines Hauses ohne Baubewilligung anstatt mit Ziegel mit Solarpanel eindecken können. Wo sind da die Vorstösse der Grünen.

    Energie muss gespart werden. Die Technik würde viele Möglichkeiten bieten. Wesshalb müssen z.B. nicht alle neuen Fernseher usw. mit automatischer Standby-Abschaltung ausgerüstet werden.

    Ein grosser Faktor ist aber meines Erachtens das Bevölkerungswachstum in der Schweiz. Jede Person mehr in der Schweiz braucht erstens selber Energie. Was aber noch viel gravierender ist. Für all diese Leute muss die Infrastruktur ausgebaut werden. Es braucht mehr Häuser, mehr Einkaufszentren, mehr Strassen, mehr öffentlicher Verkehr usw. Diese müssen mit einem grossen Aufwand und somit auch mit einem grossen Energieaufwand gebaut und auch unterhalten werden.
    Meines Erachtens ist der Atomausstieg in der Schweiz nicht möglich, wenn die Bevölkerung weiter wächst.
    Mit diesem Hintergrund kann ich es einfach nicht verstehen, wesshalb die Grünen nicht bereit sind eine Initiative wie z.B. ECOPOP zu unterstützen. Diese Initiative wird neben den positiven Aspekten beim Energieverbrauch nähmlich auch positiv Einfluss auf unsere Umwelt und auf das soziale Leben in der Schweiz nehmen.

    Kann mir bitte einmal jemand erklären wesshalb die Grünen sich so sehr gegen eine Beschränkung des Bevölkerungswachstums​ in der Schweiz streuben?

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  • August 23, 2012

    Thema Bauvorschriften:

    W​ill ich Solarpanelen auf das Dach anbringen, dient diese Investition ja der Allgemeinheit, senken von CO2 usw.
    Kontrollen für die Sicherheit, dass die Dinger halten, dienen ebenso der Allgemeinheit. Warum sollen diese Kontrollen und Baueingaben nicht von der Allgemeinheit bezahlt werden?

    Will ich Erdwärme nutzen, dient dies ebenso wieder der Allgemeinheit, senken CO2.
    Dass ein AWEL bedenken um das Grundwasser hat ist nachvollziehbar. Also sollen diese Kontrollen Vorschriften und Testbohrungen von der Allgemeinheit bezahlt werden.
    Möglicherwei​se sinken dann diese Gigantischen Kosten von halb Privat Unternehmungen, Ingenieurbüros die sehr hohe CHF.150.- und mehr pro Stunde verlangen, auf ein erträgliches Mass. Wo politisch diese Firmen anzusiedeln sind ist auch abschätzbar.

    Die Allgemeinheit verlangt ja anscheinend diese Baueingaben, diese Einsprachemöglichkeit​en, also soll diese Allgemeinheit auch für die Kosten geradestehen. Will der Staat kontrollieren, darf er, aber muss die Kosten selber tragen dafür, nicht immer die Eigentümer.

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    • Juli 19, 2021

      Wenn ich nicht arbeite verhindere ich CO2, belaste nicht die Verkehrsmittel und belaste nicht die Umwelt. Dies dient der Allgemeinheit,also soll mir dîe Allgemeinheit auch das Leben finanzieren!

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    • Juli 19, 2021

      Herr Hans P. Grimm,
      JA, Herr Grimm, stimmt. Das machen Wir ja bereits, nur der Nutzen des Nicht Arbeitens, ausser CO2 usw sollte irgend wie noch etwas Brauchbares dabei herauskommen.

      Was finden sie an meiner etwas Abstrackten zugegeben Denkweise so Schräg?
      Laufend werden wir von Staatsstellen kontrolliert, weil das die Allgemeinheit so will. Weil ein Verdacht besteht, es könnte ja sein..Eigentümer darf dann blechen, naja, in Tat und Wahrheit blechen ja dann die Mieter, so ist es ja nicht…

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  • August 24, 2012

    Sehr geehrter Herr Girod,

    Diese Diskussion greift zu kurz. In einer zukunftsfähigen Energiepolitik geht es hauptsächlich um die wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit unseres Landes gekoppelt an einen nachhaltigen um Umwelt- und Klimaschutz und als Folge davon auch um die Lebensqualität unserer Bevölkerung. Es geht grundsätzlich also um die Frage, welche Schweiz wir wollen. Es geht also nicht darum, dagegen zu sein, weil man sich mit Dagegen auf der sicheren Seite wähnt, weil der Stammtisch entschieden hat, dass es besser sei, dagegen zu sein. Solange die Alternativen nicht zu überzeugen vermögen, kann auf Kernkraft kaum verzichtet werden. Mir gibt unsere Energiepolitik schwer zu denken, weil sie auf unsicheren Prognosen fusst, deren Ergebnisse aber meist mit dogmatischer Gewissheit verkauft werden.

    Mit freundlichen Grüssen,
    Willy Burgermeister

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  • August 24, 2012

    Von den Schreibern und Lesern ist die Meinung sicher gemacht. Doch was soll die ewige Diskussion zwecks Finanzierung? Das Bevölkerungswachstum ist für mich erst dann ein Thema, wenn die Energieeffizienz der Geräte ausgeschöpft ist und man nicht vom RAV gezwungen wird eine Arbeit anzunehmen die einen Arbeitsweg von 4 Std./Tag benötigt (Zumutbarkeit Pendeln/ÖV). Ist es denn nicht so, dass die Problematik von AKW seit Jahrzehnten bekannt ist? (Lucens, Tschernobil, Fukushima und andere). Wohin mit den ganzen Atommüll? Wird nicht da auch versucht diesen unter fragwürdigen Umständen legal/illegal zu entsorgen? Was ist denn mit dem Evakuierungsplan? Existiert seitens VBS nun endlich einer? Was würden jene AKW-Befürworter dann sagen wenn ein weiteres Unglück dann bei uns geschieht? Sorry, auch wenn man die finanziellen Aspekte nicht ausser Acht lassen sollte, so sollten diese nicht zwingend letztlich den Ausschlag geben. Für mich geht die Sicherheit vor und wenn ein Unternehmen den Strom dann nicht mehr bezahlen kann, so frage ich mich sowieso wie Nahe dieses am Konkurs steht.

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  • August 25, 2012

    Aha, wenn Klimawissenschaftler der Klimaerwärmungs Theorie den Klimawandel durch den Menschen behaupten, dann ist das so Punkt.

    Wenn aber das Eidgenössische Nu­klear­si­cher­heit​s­-­In­spek­to­rat erklärt, “dass die Atom­kraft­werke in der Schweiz auch einem schwe­ren Erd­be­ben stand­hal­ten”dan folgt das aber!

    Wenn jene Klimawissenschaftler,​ der Klimaerwärmungs Theorie durch den Menschen nicht unterstützen, werden jene einfach unterdrückt und übergangen!

    Dabei kann man beides wissenschaftlich nicht Belegen ob ja oder nein.

    Faktum ist, man kann Politik betreiben und die Berechtigung einer Partei rechtfertigen.

    Herr Girod, wir können nicht von heute auf Morgen abstellen. Sie betreiben einfach nur Plakative Selbstdarstellung für sich und ihre Partei und das kommt bei mir so ziemlich unglaubwürdig rüber!

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  • September 13, 2012
  • September 15, 2012

    Erst sollte der Girod dazu gezwungen werden seine Altbauwohnung mit der Dinausaurier-Heizungs​anlage zu verlassen und mit gutem Beispiel vorangehen in ein Minenergiehaus mit Solarheizung umziehen.

    Mit Wasser predigen und selber Wein saufen macht sich der Girod wenig glaubwürdig. Den interessiert es anscheinend nicht wirklich wie die Menschen im Winter heizen, er bekommt ja den Subventionierten Strom vom Limmatwerk.

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