1. Aussenpolitik

Die Freisinnigen – die Bilateralen – die EU

EU – Die Bi­la­te­ra­len – In­sti­tu­tio­nel­les​​​​​​​​ Rah­men­ab­kom­men: Die FD­P.­Die Li­be­ra­len han­deln verantwortungslos

Die​​​​​​​​ FD­P.­Die Li­be­ra­len han­deln verantwortungslos

(mi​​​​​​t Quel­len­an­ga­ben und Links)

Genüss­lich zi­tiert eine der CDU und damit der Bun­des­kanz­le­rin na­he­ste­hende führende deut­sche Ta­ges­zei­tung den Aus­ruf von Phil­ipp Mül­ler dem Prä­si­den­ten der FD­P.­Die Li­be­ra­len: „Hun­dert­tau­sende Ar­beitsplätze in Ge­fahr“.

Mit Er­stau­nen no­tiert der Schwei­zer-­Kor­re­sp​​​​​​​​on­dent die­ser Zei­tung, dass es uns Schwei­zern ab­stos­send er­scheint, „sich in einem von Brüs­sel vor­ge­ge­be­nen Rah­men mit der EU ein­zu­pas­sen und ei­gene Rechte aufzugeben“.
Es ist lächer­lich und naiv zu glau­ben, Deutsch­land habe Ver­ständ­nis für un­sere be­währte und sehr be­rech­tigte be­son­dere Si­tua­ti­on. Das war noch nie die Hal­tung des „­gros­sen Kan­tons“.

Genau das, „ein von der EU vor­ge­ge­be­ner Rah­men“, wird die Kon­se­quenz sein, wenn die FD­P.­Die Li­be­ra­len am 18. Ok­to­ber im Na­tio­nal- und im Stän­de­rat Sitze ge­win­nen. Phil­ipp Mül­ler hat seine ei­ge­ne, sehr zu­tref­fende Aus­sage völ­lig ver­drängt: „Wir wären damit das un­sou­ver­änste Land in Eu­ro­pa. Wir müss­ten völ­lig nach der Pfeife der EU tan­zen und hät­ten nichts zu sa­gen. Da könn­ten wir ja gleich beitreten.“ (am 06.07.2014).

Fact ist:

Die EU will uns zum Bei­tritt zwin­gen – die Bi­la­te­ra­len pas­sen ihr ü­ber­haupt nicht. Sie will uns als Net­to­zah­ler. Sie sieht es nicht gern, dass wir den Bür­gern un­se­rer Nach­bar­staa­ten jeden Tag vor­le­ben, dass al­lein ge­fah­ren bes­ser ge­fah­ren ist.

Die EU ist der Bilateralen leid – sie will alles über einen Kamm scheren. Viele Länder, so auch Deutschland sehen uns als Rosinenpicker. Die EU-Lösung ist: Die Schweiz wird verschluckt.

Damit wird auch der Schweizer-Stachel gezogen, der die EU-Politiker-Kaste, vor allem aber die Deutsche-Politiker-Ka​​​ste sticht und immer wieder daran erinnert, das es auch anders, auch besser geht als sie es ihren Bürgerinnen und Bürgern anrichten. Die Schweiz aber verliert jegliche Ausstrahlung: La suisse n’existe plus.

­Im wohl letzten FDP-Communiqué vor den Wahlen formuliert die FDP die Frage „Können wir auf die Bilateralen verzichten?“ und listet endlich die „Nachteile“ auf, die uns drohen, wenn wir nicht vor der Wirtschaft und vor der EU kuschen.

Es sind total 4 (vier!) “Nachteile”.

Die erste Be­ein­träch­ti­gung und, so darf man an­neh­men, die wich­tigste ist der Aus­tritt aus dem Schen­ge­ner-­Ab­kom­​​​​​​​​men, das die EU, ge­nauer Deutsch­land aus­ge­he­belt ha­ben. Wir hät­ten wie­der Gren­zen zu un­se­ren Nach­barn. Damit haben wir bis zum 12.12.2008 gut leben kön­nen. Es ist schlei­er­haft, wie dies zu einem An­stieg der Asyl­ge­su­che führen sollte (Be­haup­tung der FDP): Bun­des­kanz­le­rin Mer­kel wird an der deut­schen Aus­sen­grenze Tran­sit­zo­nen wie an Flug­hä­fen ein­rich­ten!

Zweitens würde der Per­so­nen- und Güter­ver­kehr mit der EU auf Strasse und Schiene er­schwert.

Es pfei­fen die Spat­zen vom Dach, dass Deutsch­land mehr als zehn Jahre im Rück­stand ist mit dem ver­spro­che­nen Aus­bau der Nord­zu­fahrt (Ar­ti­kel der „F.A.Z.“ 2015).
Aber der EU würde der Tran­sit durch den Gott­hard er­schwert (Weg­fall des Land­ver­kehrs­ab­kom​​​​​​​​­mens).

Es ist, drittens, nicht zu­tref­fend, um nicht deut­li­cher zu wer­den, dass „­der bi­la­te­rale Weg der Schweiz er­lau­be, wei­ter­hin selbstän­dig und sou­ver­än zu ent­schei­den, in wel­chen Be­rei­chen sie am EU-­Bin­nen­markt teil­neh­men will.“

Da wird – tak­tisch ge­schickt- so ge­tan, als ob alles beim Alten bliebe.

Aber die EU, so auch Deutsch­land haben die schwei­ze­ri­sche „Ro­si­nen­pi­cke­rei​​​​​​​​“ satt. So äus­sern sich auch Steu­er­be­ra­ter und Finanzämter.
So wird über alle Ver­trä­ge, auch über den Zu­gang zum EU-­Bin­nen­markt ein Ab­kom­men ge­stülpt, bei dem wir uns „in den von Brüs­sel vor­ge­ge­be­nen Rah­men ein­zu­pas­sen haben“ und die Schweiz „eigene Rechte auf­ge­ben wird“.

Also kön­nen wir „­sou­ver­än“ und selbstän­dig“ ver­ges­sen, wenn es nach der Wirt­schaft und den Frei­sin­ni­gen geht.

Als vierter und letz­ter Punkt die­ser „­Nach­teil“-­Liste wäre „ein Al­lein­gang auch in der For­schung zweit­klas­sig“. Nun, die Eid­genös­si­sche Tech­ni­sche Hoch­schule in Zürich folgt im in­ter­na­tio­na­len Ran­king nach ame­ri­ka­ni­schen Eli­teu­ni­ver­sitäte​​​​​​​​n; un­sere Unis sind etwas zurück­ge­fal­len, aber sie lie­gen immer noch weit vor sehr vie­len eu­ropäi­schen Uni­ver­sitäten, auch deutschen.

Die No­bel­preise gehen nicht mehr nach Deutsch­land. Das war vor rund 100 Jah­ren so. Ver­tei­lung 2015: USA 4, Japan 2, China 1, Ka­nada 1 und GB 1.

Die geo­gra­phi­sche Ver­tei­lung der No­bel­preise der Na­tur­wis­sen­schaf­​​​​​​​​ten und Me­di­zin 2015 ist ein In­di­ka­tor, dem sich auch die schwei­ze­ri­sche Wirt­schaft nicht ver­schlies­sen kann: Un­sere Zu­kunft liegt mehr noch als bis­her in Nord­ame­rika und in Fernost.

Eu­ropa ist eine Sack­gasse – Deutsch­land schwächelt.

Hun­dert­​​tau­sende von Flücht­lin­gen be­las­ten das Land auf Jahre hin­aus: Steu­e­rer­höhun­gen wer­den dis­ku­tiert. Die Ex­porte bre­chen sehr stark ein; die Ma­schi­nen­bauer (ver­gleich­bar mit Swiss­mem) haben grosse Pro­ble­me. VW be­ein­träch­tigt „­Made in Ger­ma­ny“ – jetzt haben wir eine zu­sätz­li­che Chance mit un­se­rem Swisslabel.

Im 1. Halb­jahr 2015 hat der Han­del mit Deutsch­land einen schwe­ren Rück­schlag er­lit­ten. Es liegt aber nicht am “teu­ren” Fran­ken. Denn die Im­porte aus Deutsch­land in die Schweiz sind stär­ker zurück­ge­gan­gen als die Ex­porte von Schwei­zer Pro­duk­ten nach Deutsch­land. Die Ex­porte nach Deutsch­land sind ge­genü­ber dem Vor­jahr um 7,5% ein­ge­bro­chen, stär­ker als der ge­samte Aus­sen­han­del (–2,6%). Noch hef­ti­ger fie­len aber die Im­porte (mi­nus 10,4%), auch hier deut­lich stär­ker als die Ge­samtein­fuh­ren der Schweiz (–7,2%): Deutsch­land und die Schweiz benöti­gen nicht die Waren und Dienst­leis­tun­gen des an­de­ren. Wir müs­sen uns auf an­dere Län­der kon­zen­trie­ren! q.e.d.

Jede Be­ur­tei­lung der Lage, auch die Fra­ge­stel­lung „­Bi­la­te­rale ret­ten?“ ist ganz­heit­lich durch­zu­führen. Was sind un­sere Stärken?

Wir schla­gen alle an­de­ren Län­der, erst recht die EU als Gan­zes mit un­se­rem ers­ten Platz im Ran­king des Swiss Eco­no­mic Fo­rums.

Die Be­grün­dung – in Eng­lisch – ist eine kla­re. ü­ber­zeu­gende Auf­stel­lung all un­se­rer Standortvorteile – ge­eig­net, alle Zweif­ler und Mies­ma­cher zum Schwei­gen zu bringen.
Kommt dazu, dass die EU uns braucht, auch wenn sie das nicht zu­ge­ben will: Es geht der EU schlecht.

Und es kommt noch etwas dazu:
In einer Um­frage un­ter­stüt­zen Bun­des­bür­ger die bri­ti­schen Re­for­mi­de­en: Zu Ca­me­rons Kern­for­de­run­gen gehört die so­ge­nannte „Rote Kar­te“, wo­nach na­tio­nale Par­la­mente das Recht er­hal­ten sol­len, EU-­Ge­setze zu stop­pen, wenn diese von einer be­stimm­ten An­zahl na­tio­na­ler Volks­ver­tre­tun­gen​​​​​​​​ ab­ge­lehnt wer­den. Diese Sub­si­dia­ritäts­for​​​​​​​​­de­rung un­ter­stüt­zen auch 64 Pro­zent der Bun­des­bür­ger. Die wei­ter­ge­hende For­de­rung, ei­nige EU-­Zu­stän­dig­kei­t​​​​​​​​en wie­der an die Mit­glied­staa­ten zurück­zuü­ber­tra­ge​​​​​​​​n, wird von 54 Pro­zent unterstützt.
In Gross­bri­tan­nien be­für­wor­tet jeder zweite Brite den Aus­tritt aus der EU.

Alle, die eine bür­ger­li­che Mehr­heit im Na­tio­nal­rat wol­len: die FDP han­delt ver­ant­wor­tungs­los​​​​​​​​, da bie­tet sich die SVP an.

Quel­len:

„Wir müss­ten völ­lig nach ihrer Pfeife tanzen“, „­Sonn­tags­Zei­tung“​​​​​​​​ vom 06.07.2014 Seite 2: „FD­P-­Chef Phil­ipp Mül­ler über EU-Recht für die Schweiz, Ver­hand­lun­gen zu Rah­men­ver­trag und Per­so­nen­frei­zü­gi​​​​​​​​g­keit sowie seine roten Li­ni­en“

„Die Sor­gen der Schweizer“; „F.A.Z.“ vom 10.10.2015.

„Deutsche Ex­porte bre­chen ein“; „F.A.Z.“ vom 08.10.2015: „Die Un­ter­neh­men ver­bu­chen das größte Ex­port­mi­nus seit der Fi­nanz­krise 2009“.

„Stillstand im Maschinenraum“; „F.A.Z.“ vom 12.10.2015: „Zwei­stel­lige Wachs­tums­ra­ten waren für die deut­schen Ma­schi­nen­bauer vor we­ni­gen Jah­ren keine Sel­ten­heit. Sol­che Zah­len sind der­zeit sehr fern.“ „­Der Ver­band Deut­scher Ma­schi­nen- und An­la­gen­bau (VD­MA) rea­gierte mit einer Voll­brem­sung.“

Fortan lau­tete die Ü­ber­schrift der Jahres­sta­tis­tik beim größten In­dus­trie­ver­band Eu­ro­pas: Nullwachstum.

„Um­fra­ge: Bun­des­bür­ger un­ter­stüt­zen bri­ti­sche Re­for­mi­de­en“; „F.A.Z.“ vom 13.10.2015.

Deutsch­land hält sich in Grund­satz­fra­gen nicht an das Dop­pel­be­steue­rung​​​​​​​​s­ab­kom­men Schwei­z-­Deutsch­lan​​​​​​​​d (DBA CH-­DE); Ur­teil des Bun­des­fi­nanz­ge­ri​​​​​​​​chts­ho­fes (BFH) in Mün­chen: BFH, Be­schluss vom 08.12.2010 – I R 92/09 (be­trifft nicht mich per­sön­lich, hat aber weit­rei­chende Kon­se­quen­zen.

Bun­​​​​​​des­rätin Eve­line Wid­mer-­Schlumpf: „Wir sind im Ge­spräch mit Deutsch­lan­d“)

Links:

Aca­de­mic Ran­king of World Uni­ver­si­ties 2015 (15.08.2015) re­sult;

Link: https://www.timeshigh​​​​​​​​ereducation.co​m​/​n​e​w​s​/​academi​c-​ra​nk​in​g-​wo​rl​​d-u​niv​ers​iti​es-​2​01​5​-r​e​sult​s

World Eco­no­mic Forum – Ran­kings and Ana­ly­sis: „­The Glo­bal Com­pe­ti­tiven­ess Index 2014–2015 ran­kings­“;

Links:

h​​​​​​ttp://www.weforu​m​.​o​r​​​​g/reports/​gl​ob​al​-c​om​​p​eti​tiv​ene​ss-​rep​ort​-​​20​​14-2​015 ;

http://reports.wefo​​​​​​ru​​m.org/global​-​c​o​m​p​eti​t​ivene​ss​-r​ep​or​t-​2014​-​2​0​15/​ran​kin​gs-​a​nd-a​​nal​​ysi​s/ .

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