„Ich bin jetzt Energiebauer“, verkündete unser Bekannter aus Schleswig-Holstein schon vor über zehn Jahren. Auf seinem flachen Land an der windigen Nordseeküste stehen seitdem acht riesige Turbinen des lokalen Bürgerwindparks und gemeinsam mit andern Bauern betreibt er auch eine Biogasanlage. Er hat seine Chance genutzt und klagt nicht mehr über Milchpreisschwankungen. Die Produktion von erneuerbarer Energie ist nicht zuletzt darum rentabel, weil der deutsche Staat sie seit 1991 grosszügig fördert. Die günstigen politischen Rahmenbedingungen haben in Deutschland zu einer Verdreifachung der ökologischen Stromproduktion und zu einem Job-Boom geführt.
Die Schweiz hat erst Ende 2009 die „kostendeckende Einspeisevergütung“ (KEV) eingeführt, allerdings mit einem Beitragsdeckel für die Sonnenenergie. Ernüchternd stellen wir fest: In der Förderung der Solarenergie haben wir mindestens ein Jahrzehnt verloren. Nun aber endlich die Wende: BundesratDer Bundesrat der Schweiz bildet die Exekutive bzw. Regierun... und NationalratDer Nationalrat stellt neben dem Ständerat die grössere de... – der Ständerat entscheidet im Herbst – befürworten den geordneten Ausstieg aus der mit unverantwortbaren „Restrisiken“ behafteten Atomenergie. Und der Beitragsdeckel für die Sonnenenergie muss fallen. In Zukunft werden bedeutend mehr innovative Projekte realisiert. Der Atomausstieg beschleunigt den Ausbau der erneuerbaren Energien. Ingenieure und Erfinder widmen heute schon ihre ganze Kraft der Weiterentwicklung der Technologien, die Nutzung wird immer effizienter und billiger, Investitionen in diesen Bereichen folglich interessant. Die Zeit der Energiebauern rollt an, auch bei uns.
In der dicht besiedelten Schweiz ist weniger der Wind, als vielmehr die Sonne die beste Geschäftspartnerin der Energiebauern. Solaranlagen auf überbauten Flächen haben das grösste Entwicklungspotenzial. Bayern deckt heute bereits fünf Prozent seines Strombedarfs mit Solarzellen – und bald sollen es zehn Prozent sein. Die Gemeinde St.Antönien (GR) lässt ohne zusätzliches Land zu verbrauchen auf einer bestehenden Lawinenverbauung für 20 Mio. CHF Solarmodule installieren. Diese versorgen 1’200 Haushalte mit ökologisch produziertem Strom. Und es gibt immer mehr Investoren auf der Suche nach Dächern und anderen geeigneten Pachtobjekten, auf denen rentable Photovoltaikanlagen installiert werden können. Gerade die Landwirte verfügen über Scheunen und Ställe, die sich ideal für grossflächige Solaranlagen empfehlen. Anstelle der Stromkonzerne oder der Investoren können die Bauern verdienen. Dafür braucht es Strukturen. Die Biogasbauern der Genossenschaft „Ökostrom Schweiz“, in der sich über 100 Landwirte – von der Westschweiz bis ins St. Galler Rheintal – zusammengeschlossen haben, machen es vor. Für die Verwertung von Stallmist und Jauche führt die Genossenschaft die Energiebuchhaltung, organisiert den Absatz des Ökostroms, verhandelt mit den Behörden und beschafft zusätzliche Reststoffe der Lebensmittelindustrie. Regional organisierte Bauern werden grössere Mengen an Solarstrom mit lukrativer absetzen können. Wie die Biogasanlage bietet auch das Solardach eine ökologisch sinnvolle und rentable Perspektive. Hoffentlich werden viele Bauern mit kühlem Kopf rechnen, ihr Einkommen dank langfristig sicheren Ökostromerträgen aufbessern und damit die Energiewende voranbringen.
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Kommentare anzeigen Hide commentsDann kümmern sie sich darum, dass jeder sein kleines Heimkraftwerk am Stromnetz anschliessen kann. Ohne grosse Bürokratie und Regeln. Es sollte so weit kommen, dass ich mein privates Kleinkraftwerk wie jedes andere Elektrogerät an der nächsten Steckdose anschliessen kann. In welche Richtung der Strom fliesst spielt doch physikalisch keine Rolle. Es müssen dann nur noch die richtigen Zähler montiert werden und alles funktioniert ohne grosse Probleme.
Dies wird aber nicht geschehen, da damit die Energeiloby kein Geld mehr verdienen kann. Wovon sollen diese leben, wenn langfristig jeder seinen eigenen Strom produziert???!!!