Elizabeth II war das am längsten regierende Oberhaupt des britischen Commonwealth. Dort sind die Reaktionen auf den Tod der Queen gespalten, denn auch sie war Symbol von fünf Jahrhunderten Ausbeutung in den Kolonien und all der brutalen Gewalt gegen die dort lebenden Menschen: Tee und Zucker für alle, ja, aber auf dem Rücken versklavter Menschen von Indien bis in die Karibik. Das Vermächtnis des britischen Empires liegt auch in den ideologischen Strukturen, die konstruiert wurden, um die koloniale Gewalt, die weltweite weisse Vorherrschaft und den Rassismus zu rechtfertigen. 

Es fällt vielen sehr leicht, die Rolle der Queen in all dem zu vergessen. Das Bild der niedlichen royalen Grossmutter, das viele von ihr haben, lenkt von der Gewalt ab, die sie seit Beginn ihrer Herrschaft mitgetragen oder zumindest stillschweigend gebilligt hat. Zahlreiche Kämpfe für Unabhängigkeit wurden unter ihrer Herrschaft brutal zerschlagen, so in Kenia, wo in den ersten Jahren ihrer Herrschaft der Aufstand der Mau-Mau blutig ausgerottet wurde. Tausende Mau-Mau-Kämpfer wurden von britischen Kolonialtruppen getötet oder in Zwangsarbeitslager gesteckt.

Für all diese Gräueltaten des britischen Kolonialismus hat sich auch die Queen nie offiziell entschuldigt. Auch Forderungen nach Anerkennung oder Entschädigung ehemaliger Kolonien – wie zuletzt im März bei einem Staatsbesuch von Royals in Jamaika – kam man nicht entgegen. 

Der milliardenschwere Wohlstand der Royal Family ist direkt  durch das Ausbeuten der Kolonien entstanden. Die Menschen, für die der Reichtum der Royals bis heute Armut in ihren Ländern bedeutet, empfinden deshalb den Tod Elisabeths II. anders.

Die tägliche Lobhudelei in der schweizerischen Republik durch die Medien kann man vor diesem Hintergrund nur als peinlich bezeichnen. Angesichts der breiten Debatte zur Aufarbeitung der kolonialen Mitverantwortung von Schweizern versagen sie völlig.