Das Bun­des­ge­richt sprach 1984 ein Ur­teil, das schon da­mals ü­ber­fäl­lig war. Ehe­paare dür­fen steu­er­lich ge­genü­ber Kon­ku­bi­nats­paa­re​n nicht dis­kri­mi­niert wer­den. In der Folge haben die Kan­tone diese Schlechter­stel­lung weit­ge­hend auf­ge­ho­ben, indem sie die Paare mit­tels Split­ting ge­mein­sam be­steu­ern. Das ist li­be­ral und aus eman­zi­pa­to­ri­sche​r Sicht zeit­gemäss. Wenn man be­denkt, dass sich heute über drei Vier­tel aller El­tern Fa­mi­li­en­ar­beit und Er­werbs­ar­beit tei­len, darf es keine Rolle spie­len, wer in wel­cher Le­ben­s­phase und zu wel­chen Pen­sen zum ge­mein­sa­men Fa­mi­li­enein­kom­me​n beiträgt.

Beim Bund sieht es an­ders aus. Er kas­siert seit über dreis­sig Jah­ren Mil­li­ar­den an Gel­dern, wel­che den Fa­mi­lien zu­ste­hen und das Par­la­ment dreht in einer End­los­schlaufe in der Er­le­di­gung die­ser ver­fas­sungs­wid­ri­​gen Pen­denz. Die In­itia­tive der CVP zur Ab­schaf­fung der Hei­ratss­tra­fe, kann end­lich Ab­hilfe schaf­fen. Sie ver­langt, dass Ehe­paare als Le­bens­ge­mein­schaf​t von Mann und Frau ge­genü­ber an­de­ren Le­bens­for­men nicht be­nach­tei­ligt wer­den dür­fen, na­ment­lich bei den Steu­ern und den So­zi­al­ver­si­che­r​un­gen. In steu­er­li­cher Hin­sicht gel­ten die Paare als Wirt­schafts­ge­mein­​schaft. Stimmt das Volk zu, pro­fi­tie­ren davon auch ho­mo­se­xu­elle Paare in ein­ge­tra­ge­nen Part­ner­schaf­ten. Seit 2007 gilt das Part­ner­schafts­ge­s​etz, für wel­ches die CVP an vor­ders­ter Front zu­sam­men mit Alt Bun­des­rätin Ruth Metz­ler ein­ge­stan­den war.

Im Ge­gen­satz zum Bun­des­rat, stiess das Volks­be­geh­ren auf Wi­der­stand im Par­la­ment. Ei­ner­seits, weil es die Ab­schaf­fung der Hei­ratss­trafe auch auf die AHV aus­wei­tet und auch, weil im Ge­gen­satz zur büro­kra­tisch auf­wän­di­ge­ren In­di­vi­du­al­be­ste​ue­rung, die ge­mein­same vor­ge­se­hen ist. Emo­tio­nal wurde es je­doch beim Ehe­be­griff. Die Ehe hat of­fen­bar einen vor­sint­flut­li­chen​ Cha­rak­ter. Höhe­punkt bil­dete ein Vo­tum, wo­nach es heut­zu­tage wie ein schlech­ter Witz klin­ge, die Ehe in der Ver­fas­sung als Le­bens­ge­mein­schaf​t zwi­schen Mann und Frau fest­hal­ten zu wol­len. Da gemäss Bun­des­amt für Sta­tis­tik im hei­rats­fähi­gen Alter etwa 1,8 Mil­lio­nen le­dige Men­schen in der Schweiz leben und dop­pelt so viele ver­hei­ra­tete sind das harte Worte für die drei­ein­halb Mil­lio­nen Witzfiguren.

Und vor allem Worte an die falsche Adres­se, die In­iti­an­ten. Die Ehe­de­fi­ni­tion wird in der Ver­fas­sung nicht neu ein­ge­führt, sie ist be­reits darin ver­an­kert. An­sons­ten wi­der­spräche das Volks­be­geh­ren der Ein­heit der Ma­te­rie. Bei der Ab­stim­mung über die neue Bun­des­ver­fas­sung wurde die Ehe in Ü­ber­ein­stim­mung zu Ar­ti­kel 12 der Eu­ropäi­schen Men­schen­rechts­kon­​ven­tion von Bun­des­rat, Par­la­ment und Volk aus­drück­lich im tra­di­tio­nel­len Sinne in­ter­pre­tiert und fest­ge­legt. Nach­zu­le­sen ist dies in der Bot­schaft des Bun­des­ra­tes zur neuen Bun­des­ver­fas­sung vom 20. No­vem­ber 1996 auf den Sei­ten 154 und 155.

Den Ehe­be­griff hat die CVP nicht er­fun­den. Wer die tra­di­tio­nelle Ehe an­ti­quiert fin­det, muss sich folg­lich nicht über die In­itia­tive auf­re­gen, son­dern sich mit der Bun­des­ver­fas­sung aus­ein­an­der­set­ze​n und eine ei­gens for­mu­lierte Ver­fas­sungs­än­de­r​ung be­wir­ken. Das tut man mit einer par­la­men­ta­ri­sche​n In­itia­tive oder einer Volks­i­ni­tia­ti­ve.​ Am Schluss ent­schei­den Volk und Stände über eine Öff­nung der Ehe. Es führt kein Weg daran vor­bei. Erste Ver­su­che un­ter­nimmt die Rechts­kom­mis­sion des Na­tio­nal­ra­tes mit der For­de­rung „Ehe für al­le“. Dabei schliesst sie den Kin­der­wunsch für ho­mo­se­xu­elle Paare aber ex­pli­zit aus. Hand aufs Herz: das ist Eti­ket­ten­schwin­de​l. Denn das Ad­op­ti­ons­recht ist es ja ge­ra­de, was ho­mo­se­xu­elle Paare wollen.

Um die volle Gleich­be­rech­ti­gun​g zu er­lan­gen, wel­che Schwu­len-und Les­ben­or­ga­ni­sa­t​io­nen bei die­ser De­batte immer wie­der mo­nie­ren, bleibt ein­zig die Lan­cie­rung einer ei­ge­nen Volks­i­ni­tia­ti­ve,​ wel­che die Bun­des­ver­fas­sung unter Ar­ti­kel 14 „Recht auf Ehe und Fa­mi­lie“ mit einem wei­te­ren Ab­satz er­gänzt, die Ehe sei los­gelöst vom Ge­schlecht allen Paa­ren offen ver­bun­den mit allen Rech­ten. Wes­halb Schwu­len-und Les­ben­or­ga­ni­sa­t​io­nen das nicht längst tun, ist mir schlei­er­haft. Ein­zig so er­rei­chen sie ihr Ziel.

Ich kann den Geg­nern der In­itia­tive des­halb den Vor­wurf der man­geln­den Kon­se­quenz nicht er­spa­ren, denn die Show um zeit­gemässe Ge­sell­schafts­po­li​­tik ist bei der vor­lie­gen­den Ab­stim­mung eine Stell­ver­tre­ters­ho​w am falschen Ob­jekt. Weder bringt sie eine Öff­nung der Ehe, noch die Ab­schaf­fung der Dis­kri­mi­nie­rung bei Fis­kus und Rente für Ehe­paare und Paare in ein­ge­tra­ge­nen Part­ner­schaf­ten. Und ge­rade die Gleich­stel­lung letz­te­rer müsste doch auch ho­mo­se­xu­el­len Paa­ren wich­tig sein.

Personen haben auf diesen Beitrag kommentiert.
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Comments to: Die Ehe, ein schlechter Witz?
  • Februar 14, 2016

    Es ist schon so, dass christliche Kreise die traditionelle Ehe sehen wollen. Die Gefahr der Ausgrenzung von anderen Personen besteht dadurch, wie beispielsweise die, der homophilen Personen.

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