1. Sonstiges

Erste Einschätzung «Smart City»-Strategie der Stadt Zürich

Die Stadt Zürich hat vor kur­zem ihre «S­mart Ci­ty­»-Stra­te­gie ver­öf­fent­licht.

Erster Eindruck: Solide Bestandsaufnahme und Fortschreibung, brauchbare Grundsätze und zweckmässige, wenn auch meist bekannte Projekte. Aber: wenig Revolutionäres und leider kein Wille zur Nachführung der historisch anmutenden Verwaltungsorganisati​on. Zu vieles soll im Rahmen einzelner (Querschnitts-) Projekte angegangen werden, zu wenig organisch angelegt sein. Aufbau- und Ablauforganisation lassen sich aber nicht unabhängig voneinander betrachten, wie man im 1. Semester BWL lernt.

Der Stadtrat will offensichtlich in der Komfortzone bleiben, obwohl er vom Gemeinderat einen klaren Auftrag zur Prüfung einer Verwaltungsreform erhalten hat. Lieber unterhält er eine «Smart-City-Steuergru​ppe», ein «Smart City Sounding Board», ein «Smart City Team», eine «AG Smart City Kommunikation», ein «Smart City Lab», eine «Innovationsbox zur Förderung von Mitarbeitenden», «Innovation Fellowships», ein Monitoring mit Berichterstattung und obendrauf zahllose Innovationsteams, Arbeitsgruppen und Projektgruppen – und dies alles departementsübergreif​end. Echt jetzt? Mit der eigenen Projektwebsite (auf die wir alle gewartet haben) zeigt der Stadtrat, dass Smart City vorerst ein separater Fremdkörper bleibt.

Bevor Abläufe im grossen Stil angepasst und damit neue Schnittstellen und neuer Overhead geschaffen werden, sollten die veralteten Strukturen optimiert werden – trotz oder gerade wegen des Neins zu “7 statt 9”. Denn «Smart City» ist nicht eine Anhäufung von Querschnittsprojekten​, sondern eine Organisationsform, die smarte Lösungen begünstigt, und auch eine Grundhaltung in der Verwaltung. Es sollte nicht parallel eine «smarte» City und eine «traditional» City geben. «Smart City» ist nicht etwas on top, sondern ersetzt Bestehendes und soll in der Summe mehr Nutzen pro Franken bringen.

Insgesamt wird weiter deutlich, dass die OIZ und Statistik Stadt Zürich von Querschnitts- und Randfunktionen in den Fokus der künftigen Verwaltungsentwicklun​g rücken werden. Braucht Zürich einen Digitalminister? Ich wüsste da schon einen geeigneten Stadtrat… @Michael Baumer

Auch die angedachten Handlungsfelder dürften Einfluss auf den bestellten Bericht zur Verwaltungsreorganisa​tion haben. Gehören umweltnahe Themen (exkl. Mobilität) nicht in ein Umweltdepartement – ohne Gesundheit? Gehört die ganze (alte und nachhaltige) Mobilität nicht in ein anderes? Wachsen Gesundheit, Soziales und Alter nicht immer mehr zusammen? Beliebig fortsetzbar.

Zum Thema integrierte Mobilität schreibt der Stadtrat in seiner Strategie beispielsweise: «Dazu braucht es ein abgestimmtes, strategisches Vorgehen der involvierten Dienstabteilungen.» Ja Herrgott, kommt denn wirklich niemand auf die Idee, zunächst die Anzahl involvierter Departemente und Dienstabteilungen zu reduzieren? Die Aufteilung von Mobilitätsfragen auf das Sicherheitsdepartemen​t, das TED und das DIB ist nämlich nicht gottgegeben.

Hier ein (unausgegorener!) Vorschlag, wie man ein Digitaldepartement schaffen und die Stadt schnittstellenärmer und «Smart City»-freundlicher aufstellen könnte:

  1. Digitales Servicedepartement (Service Center für die übrigen Departemente, umfassend OIZ, Statistik/OGD, Bevölkerungsamt, Datenschutz, smarte Partizipation, GIS/3D-Modell plus einem Intrapreneur/Future Lab) => ev. Stadtpräsidium
  2. Finanz​en (FD minus OIZ plus ev. IMMO plus Gleichstellung)
  3. Siche​rheit (minus DAV, plus …?)
  4. Gesundheit, Soziales und Alter (Spitäler, Alters- und Pflegezentren, Gesundheitsschutz, minus Umweltschutz)
  5. Umwelt (inkl. Wasser, EWZ, ERZ, Umweltschutz von GUD, Grün Stadt Zürich von TED, exkl. nachhaltige Mobilität)
  6. Stadtentwi​cklung und Bau (HBD, TED, Stadtentwicklung minus ERZ, minus Grün Stadt Zürich, minus Verkehrsteil TED und ev. minus IMMO)
  7. Mobilität (VBZ, Verkehrsteil TED, Taxi von SID, kleine Teile von UGZ, inkl. nachhaltige Mobilität)
  8. Schule und Betreuung (ähnlich wie heute, inkl. Krippenwesen, ev. exkl. Sport)
  9. Freizeit (Kultur, Sport)

Längerfristig wird man im Zusammenhang mit «Smart City» auch ernsthaft über neue Formen der demokratischen Partizipation nachdenken müssen. Heute scheint auch hier das Motto zu gelten, dass die alten Strukturen beibehalten und neue Instrumente hinzugefügt werden (siehe bspw. Neuregelung Zusammenarbeit mit Quartierorganisatione​n, Forderung nach Quartierbudgets, AusländerInnenbeirat etc.). So gerät das System aus dem bewährten Gleichgewicht und verursacht vor allem Kosten und Reibung – oder gaukelt Mitwirkung einfach vor. Wer Neues schaffen will, wird Altes hinterfragen müssen. Das muss mit Bedacht angegangen werden, denn hier wird der Kern unserer Konsensfindung tangiert.

Zur Finanzierung von «Smart City»: Die Projekte sollten im Wesentlichen durch Einsparungen (im Minimum Stellenstopp) in der Humanverwaltung finanziert werden. Das ergibt sich von selbst, wenn statt Querschnittsprojekten​ (mit eigenem Budget) eine smarte Organisation geschaffen wird, die Projekte evolutionär aus sich heraus entwickelt. Eben nicht «on top», sondern «anstatt».

Folgende bestehende Projekte können übrigens ebenso gut von Privaten erbracht werden:

  1. Kickstart Accelerator (Vernetzung mit Start-ups im Bereich Smart City)
  2. Sharing Modelle wie Züri Velo
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