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Ein aufgeblähter Nachrichtendienst schützt nicht vor Terror!

Von Damaris C. Bächi, SVP- und Syndicom-Mitglied, Winterthur

Am 25. Sep­tem­ber 2016 stim­men wir über das Nach­rich­ten­dienst­​​ge­setz ab. Nach Durch­sicht der Vor­lage stellte ich fest, wie schwam­mig for­mu­liert und man­gel­haft die­ses Ge­setz ist. Zum einen diene die In­for­ma­ti­ons­be­s​​chaf­fung laut Art. 6 der Vor­lage dem «früh­zei­ti­gen Er­ken­nen und Ver­hin­dern von Be­dro­hun­gen der in­ne­ren und äus­se­ren Si­cher­heit, die aus­ge­hen von (u.a.) Ter­ro­ris­mus (ein sehr dehn­ba­rer Be­griff!), ver­bo­te­nem Nach­rich­ten­dienst (wel­che Dienste be­trifft das?), ge­walt­täti­gem Ex­tre­mis­mus (gilt dies nur für Links- und Rechts­ex­tre­mis­mus​​ oder soll­ten damit viel­mehr auf­kei­mende Bür­ger­pro­teste aus­spio­niert und eli­mi­niert wer­den?).

Zum anderen die Art und Weise der Beschaffungsmassnahme​​n wie in Art. 26. Da wären die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs, der Einsatz von Ortungsgeräten, Überwachungsgeräte wie Wanzen oder Kameras in Privaträumen installieren, Wohnungs- und Fahrzeugdurchsuchunge​​n, Eindringen in Computersysteme und –netzwerke (gegen unliebsame investigative Journalisten?), etc. – eine krasse Verletzung unserer Grundrechte, die in der Bundesverfassung wie in Art. 13, Abs. 1 und 2 geregelt sind: «Jede Person hat Anspruch auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens, ihrer Wohnung sowie ihres Brief-, Post- und Fernmeldewesens. Jede Person hat Anspruch auf Schutz vor Missbrauch ihrer persönlichen Daten.»

Es ist bekannt, dass Geheimdienste gerne ein Eigenleben entwickeln, also zum «Staat im Staate» werden. Man braucht nicht auf die CIA und deren dunklen Machenschaften (Folter, Terrorfinanzierung, Drogenhandel, Mord, Waffengeschäfte, etc.) zu schauen, um diese Tatsachen zu sehen: Der NDB und seine Vorgängerorganisation​​en haben schon mehrfach ihre Kompetenzen deutlich überschritten. Der Fichenskandal 1989 (und ein Jahr später die Enttarnung der Geheimarmee P-26), dessen Folgeskandal 2010 und der Datenklau eines NDB-Mitarbeiters 2012 sollten uns mahnend daran erinnern.

Wenn wir schon bei den Fichen sind: Wie steht es denn mit dem Recht auf Akteneinsicht? Wer wissen will, ob er vom NDB fichiert wurde, hat kaum eine Chance auf Klarheit. Auskunft erhält nur, wer keinen Aufwand und Kosten scheut. Zudem werden die vom NDB gesammelten Daten in verschiedenen Informationssystemen abgespeichert, was nicht nur unseriös ist sondern auch für regelrechtes Chaos sorgt (wie sollen denn da Terror und andere kriminelle Machenschaften verhindert werden?). Auch die Kontrolle und Aufsicht des NDB ist mangelhaft. Dies führt – wie oben erwähnt – zu einem Eigenleben des Geheimdienstes.

Ziemlich stossend an der Gesetzesvorlage ist zudem Art. 12 über die Zusammenarbeit mit ausländischen Nachrichtendiensten, was ein grosses Sicherheitsrisiko darstellt und die Schweiz zum Spielball fremder Mächte wie der NATO und dem US-Imperium wird. 2012 wollte der NDB dem Bundesrat allen Ernstes weismachen, die Schweiz solle sich am Raketenabwehrsystem beteiligen, das die USA und die Nato in Osteuropa aufbauten. Gerade jetzt in der Ukraine-Krise wäre dies ein folgenschwerer Entscheid und macht unser Land gegenüber dem Ausland unglaubwürdig.

Ich stelle immer mehr mit Befremden fest, wie fahrlässig Bundesrat und Parlament mit unserer strikten Neutralität umgehen und offensichtlich im Fahrwasser der NATO schwimmen. Das ist kaum verwunderlich, denn vor genau 20 Jahren trat die Schweiz (natürlich ohne Volksabstimmung!!!) dem NATO-Programm mit dem irreführenden Namen «Partnership for Peace (PfP)» bei, wodurch Armeeangehörige sich an umstrittenen Manövern beteiligen wie 2015 an der «Arctic Challenge Exercise» in Skandinavien oder in Krisengebieten wie im Kosovo, Afghanistan, im Nahen Osten u.a. als Militärbeobachter, Minenexperten, etc. tätig sind. Die Teilnahme an solch dubiosen Programmen ist mehr als fragwürdig und widerspricht klar der Bundesverfassung (Art. 185). Die Schweiz hat weder in der PfP noch in der NATO etwas zu suchen – ein Austritt aus der PfP würde die Glaubwürdigkeit, Unabhängigkeit und Neutralität der Schweiz wieder herstellen.

Und zu guter Letzt: Ein aufgeblähter Nachrichtendienst schützt nicht vor Terror (wie die Anschläge in Orlando und Nizza beweisen), schützt nicht die Bürger sondern schützt eher sich selbst. Sicherheit beginnt nicht beim Nachrichtendienst, sie beginnt sowohl bei der Polizei als auch beim Grenzschutz und wachsamen Bürgern. Als Bürger dieses Landes haben wir andere Bedrohungen zu fürchten wie etwa die nächste Finanzkrise, die geplante Abschaffung des Bargeldes sowie die umstrittenen intransparenten Freihandelsabkommen TTIP, CETA und TiSA (bei Letzterem ist die Schweiz seit Beginn der Verhandlungen – ohne Wissen der Bevölkerung – involviert).

Da mir die Freiheit, Demokratie und der Schutz vor Missbrauch durch den Staat wesentlich wichtiger ist als eine «Schein-Sicherheit», kommt für mich nur ein klares NEIN zum NDG in Frage und hoffe, die Stimmbürger tun es mir gleich.

Personen haben auf diesen Beitrag kommentiert.
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Comments to: Ein aufgeblähter Nachrichtendienst schützt nicht vor Terror!
  • September 16, 2016

    Schade ist nur, dass die ganzen Mitte Rechts Parteien dieses Gesetz unterstützen. Am Schluss wird der Mist angenommen befürchte ich.
    Wir entwickeln uns immer mehr zum Polizeistaat.

    „Einen Staat, der mit der Erklärung, er wolle Straftaten verhindern,
    seine Bürger ständig überwacht, kann man als Polizeistaat bezeichnen.“

    Zitat​​ Ernst Benda, ehem. Präsident des Dt. Bundesverfassungsgeri​​chts

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    • Juli 19, 2021

      Ein demokratischer Staat wird nie zu einem Polizeistaat…!.Jedo​ch müssen wir der Polizei die Mittel geben,damit wir ein demokratischer Staat bleiben dürfen.!!

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    • Juli 19, 2021

      Sind sie sicher ? Ich bin sicher die USA als demokratischer Staat, hat den Level schon erreicht und bei andere Staaten gab es nur noch keinen Whistleblower wie Edward Snowden, darum wissen wir es nicht.

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  • September 17, 2016

    ..ich glaube nicht,dass es um ein Aufblähen des ND geht..!…es geht um die Erlaubnis,schneller an Informationen zu kommen,ohne das man vorher Bewilligungen einholen muss bis zu “St.Nimmerleins”….!​In dieser Zeit haben potenzielle Verdächtige längst “Lunte” gerochen und verschwinden aus den Visieren der Sicherheitsdienste..!​..passiert dann doch etwas Furchtbares,sind dieselben Leute wieder hier,und stänkern über das Versagen,eben dieser Sicherheitskräfte und werfen ihnen Unfähigkeit vor…!! ..nein,Terror kann man auch mit verbesserten Bedingungen der Sicherheit-Veratwortl​ichen nicht ausschliessen!..es geht ja auch nicht darum…!..man sollte es als ein “Optimieren” betrachten,und dementsprechend werde ich dafür klar JA stimmen.

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  • September 17, 2016

    Frau Bächi,
    Sie haben völlig recht. Machen Sie das allen in Ihrer Partei klar. Das Nachrichtengesetz wird uns nicht schützen, aber besser überwachen bis ins kleinste Detail.
    “Wer die Freiheit zugunsten der Sicherheit aufgibt, wird beides verlieren.” Benjamin Franklin hatte recht, wie wir beim NSA in den USA bereits feststellen können.

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  • September 18, 2016

    Wo der Weg längerfristig hinführt, sieht man am grossen Vorbild NSA. Der Snowden-Skandal hat ganz klar gezeigt, wie umfrangreich die Überwachung und wieviel überwacht wurde.

    Ohne Snowden wüsste man bis heute nicht, was die Praxis in den USA und GB ist.

    Geheimdienste haben die Angewohnheit, ein Eigenleben zu entwickeln und eine Schattenstaat zu entwickeln.

    Die Schweiz hat mit dem Fichenskandal und der Geheimarmee P26 eigene Erfahrungen mit einem übermächtigen Geheimdienst.

    Deshalb sollte jedem klar sein, was über das Internet kommuniziert wird, kann und wird überwacht werden.

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