In Berlin gehört das Julius-Leber-Haus zu den schönsten Bauten: ein Glaskegel auf weissen Betonsäulen. Untendurch fliesst die glitzernde Spree. Das Haus beherbergt die Büros von Bundestagsabgeordneten. Ich bin mit Oskar Lafontaine verabredet, dem Chef der Linken. In seinem grossen, büchergefüllten Büro wird über das Verbot von Hedge-Funds in Deutschland diskutiert. Das war an einem schönen Frühlingstag vor drei Jahren. Der Bundestag verwarf das Lafontaine-Gesetz zum Verbot der Hedge-Funds.
HEDGE-FUNDS IN GENF. 10. April 2010. Die «Tribune de Genève» titelt stolz: «Genf wird Hauptstadt der Hedge-Funds». Dank massiven Steuergeschenken ziehen die mächtigsten Hedge-Funds von London nach Genf. «Blue Crest», «Jabre Capital» oder «Howard Brever» sind schon da. Genfs grüner Finanzdirektor David Hiller wurde auf der Liste «Alternative» von SP und Grünen in die Regierung gewählt. Die Genfer SP findet die Hedge-Funds grossartig. Die Verwüstung der Völker der Dritten Welt durch ebendiese Hedge-Funds kümmert sie nicht.
SP-Chef Christian Levrat verkündet todesmutig, die SP werde dem UBS-Deal mit den USA in der Junisession nur zustimmen, wenn eine BonisteuerDie Steuer ist eine öffentliche Abgabe und bildet die wicht... von 8 Prozent eingeführt werde. Lautes Getöse. Trotzdem geht die SP vor den Grossbankmoguln und ihren Lakaien in der Bankenaufsicht Finma und im Bundesrat auf die Knie. Warum? Weil ein gefährlicher Irrtum in der SP-Geschäftsleitung grassiert. Die SP müsse «dem Mittelstand Rechnung tragen». Sie müsse sich auch «nach rechts öffnen», um Wahlen zu gewinnen. Irrtum! Die Schweizer Bevölkerung hat bis zum Brechreiz genug von der Arroganz, der bodenlosen Gier, den Lügen, der permanenten Straffreiheit der Ospel, Grübel, Villiger, Dougan & Co. Solange die Geschäftsleitung der SP das nicht begreift, wird die Partei – deren überzeugtes Mitglied ich bin – weiter dahindümpeln. Ohne Alternativen zum Bankenbanditismus, ohne eigentliche Glaubwürdigkeit. Perspektive: Wahlkatastrophe 2011.
VORBILD DE GAULLE. In Frankreich kam im Oktober 1944 die erste provisorische Regierung de Gaulle an die Macht. Sie verstaatlichte die Grossbanken. Charles de Gaulle war ein rechtskonservativer, stockkatholischer Berufsoffizier. Aber er hatte begriffen: ohne öffentliche Kontrolle des Kreditwesens keine wirtschaftliche Demokratie. Enteignung der Grossbanken ist keine aberwitzige bolschewistische Forderung. Sie ist ein Minimalgebot politischer Vernunft. Den Beutejägern von UBS und CS kann nur durch Enteignung das üble Handwerk gelegt werden. Ohne Enteignung der Grossbanken kein Ende des Bankenbanditismus in der Schweiz.
Wenn die brillanten Strateginnen und Strategen der SP dies weiterhin ignorieren, können sie haufenweise schön formulierte Parteiprogramme schreiben. Eine Mobilisierung der Wählerinnen und Wähler werden sie nicht erreichen.
Jean Ziegler, Soziologe, Vizepräsident des beratenden Ausschusses des Uno-Menschenrechtsrates und Autor. Mein jüngstes Buch, «Der Hass auf den Westen», erschien auf deutsch im Herbst 2009.
Personen haben auf diesen Beitrag kommentiert.
Kommentare anzeigen Hide commentsHerr Ziegler
So schwer es mir fällt, ich muss ihnen zustimmen.
Was heutzutage im Bankengeschaft praktiziert wird, ist legalisiertes Strassenräubertum auf Kosten der arbeitenden Bevölkerung und den Ärmsten in den Drittweltländern.
Freiwillig werden diese von Habgier getriebenen Bankenmanager nie ihre Ausbeutungshaltung aufgeben. Ihnen ist es egal, ob sie zum sozialen Frieden beitragen oder ihn zerstören, Hauptsache ist, die Profite stimmen.
Sie haben völlig recht. Dieser Banditismus ist demokratiefeindlich und muss von einer starken Regierung durch klare Gesetze kontrolliert werden.
Nebenbei: Wer glaubt, seine Arbeit sei 71 Millionen Franken wert, gehört nicht auf einen Managersessel, sondern müsste auf seine geistige Zurechnungsfähigkeit untersucht werden! Ich finde keinen Begriff für diese Art von Verrücktheit!
Freundliche Grüsse
Francis Kaderli
Sehr geehrter Herr Ziegler,
ihr Buch” Wie kommt der Hunger in die Welt” hat mich sehr berührt. Was ich daraus entnommen habe? Es scheint, dass anständige Menschen auf dieser Erde von wenigen Unanständigen beherrscht werden. Aber noch gefährlicher als die Geldsüchtigen finde ich diejenigen, welche die Menschen mit irgend einer verrückten Ideologie beherrschen wollen. Zum Beispiel konvertierte Schweizer welche hier den mittelalterlichen Whabaismus einführen möchten wie der Herr Blanco. Obschon seine äusser “Verwandlung” lächerlich ausssieht und wahrscheinlich die Muslime in der Schweiz auch abstösst. Die selbsternannten Mitglieder des “Islamischen Zentralrates der Schweiz” sind ein unhelvetischer Unruheherd. Von wem bekam dieser Rat eigentlich ihr Mandat?
Andere Unruheherde sind auch bei Freikirchen und klerikalen Protestanten am Werk. Sie wollen ihren Mitbürgern ihre Auffassung vom “wahren Glauben” aufoktruieren. Da sollten wir unsere Kinder aber fernhalten.
Schlioesslich halte ich alle Staatlichen Geheimdienste als undemokratische und schwer zu kontrollierende Gebilde, welche der Menschheit schon grosse Schäden und provozierte Kriege gebracht haben. Vieleicht auch im Auftrag von wenigen Mächtigen. Die Grossmächte scheinen sich aber nur um ihre eigenen Vorteile zu kümmern. Es wäre zeit, die “Siegermächte” kleineren Ländern in der UNO auch eine Stimme zu geben.
Herr Ziegler
Ich gebe Ihnen grösstenteils Recht wie will man die exorbitane Managerlöhne regulieren und da denke ich das muss nach meiner Meinung die Bonisteuer einführen da liegt meiner Meinung der Hund beraben gut 8% finde ich persönlich fast zu wenig ich bin der Meinung minimum 10% würdr eher reichen
Weshalb ist dann die SP nicht für den indirekten Gegenvorschlag zu Minders Abzockerintiative? – Weil man das Thema bis zu den nächsten Nationalratswahlen am Brodeln halten will.
Die Bonussteuer wird von unseren Pensionkassen bezahlt werden, solange nicht die Aktionärsrechte gestärkt werden, was das Ziel der Abzockerintiative ist.
Die Minders Initiative verschiebt nur die Verantwortung auf die Aktionäre aber auch die werden gegen die Abzocker nichts unternehmen weil sie selber daran verdienen und wenn sie gegen die Bonis werden sie sich selbst ins Fleisch schneiden
Wäre Minders Initiative vor 10 Jahren angenommen worden, so hätten viel weniger Manager die Möglichkeit gehabt auf Kosten der Grossfirmen abzuzocken. Denken wir an UBS, SwissLife, Swissair und den Visionen etc.
Lieber Herr Ziegler
Als Ökonom, der 27 Jahre bei einer Grossbank gearbeitet hat – mit hartem Einsatz, ohne Abzockerei – kann und will ich Ihre Emotionalität nicht in Frage stellen. Was Sie da aber wollen, ist das Kind mit dem Bade ausschütten. Nehmen wir die Sache etwas auseinander:
1) Mit der Verstaatlichung enteignen Sie nicht primär das Management der Grossbanken, sondern das breite Aktionariat. Leidtragende im Inland wären nicht zuletzt viele Pensionskassen – und damit grosse Bevölkerungskreise. Die Aktionäre im Ausland sind Ihnen vielleicht egal, aber ist das für das Image der Schweiz als Wirtschaftsstandort ein kluger Entscheid?
2) Durch die Verstaatlichung wollen Sie wahrscheinlich das Gewinnstreben der Grossbanken zügeln. Seien Sie jedoch versichert, dass mit den zahlreichen Verschärfungen der Regulierung die zu erwartenden Eigenkapitalrenditen (RoE) automatisch niedriger ausfallen (werden). Um zu verhindern, dass auch auf diesem tieferen Niveau zu hohe Risiken eingegangen werden, können und müssen die Anreize in der Regulierung adjustiert werden.
3) Am wohlsten wäre Ihnen sicher, die beiden Grossbanken würden ihr Investment Banking aufgeben. Wenn dies unter staatlicher Kontrolle geschehen soll, dann werden sich die ausländischen Konkurrenten gerne ein grösseres Stück vom Kuchen abschneiden. Dann muss der Staat als Bankier aber sicherstellen, dass international orientierte Schweizer Firmen – und dazu gehören auch zahlreiche KMU – weiterhin Zugang zu internationalen Dienstleistungen haben.
4) Letztendlich dürfte Ihnen primär die Entschädigungsfrage ein Dorn im Auge sein. Während in der Schweiz schon seit längerem Praxis ist, dass ein Teil der Boni in Aktien und verzögert ausbezahlt wird, erhielten z.B. in den USA die Banker Ihre Boni bislang bar auf die Hand. Die hiesigen Entschädigungsmodelle sind weiter verfeinert worden, auch wenn das Gelbe vom Ei noch nicht (ganz) gefunden ist. Längerfristige Ausrichtung, nebst Bonus auch Malus und – aus meiner persönlichen Sicht – keine unnötigen Hebel mehr: der Zug fährt in die richtige Richtung. Eine absolute Begrenzung der Entschädigungen nach oben kann und darf sich die Schweiz im Alleingang nicht leisten. Da könnte nur eine internationale Koordination Abhilfe schaffen.
Fazit: Die Auswirkungen Ihres Vorschlags auf Arbeitsplätze, Wertschöpfung, Steuereinnahmen etc. lassen ich hier bewusst weg. Auch so ist klar: gezielte Verfeinerung und Verschärfung der Regulierung JA, Verstaatlichung der beiden Grossbanken NEIN DANKE!
Jenseits der Frage, ob die Vergütungen die die Teppichetage bezieht, angemessen sind, oder ob eine Vergesellschaftung der Wirtschaft finanzierbar wäre, stellt sich doch die Frage, ob der Staat, oder genauer, dessen Exponenten, also Politiker, besser in der Lage sind, beliebige Wirtschaftszweige zu führen. Sind Poltiker wirklich die fähigeren Manager, haben sie mehr Weitblick,sind sie weniger kurzsichtig, treffen sie die besseren Entscheidungen, sind sie klüger, sind sie gerechter, weniger gierig usw., kurz, sind Poltiker jedweder Couleur, die besseren Menschen, immer dem Allgemeinwohl verpflichtet und frei von menschlichen Schwächen. Oder zeigt nicht ein Blick, bspw. auf die Deutschen Landesbanken, die sich im Besitz der jeweiligen Bundesländer befinden, dass diese zu den von der Bankenkrise mit am schwersten betroffenene Instituten gehören. Mit dem Unterschied allerdings, dass bei den Deutschen Landesbanken, die Krise schon lange zum Dauerzustand geworden ist. Die Liste solcher Staatsbetriebe im In- und Ausland liesse sich beliebig fortsetzen. Genauso übrigens wie die Liste derjenigen Politiker von ganz links bis ganz rechts, die, trotz teilweise dürftigem Leistungsausweis, sei es beim Staat oder in der Wirtschaft mit einer fetten Pfründe versorgt wurden. Ich besitze weder Aktien der Grossbanken, ich arbeite in keiner Grossbank, ich gehöre nicht zu den Grossverdienern und ich bin auch nicht reich. Aber die Vorstellung, dass staatliches Handeln, per se immer gerechter und humaner sei, ist so unkritisch und absurd, wie die Vorstellung, dass der Markt alles richten würde. Politiker wirken auf mich keineswegs vertrauenerweckender, als Exponenten der Wirtschaft. Letztlich geht es weder um blinde Wirtschaftsgläubigkeit oder blinden Etatismus sondern um Check and Balance. Das wäre eigentlich eigentlich eine vordringliche Aufgabe der Politik. Aber Walther Rathenau hat einmal gesagt: “In Deutschland entscheiden über einen Menschen nicht die Vorzüge, sondern die Einwände. Einwandfrei muss der Mensch sein, und die Sache ist tadellos. Einwandfrei ist aber nur die runde, glatte, tadellose Null”. Vielleicht trifft diese Einschätzung von Walther Rathenau über den Auswahlprozess von Entscheidungsträgern nicht nur auf Deutschland zu. Mit Ausnahme, selbstverständlich von Ihnen, da Sie zu den Politikern gehören, die offenbar frei von menschlichen Schwächen, wie Eitelkeit und Werbung in eigener Sache sind.
Marktwirtschaftlich geführte Unternehmen hätten schon Vorteile gegenüber Staatsbetrieben, soweit sie nicht – aus öffentlichem Interesse – vom Staat gerettet werden müssten und soweit sie nicht immer wieder dazu neigten, eine Monopol- oder Oligopolstellung einzunehmen, um ungerechtfertigte Renten einzustreichen.
Jetzt trifft’s noch Zieglers Freund! Gaddafis Milliarden werden weltweit gesperrt!
Zieglers Freunde weltweit werden durch Volkes Wut verjagt!
Bevor nicht durch die Vernünftigen unter den Säkularen und den Gläubigen unter den abrahamischen Religionen das Verbot der Zinsnahme und der damit unweigerlich verbundenen widernatürlichen Zinseszinsproblematik konsequent umsetzen (dadurch in die Welt gebrachtes exponentielles Wachstum KANN nicht geleistet werden und führt letztlich zum Untergang oganischer Wesen und jedes damit operierenden Systems) und die nationale Geldschöpfung neu ausrichten – kann weder der Untergang, noch ein vorgeblicher Zusammenprall der “Zivilisationen” verhindert werden.
Banken, und erst recht Staatsbanken sind als Dienstleistungsbetriebe zu verstehen und zu führen, welche Geldmengen und Umlaufsgeschwindigkeit regeln und sind – wie jeder Dienstleister dem Auftraggeber verpflichtet (= jeder einzelne zum BNP beitragende Bürger im Land). Und deshalb sind deren, im Grunde Verwaltungsanstrengungen nach ZEITLICHEM Aufwand zu entschädigen und nicht PROZENTUELL am, an den Nullen vor dem Kommma ausgerichteten, in den Computer eingetippten Zahlen! Genauso, wie ein Verkehrspolizist nach seinem zeitlichen Dienst an einer Kreuzung bezahlt wird und nicht nach Verkehrsaufkommen!
Doch womoglich hat die Zahl der Vernünftigen unter den Säkularen und die der ernsthaft Gläubigen unter den abrahamischen Religionen noch nicht das “kritische” Niveau erreicht, welches für die Umsetzung eines allgemeinen alten/neuen Paradigmas erforderlich ist.
Grossbanken: Anleger haben die Wahl!
Die Grossbanken zeigen exemplarisch,was passiert, wenn man der freien Marktwirtschaft freien Lauf lässt. Wem die Geschäfts- und Besoldungspraktiken der Grossbanken nicht passen, hat in der Schweiz diverse Alternativen. Dies gilt insbesondere auch für Unternehmen, Pensionskassen und andere institutionelle Anleger. Diese haben zudem den grösseren Einfluss auf das Geschäftsgebaren der Banken als Private.