Vor noch nicht allzu langer Zeit fand das Leben eines Volkes vorwiegend innerhalb der eigenen Landesgrenzen statt. Handel, Kommunikation oder Reisen auf internationaler Ebene waren sehr aufwendig und daher selten. Heute gehört das Austauschen von Informationen oder Gütern auf internationaler Ebene zum Alltag. Dieser Text zeigt auf, wie es zu dieser Globalisierung gekommen ist, was sie für Auswirkungen auf unseren Planeten hat und was für Herausforderungen sie mit sich bringt.

Was man unter Globalisierung versteht

Globalisierung ist die zunehmende internationale Verflechtung der Staaten in allen Bereichen des menschlichen Lebens. Damit ist nicht nur die Wirtschaft, sondern auch die Kultur, Politik, usw. gemeint. Meistens ist mit Globalisierung jedoch die wirtschaftliche Integration eines Landes in die sogenannte Weltwirtschaft gemeint. Befürworter der Globalisierung heben die Möglichkeit des freien Austausches von Produkten, Ressourcen, Technologien und Kapital hervor, wodurch alle profitieren sollen. Gegner betonen die wirtschaftliche Abhängigkeit von anderen Ländern und Einkommensungleichheiten. Um zu erkennen, ob die weltwirtschaftliche Integration eher zu- oder abnimmt, werden oft Indikatoren wie die Entwicklung des Welthandels oder ausländische Direktinvestitionen herangezogen.

Voraussetzungen für die Globalisierung

Eine Vielzahl von Faktoren begünstigt beziehungsweise ermöglicht erst die wirtschaftliche Vernetzung der Länder. Die Transportkosten sind in den letzten Jahrzehnten enorm gesunken und die Transportwege haben sich extrem verkürzt. Dies führte dazu, dass es profitabel wurde, weiter entfernte Regionen zu beliefern oder sogar in diesen Regionen zu produzieren. Neue und schnellere Kommunikations- und Informationswege, wie beispielsweise das Internet und das Fernsehen, trugen zum Globalisierungsprozess bei. Sie führten zur besseren Koordination und zu einem höheren Informationsaustausch. Neue und günstigere Energiequellen beschleunigen diese Entwicklungen. Neben den vorwiegend technologischen Errungenschaften haben sich auch die politischen Rahmenbedingungen verbessert. Handelsbarrieren, wie beispielsweise Zölle, wurden vielerorts abgebaut. Eine stabile Rechtslage sowie die Durchsetzung von Eigentumsrechten ermöglichen und unterstützen ebenfalls eine bessere wirtschaftliche Vernetzung.

Globalisierung als volkswirtschaftlicher Prozess

Was genau im Zuge der Globalisierung alles passiert, ist schwierig vorauszusagen. Dennoch weisen volkswirtschaftliche Modelle auf gewisse Entwicklungen hin.

Eines davon ist das Modell der komparativen Kostenvorteile, welches im Text zum Handel gut und ausführlich erklärt wird. Grundsätzlich sagt dieses Modell, dass durch Spezialisierung und Handel Vorteile entstehen. Dadurch kann die Wohlfahrt eines Landes gesteigert werden.


Abb. 1: Entwicklung der Weltproduktion. Quelle: IMF (2009): HWWI

Ein anderes Modell, das von Nobelpreisträger Robert Solow entwickelt wurde, ist etwas ausführlicher: Angenommen, es gäbe zwei Länder, Entwicklungsland B und Industrieland A. B und A unterscheiden sich in Bezug auf Beschäftigung, Sparquote und Humankapital. Beide Länder verfügen über denselben technischen Fortschritt. Die Produktionsfaktoren beginnen nun dorthin zu wandern, wo sie nützlicher sind. So fliesst beispielsweise Kapital eher von Land A nach Land B, da Investitionen in Entwicklungsländern höhere Zinseinkünfte einbringen.

Aus der Tabelle kann nun entnommen werden, wie die verschiedenen Grössen beider Volkswirtschaften am Ende dieses Prozesses sind. Die pro-Kopf Einkommen beider Regionen sind gleich hoch. Das Bruttosozialprodukt, das Einkommen aller Inländer, steigt in beiden Ländern. Jedoch ändert sich im Zuge der Globalisierung die Zusammensetzung der Einkommen. Während im Land A das Einkommen aus Arbeit sinkt und dasjenige aus Kapital steigt, verhält es sich im Land B genau umgekehrt.


Tabelle 1: Veränderung durch Globalisierung

Obwohl beide Modelle von vereinfachten Annahmen ausgehen (und daher auch zu Recht kritisiert werden), legen beide nahe, dass die Globalisierung die Gesamteinkommen anheben wird. Dennoch gibt es in diesem Prozess solche, die mehr profitieren als andere, da sich die Einkommen nun anders zusammensetzen. In Land A werden daher eher die Besitzer von Kapital begünstigt und in Land B eher die Anbieter von Arbeit. Wie sich aber die Globalisierung bisher tatsächlich ausgewirkt hat und was für Massnahmen getroffen werden können, wird in den folgenden Abschnitten beschrieben.

Auswirkungen der Globalisierung

Der Arbeitsmarkt und das Gefälle zwischen Arm und Reich

Die Globalisierung ermöglicht zwei Dinge: zum einen eine Spezialisierung der Volkswirtschaften und zum anderen ein schnelleres Wachstum. Spezialisierung hat zur Folge, dass nur jene Branchen in einem Land florieren können, die auch wettbewerbsfähig sind. Dies trifft häufig die Industrie und sonstiges verarbeitendes Gewerbe in den Industrienationen. Da die Löhne in den Industrienationen sehr hoch sind (im Gegensatz zu Entwicklungsländern), werden diese Branchen ausgelagert. Schnelles Wachstum führt zu einer Verschiebung hin zum Dienstleistungssektor. Der Trend geht also in den Industrienationen in Richtung hochqualifizierte Arbeitskräfte. Dies hat jedoch zur Folge, dass sich dieser gesamte Prozess negativ auf die eher niedrig qualifizierten Arbeitskräfte auswirkt. Falls ihre Branche nicht mehr konkurrenzfähig ist, erhalten sie weniger Lohn oder verlieren sogar ihre Stelle.

Letztlich führt diese Entwicklung zur berühmten Schere zwischen Arm und Reich. Massnahmen, die versuchen, betroffene Industriezweige durch Subventionen zu erhalten, müssen durch Steuern finanzeiert werden und führen daher zu einem tieferen Lebensstandard des gesamten betroffenen Landes. Den Strukturwandel verhindern zu wollen, bringt also nichts. Jedoch haben die Lohnkürzungen und die Arbeitslosigkeit, die durch den Wandel verursacht werden, auch negative Auswirkungen auf den Lebensstandard, da der Sozialstaat höhere Ausgaben hat, was auch über die Steuern finanziert wird. Es ist daher sehr schwierig, eine wachsende Ungleichheit der Einkommensverteilung als Folge der Globalisierung zu verhindern.

Einkommensentwicklung verschiedener Länder

Handel hat schon immer stattgefunden, von der Globalisierung wird aber erst seit der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts gesprochen. Diese Zeit war geprägt von einem äusserst starken Wachstum der Volkswirtschaften auf der ganzen Welt.

Die volkswirtschaftlichen Modelle, die erwähnt wurden, legen nahe, dass insbesondere ärmere Länder überproportional gewachsen sind. Dies ist aber nicht überall der Fall. Während vor allem die aufstrebenden Volkswirtschaften eine Aufholjagd starteten, riesige Wachstumsraten erzielten und grosse Bevölkerungsteile aus der Armut holen konnten, ist es anderen Ländern, insbesondere in Afrika, eher schlecht ergangen. Trotz des positiven Einflusses, den die Globalisierung auf viele Länder ausüben konnte, hat sich der Unterschied zwischen den reichsten und ärmsten Ländern zumindest monetär vergrössert. Hierbei ist interessant zu erwähnen, dass die Entwicklungsländer, welche sich besonders stark durch Reformen und Marktöffnungen an der Globalisierung beteiligt haben, die grössten Wachstumsraten verzeichnen konnten. Dass einige Länder stagnierendes oder sogar negatives Wachstum hatten, hat in der Regel damit zu tun, dass diese Länder eben nicht an der Globalisierung teilgenommen haben. Es wäre jedoch zu kurz gegriffen, zu behaupten, dass betroffene Regionen dieser Welt ihren Ausschluss aus der Globalisierung allein zu verantworten hätten. Natürlich müssen diese Länder Reformen vornehmen. Allerdings ist es auch wichtig, ihnen dabei zu helfen, ihre technologische Entwicklung auf ein angemessenes Niveau zu bringen. Am verhängnisvollsten sind Industrienationen, die ihre Stellung zu Lasten der ärmeren Länder ausnutzen.

Folgen für die Umwelt

Dank der Globalisierung können immer mehr Leute der Armut entfliehen und sich ein angenehmeres Leben leisten. Dies führt dazu, dass in vielen Bereichen die Umweltbelastung massiv steigt. Beispiele dafür sind die vielen Südostasiaten, die in den vergangen Jahren die Mittelschicht erreicht haben und Besitzer eines Autos geworden sind.

Ausserdem verlagern viele Unternehmen ihre Produktionsstätten in Regionen mit tieferen Auflagen bezüglich des Umweltschutzes, um Geld zu sparen. Dies führt aber dazu, dass besonders in den aufstrebenden Volkswirtschaften die Umweltbelastung massiv zunimmt.

Aus diesem Grund sind Anstrengungen zugunsten des Umweltschutzes nur effektiv, wenn sie auf globaler Ebene durchgesetzt werden können. Nach wie vor sind die Fortschritte in diesem Bereich aber eher klein.

Die Globalisierung nun als Ursache für die Klimaprobleme zu brandmarken, wäre aber zu kurz gegriffen. Vielmehr sind die Umweltprobleme eine Folge des höheren Wohlstandes und der Verteidigung nationaler Interessen im Bereich von Klimaauflagen.

Krisen

Im Zuge der Globalisierung sind in den letzten Jahren Finanzkrisen aufgetreten, die sich auf die gesamte Weltwirtschaft ausgewirkt haben. Die Frage stellt sich nun, ob Krisen unvermeidbar sind in der Globalisierung und ob man diesen Preis zahlen möchte.

Als erstes ist hier anzumerken, dass die meisten Länder das markante Wachstum im letzten Jahrhundert ohne die Kapitalmobilität wohl kaum hätten verwirklichen können. Zudem ist der Lebensstandard trotz dieser Krisen weiterhin auf einem hohen Niveau. Die Antwort muss deshalb in einer verbesserten Überwachung und Regulierung der Finanzmärkte liegen und nicht in Kapitalkontrollen oder Beschränkungen.

Politische Auswirkungen

Volkswirtschaften, die an der Globalisierung teilgenommen haben, sind politisch stabiler geworden und zwar innen- wie auch aussenpolitisch. Aggressionen innerhalb dieser Staaten und auch gegenüber ihren Handelspartner haben merklich abgenommen. Dies ist vor allem auf den höheren Wohlstand zurückzuführen.

Viele Länder beklagen aber, dass sie im Zuge der Globalisierung an nationaler Souveränität eingebüsst haben, da immer mehr Entscheidungsgewalt bei Organen auf überstaatlicher Ebene liegt.

Schaffung besserer Rahmenbedingungen

Damit alle Länder von der Globalisierung gleichermassen profitieren können und die Entwicklungen innerhalb der Länder keine zu grosse Ungleichheit schafft, müssen alle einen Beitrag für eine nachhaltigere Globalisierung leisten.

Entwicklungsländer können durch mutige Reformen in den eigenen Volkswirtschaften Voraussetzungen schaffen, die eine erfolgreiche Teilnahme an der Globalisierung ermöglichen können. Genauer gesagt bedeutet dies, dass sie marktkonforme staatliche Institutionen schaffen sollten, die Eigentums- und Grundrechte durchsetzen. Ohne derartige Institutionen wird eine nachhaltige ökonomische Entwicklung dieser Länder kaum möglich sein.

Auf Seiten der Industrienationen kann durch Entwicklungshilfe den Entwicklungsländern Unterstützung angeboten werden. Ausserdem ist es wichtig, dass die reichen Länder vorsichtig mit ihren Politikmassnahmen im Inland umgehen. Agrarsubventionen in wohlhabenden Staaten haben beispielsweise dazu geführt, dass der Weltmarktpreis für Lebensmittel stark gefallen ist. Dies hat vor allem die ärmsten Länder, die von der Produktion von Agrarprodukten abhängig sind, finanziell sehr stark getroffen.

Die Industrienationen selbst können im Inland durch Weiterbildungs- und sonstige Unterstützungsprogramme dafür sorgen, dass die Globalisierung letztendlich nicht den Interessen der Arbeitnehmer schadet und Leute, die dem Strukturwandel zum Opfer gefallen sind, weiterhin im Arbeitsmarkt konkurrenzfähig bleiben.

Globale Organisationen

Der Klimawandel zeigt die Wichtigkeit globaler Organisationen am besten auf. Fortschritte bezüglich des Klimaschutzes werden am besten auf globaler Ebene erzielt, da einzelne Staaten immer ein Interesse daran haben, gewisse Standards nicht einzuhalten, um ihre jeweiligen Industrien zu schützen.

Aber auch in Bereichen des freien Handels und der Entwicklungshilfe oder der Etablierung von Markstrukturen können supranationale Organisationen wie der IWF, die Weltbank oder die WTO ihre Aktionen viel wirkungsvoller koordinieren und einsetzen, als dies einzelne Staaten tun könnten.

Kritisiert werden diese Institutionen vor allem deshalb, weil ihre Vorgaben für die Staaten oftmals nicht bindend sind und in ihren Gremien meist nur Vertreter der Industrienationen Einsitz haben und daher vielleicht nicht immer die Interessen der zu entwickelnden Länder vertreten werden. Ausserdem sind diese Gremien nicht demokratisch legitimiert.

Schlussfolgerung

Die Globalisierung führte in den letzten Jahren zu einer effizienteren Arbeitsteilung, grösserer Mobilität von Kapital und Wissen und damit in vielen Ländern zu bedeutend höherem Wohlstand. Jedoch kann vielerorts auch eine grössere Ungleichheit bezüglich der Einkommensverteilung beobachtet werden. Dieser negativ scheinende Effekt der Globalisierung muss jedoch relativiert werden: Aus rein volkswirtschaftlicher Sicht, wenn also einzig der Gesamtwohlstand, nicht die Gerechtigkeit der Einkommensverteilung, betrachtet wird, ist eine grössere Ungleichheit nicht negativ, solange es dadurch auch den ärmsten des Landes besser geht. Wer relativ zu den anderen ärmer wird, wird nicht automatisch auch absolut ärmer.

Die Globalisierung führte jedoch nicht nur zu einer grösseren Ungleichverteilung der Einkommen zwischen den Individuen, sondern auch zwischen den Ländern. Die Verlierer der Globalisierung sind diejenigen, die daran nicht teilnehmen beziehungsweise nicht teilnehmen können. Aus diesem Grund wären Anstrengungen zu begrüssen, die einerseits ärmeren Ländern den Einstieg in die Weltwirtschaft erleichtern und die es andererseits für reichere Länder erschweren, ihre Stellung zu Ungunsten der Ärmeren auszunutzen.

Die Globalisierung führte zu einem grösseren globalen Wachstum und damit auch zu einer grösseren Umweltbelastung. Wollen die Nationen dieser Welt weiterhin wirtschaftlich zusammenarbeiten, ohne unseren Planeten zu schädigen, müssen sie auch in Fragen des Umweltschutzes stärker zusammenarbeiten.

Abschliessend kann gesagt werden, dass die Globalisierung vielen Menschen zu höherem Wohlstand verholfen hat, und dass sie dies auch noch für viele weitere Menschen tun könnte, sofern im Weiteren besonders auf ärmere Länder und auf die Umwelt Rücksicht genommen wird.

Literaturverzeichnis

Gärtner, M. (2013). Macroeconomics. 4th edition. Pearson Education.

Mankiw, G. N. & Taylor, M. P.(2011). Economics. Second Edition. South-Western. Cenage learning

IMF, International Monetary Fund. (2000). Globalisierung: Bedrohung oder Chance. Abgerufen von Link

Amann, S. (2009). EU Agrarhilfen: Experten rügen Subventionswahn. Der Spiegel. Abgerufen von Link

Globalisierung_2012.pdf – Artikel als PDF

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