Schade, dass die Schule im Wahlkampf scheinbar kein attraktives Thema ist. So ginge es doch um die Zukunft der nächsten Generation. Umso spannender waren die Umfrageresultate im Sarganserländer vom 4. und 5. Februar zur Frage, wie die Kantonsratskandidaten zur Rückkehr zu nur einer Fremdsprache in der Primarschule stehen. Ganze 2/3 sind (eher) dagegen; nur 1/3 sind (eher) dafür. Offenbar gibt es abgesehen von der CVP keine „geschlossene“ Parteimeinung, was ja schon mal nicht schlecht für künftige Diskussionen ist. Dabei ist das Thema brandaktuell, ist doch der Kanton Thurgau zurzeit dabei, Französisch als 2. Fremdsprache auf die 7. Klasse zu verschieben. Die kantonale Vernehmlassung ist Anfang 2016 geplant. Der Kanton Appenzell Innerrhoden praktiziert dies bereits heute so.
Interessant wäre natürlich, warum die Kandidaten so gestimmt haben? Die Frage, welche Sprache denn gestrichen bzw. auf die Oberstufe verschoben werden sollte, blieb ebenfalls offen. Aber Englisch zu streichen, wäre ja wohl sehr verwegen in der heutigen Zeit und deshalb würde es wohl zwangsläufig das Französisch treffen. Das einzige Argument dagegen wäre wohl der nationale Zusammenhalt. Aber kann dieser tatsächlich von der Frage abhängig gemacht werden, ob St. Galler Kinder zwei Jahre früher oder später Französisch lernen?
Warum aber ein JA zu nur einer Fremdsprache in der Primarschule? Es fällt auf, dass Lehrer und (ehemalige) Schulräte eher dafür sind, eine Sprache zu streichen. Aber eindeutig ist auch dieses Resultat nicht. Haben die entsprechenden Kandidaten vielleicht einfach schlechte Erfahrungen aus der eigenen Schulzeit? Hoffentlich nicht – das wäre wohl ein schlechtes Argument. Ich bin der Meinung, dass Fremdsprachen wichtig sind und habe diese in der Schule auch gerne gelernt. Aber ich habe in meiner Zeit als Schulrätin auch die Realität gesehen: Die integrativ geführten Schulen kämpfen schon ohne eine 2. Fremdsprache damit, Schüler auf extrem unterschiedlichem Leistungsniveau in einem Klassenzug zu führen. In den Klassen ist es ein ständiges „Kommen und Gehen“, denn irgendjemand hat immer grad eine separate Lektion, sei es Begabtenförderung, ISF-Stunden, Logopädie, Dyskalkulie- oder Legasthenietherapie, Deutsch für Anderssprachige, konfessionsspezifischen Religionsunterricht … usw. Schon Primarschüler werden dabei entsprechend von zig verschiedenen Lehrkräften unterrichtet. Dass die ganze Klasse einen Vormittag von ihrer Klassenlehrperson im Schulzimmer unterrichtet wird, ist so gut wie unmöglich. So Unterricht zu halten ist eine Herausforderung, als Schüler die Konzentration zu behalten noch viel mehr und von der Stundenplanung ganz zu schweigen.
Die Schule sollte sich wieder mehr auf das Wesentliche konzentrieren – nämlich Deutsch und Mathematik. Gerade für die leistungsschwächeren Schüler sowie solche mit einer anderen Muttersprache ist die erste Fremdsprache oft schon eine grosse Herausforderung. Die zweite bringt das Fass definitiv zum Überlaufen.
Die Erfahrung zeigt, dass sehr viele Schüler am Ende der Primarschulzeit nur über einfachste Kenntnisse in Französisch verfügen. Die Promotoren des frühen Fremdsprachenunterrichts haben grosse Erwartungen geweckt. Viele Studien zeigen nun jedoch, dass ein späterer Beginn nicht zu schlechteren Resultaten führt. Trotzdem möchten die Verantwortlichen im Lehrplan 21 am Modell 3/5 festhalten.
Deshalb: Konzentrieren wir uns auf das Wesentliche. Eine Fremdsprache in der Primarschule genügt.
P.S. Als „Minimallösung“ müssen wenigstens Dispensen in Französisch möglich sein.
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