Ein kluger Mann hat gesagt: „Das schlechte Gewissen ist eine Erinnerung an die Gebrauchsanleitung für unser Gehirn!“. Würden wir konsequent die Gebrauchsanleitung verwenden, gäbe es viele Probleme nicht – aber wer hat immer Zeit zum Blättern?
Philosophen und Psychologen befassten sich seit der Renaissance intensiv mit der Frage, was das Gewissen denn ist, wie die Grundmauern ethisch-moralischen Handelns gelegt werden und welche Auswirkungen dies für unsere Gesellschaft hat. Lawrence Kohlberg gilt als Begründer der modernen entwicklungspsychologischen Moralforschung. Als er 1955 seine Untersuchungen zum moralischen Urteil begann, sah er sich mit unhaltbaren Positionen konfrontiert, zu denen er eine radikale Gegenposition entwarf. Mittels Experimenten und Interviewstudien an allen Altersgruppen zeigte er, dass Moralentwicklung bewusst abläuft und niemals abgeschlossen ist. Moralentwicklung dauert ein Leben lang und durchläuft verschiedene Entwicklungsstadien. Im Mittelpunkt von Kohlberg‘s Theorie steht der Mensch, der nicht als blindes Gefühls-Produkt von Belohnungs- und Bestrafungsprozessen funktioniert, sondern als ein Wesen, das seine Vernunft einsetzt. Als ein Wesen, das in schwierigen Situationen unter Berufung auf Gründe handelt, die dieses Handeln rechtfertigen. Diese Gründe müssen für alle Menschen gelten, wenn sie moralisch gültig sein sollen.
Daraus ergab sich für ihn im politischen Sinne, dass Menschen, die in einer Gemeinschaft zusammenleben, immer wieder zwischen den eigenen Interessen und den Interessen anderer abwägen müssen. Wenn Menschen dabei zur Einsicht gelangen, dass sie den eigenen Interessen dienen, indem sie auch den Interessen der Anderen dienen – was als Blättern in der einleitend erwähnten Gebrauchsanweisung bezeichnet werden kann – dann kann sich die volle Leistungsfähigkeit einer Gesellschaft und Gerechtigkeit im gleichen Zusammenhang entfalten. Folgen Menschen ausschliesslich eigenen Interessen, dann werden sich Leistungskraft der Gesellschaft und Gerechtigkeit reduzieren. Doch blättern hierzulande die richtigen Menschen in ihrer Gebrauchsanleitung oder optimieren sie nur ihren Eigennutz?
In der Schweiz besitzen Wenige (1 %) gleichviel privates Vermögen wie der gesamte Rest (99 %) der Bevölkerung. Oft wurde das Vermögen dieser Wenigen ohne Eigenleistung, nur durch Erbschaften generiert. Durch das in vielen Kantonen unversteuerte Weitervererben dieser Vermögen an die direkten Nachkommen, steigt diese Vermögenskonzentration in den nächsten Jahren noch weiter an, was bei vielen Volkswirtschaftlern Besorgnis erregt:
Jährlich gehen rund 40 Milliarden Franken Vermögen durch Erbanfall in neue Hände über. Die höchsten Vermögen und damit auch die hohen Erbschaften werden überproportional wachsen. Gleichzeitig müssen immer weniger Erwerbstätige für die zahlreicher werdenden AHV-Rentner aufkommen. Um die AHV zu finanzieren, müssen die Beiträge der Arbeitnehmer und Arbeitgeber mittelfristig erhöht oder die Leistungen an die Rentner reduziert werden. Höhere Beiträge belasten die Arbeitseinkommen und schwächen die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen. Diese Entwicklung strapaziert zunehmend die Solidarität zwischen Jung und Alt. Dies ist für alle – die Reichen miteingeschlossen – eine sehr schädliche Entwicklung.
Die eidg. Initiative für eine Erbschafts- und Schenkungssteuerreform fordert, dass Erbschaften ab zwei Millionen im ganzen Land mit 20% besteuert werden, um dieser Vermögenskonzentration entgegenzuwirken. Da zwei Drittel der neu erhobenen SteuerDie Steuer ist eine öffentliche Abgabe und bildet die wicht... in die Kassen der AHV und ein Drittel den Kantonen zufliessen sollen, profitieren alle und nicht nur wenige. Vererbte Unternehmen und Landwirtschaftsbetriebe sind davon übrigens ausgenommen, oder es können Sonderregelungen angewendet werden.
Wie sich zeigte, sind viele Vermögende quasi „panikartig“ dabei, Schenkungen zu tätigen oder ihre Vermögenswerte schon zu Lebzeiten auf ihren Nachwuchs zu übertragen. Es ist auch zu erwarten, dass bei Zustandekommen dieser Initiative von der Gegenseite mit viel Geld wieder eine Neid- und Panik-Polemik losgetreten wird, um das Anliegen an der Urne zu „bodigen“. Bezüglich des Neidarguments bitte ich Sie, sich obige Argumente bezüglich schwindender Solidarität zwischen Jung und Alt durch den Kopf gehen zu lassen und erst dann ein Urteil zu fällen, wenn Sie gesehen haben, wem diese zusätzlichen Einnahmen zugutekommen. Bezüglich der Panikmache, dass Reiche ins Ausland abwandern: mit 20 % Besteuerung liegt die Schweiz besser im Rennen als Deutschland (30%), Frankreich (40%), Grossbritannien (40%) und die USA (49%, vorübergehend reduziert auf 28%). Hinzu kommt, dass andere, noch nicht genannte Länder bei Faktoren wie Stabilität, Sicherheit und Lebensqualität kaum mit unserem Land vergleichbar sind.
Neid- und Panikargumente sind klassische Formen, um von einem ethisch bedenklichen Zustand abzulenken. Dies ist aber durchschaubar. Mit Ihrem Ja zu dieser Initiative an der Urne helfen Sie mit, die Solidarität zwischen Jung und Alt zu erhalten und die Betroffenen dazu zu bringen, ein wenig in ihrer Gebrauchsanweisung zu blättern.
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Kommentare anzeigen Hide commentsHabe ich nicht gelesen,dass im Durchschnitt das Pro Kopf Vermögen in der CH Fr.360000.- beträgt!Somit ist etwas faul an den 1% die angeblich soviel besitzen,wie die restlichen 99 %.Den Rest Ihres Blog kann man sich schenken.Argumente von Solitdarität und Ethik kommen in jeder Form der Argumentation vor.Es ist ebenso unethisch,Vermögen,das jedes Jahr über die Vermögenssteuer versteuert wurde nochmals versteuern zu müssen,nur weil ein Besitzwechsel stattgefunden hat.
Und was nun am jetztigen Zustand ohne Erbschafts-Steuer ethisch “Bedenklich” sein soll,dass wissen wohl nuuur höhere Mächte.Ich kann deswegen immer noch sehr gut schlafen.Steuer zahlen ist okay!…wenn der Staat beginnt,den Leuten das Geld “wegzunehmen”…!!!!.…,ist das unappetitlich und eben sehr,sehr unethisch..!!
Sehr geehrter Herr Wolfensberger
Vielen Dank für Ihren Kommentar. Der von Ihnen genannte Wert ist ein Durchschnittswert und wie man einen Durchschnitt berechnet, brauche ich Ihnen nicht zu erklären. Was Sie als unappetitlich bezeichnen, kann ich nicht nachvollziehen. Wenn man mit den Einnahnen aus der Erschaftssteuer die AHV saniert, alte Leuten unterstützt, die geholfen haben den Wohlstand derer zu erarbeiten, die immer noch von einer Riesenerbschaft profitieren, dann sehe ich darin nichts Unappetitliches. Ich sehe auch nichts Unappetitliches darin, wenn mit den Einnahmen aus der Erbschaftssteuer eine zahlenmässig immer kleiner werdende erwerbstätige jüngere Generation von ihrem Auftrag entlastet wird, eine zahlenmässig immer grösser werdende ältere Generation im Ruhestand zu erhalten.
Ja Herr Krummenacher…!…..man hat hier per Massen-Einwanderung in den letzten ca.12 Jahren über 1 Mio.mehr Menschen angesiedelt.Da müsste nun eigentlich schon ein gewaltiger Schub an Mehr-Einnahmen vorhanden sein.Die AHV steht laut Zeitungs-Berichten im Moment auf sehr guten Füssen!Auch die Pensionskassen haben wieder Polster angehäuft,so das auf der Einnahmeseite bis auf Weiteres keine Sofortmaßnahmen nötig sind.Unsere Altersvorsorge gehört zur Besten weltweit!!Zusätzliche Forderungen sind mehr als nur unappetitlich,und unmoralisch dazu!..darum bleibe ich bei meinem NEIN..!
Geld hat nichts mit Moral zu tun.
Moral beginnt bei der Einstellung, beim Verhalten, bei einer Prägung usw. Unmoralische Menschen sind bei ärmeren Personen viel mehr zu finden, als beim höheren Mittelstand oder bei Reichen.
Das Geld gehört dem Volk, nicht dem Staat.
Wenn Sie 20 % Erbschaftssteuer verlangen, beispielsweise bei der Hayek-Familie. Wieviele Arbeitsplätze hätten in der Uhrenindustrie gestrichen werden müssen?????
Nieder mit der Erbschaftssteuerinitiative. Und zwar einstimmig.
Vielen Dank für Ihren Kommentar. Zu den darin aufgestellten Behauptungen bezüglich dem Verhältnis von Geld und Moral sowie sozialer Schicht und unmoralischen Menschen brauche ich mich nicht zu äussern.
Aber zum Hayek-Thema muss ich Ihnen mitteilen, dass es sich für Sie lohnen würde, den Initiativ-Text einmal zu lesen. Dann würden Sie sehen, dass bei der Vererbung von Unternehmen besondere Regeln gelten, die darauf abzielen, die Wirtschaftskraft der Unternehmen und damit auch die Arbeitsplätze zu erhalten.
Ja bei den liquiden Mitteln eines Eigentümers wollen Sie ansetzen. Genau dieses Geld, das für neue Investitionen bei Unternehmen vorhanden sein muss, wollen Sie 20 % Steuern eintreiben. Der Staat hat genug Geld. Dass beim Inventar besondere Regeln gelten sollen, dann ist es auch keine richtige Erbschaftsteuer. Bei einer Familie mit einem Haus und einer Zweitwohnung in den Bergen beginnt bereits schon der direkte Eingriff des Staates ins Eigentum eines nachfolgenden Begünstigten, bei dem die liquiden Mittel fehlen, um eine solche Steuer zu bezahlen. Das kann doch nicht Ihr Ernst sein. Mit dieser Erbschaftssteuer wollen Sie nur an den Privatbesitz des Bürgers, der nie mit der Justiz in Konflikt geraten ist, das Leben lang sich aktiv am Wohlstand unseres Landes beteiligt hat und sich für seine nächsten Generationen sorgt und kümmert.
Ich kenne viele Sozialhilfefälle, die kriminelle Handlungen tätigen und zwar immer öfters. Mit mir müssen Sie nicht über Moral sprechen.
Sehr richtig gesagt Herr Krummenacher. Hab dem fast nix beizufügen.
Vergessen sollte auch nicht dass viele Vermögen Reicher auf betrügerische Art und Weise erworben wurden – ich denke da mal den bekannten Blocher der ohne eigene Leistung betrügerisch zu einem Vermögen kam und nicht davor zurückschreckte den Schweizer Steuerzahler zu schädigen. Führte Firmen in die Verlustzone – hat aber vorher tächtig abkassiert – der Steuerzahler durfte dann für Kurzarbeit, entlassene Mitarbeiter , PensionskassenVerluste usw einspringen
Dieser ‘Fremdabgarnierungshaltung’ der SP ist tatsächlich nichts hinzuzufügen, denn die SP versucht hier, ihr Polit.-Süppchen der Fremdselbstbedienung an Vermögen per Ethik zu begründen. Vermögen, die die SP nicht erwirtschaftet hat, aber vorher x-mal versteuert worden sind.
Das ganze ist im Zusammenahng mit der gewerkschaftlichen INI zu sehen, die durchsetzen will, dass die AHV um 10% erhöht wird.
Da man das kaum über höhere AHV Abzüge via den Lohn finanzieren kann, schreitet man zur ethischen Selbstbedienung in SP Weise. Begründung: Stärkung der Sozialwerke, also auch der AHV! Das diese im Geld schwimmt, will also die SP genau WAS stärken??
Dass die AHV seit Jahren lediglich teuerungsangepasst wurde, aber noch nie eine Realerhöhung erfahren hat, jedenfalls nicht nach meinem Wissen, ist leider auch korrekt.
Würde aber die AHV jetzt um 10% nach oben durch Annahme der Gewerkschafts INI korrigiert, wäre der Generationenvertrag zw. Alt und Jung in Frage gestellt, denn viele Junge bekommen nicht mal die Teuerung!!
Man merkt, dieses Jahr sind wieder Wahlen, nebst dem Wahlen im Herbst finden auch weitere statt, Z.B in Luzern, bei dennen „zufälligerweise“ der Autor selber kandidiert.
Wie üblich für jeden Wahlkamp muss Werbung gemacht werden, da aber die SP mit den aktuell populären Themen „EU & Masseneinwanderung“ keinen Blumentopf gewinnen kann, setzt man stattessen halt auf die bekannten populistischen Neiddebatte. Da die SP ansonsten nichts anderes hat, schaut man gerne darüber hinweg, dass die eigenen Politiker, genau das tun, was man anpragert. Angefangen beim Ober-Kapitalismus-Überwinder Wermuth, der plötzlich nach der Wahl fand, rund 500`000CHF für den Teilzeitjob als Nationalrat sind zu wenig, oder SP“ Wasser predigen, Wein saufen„-Kiener-Nellen, welche nebst ihrem sehr speziellen Verständnis vom Mietrecht, auch eine äusserst interessante Interpretation von Steueroptimierung hat
Martin Krummenacher, SP,
Nein, ein ganz klares Nein.
Was ich arbeite und aufbaue, ist für meine Nachkommen bestimmt und nicht nicht für den Staat, der das Geld dann wieder irgend wo hin verschleudert.