Endlich soll die Schweiz als EU-Mitglied mitbestimmen können. Dieses primäre Argument der Beitrittsbefürworter ist allerdings einfach zu zerpflücken. Es ist vor allem in den Kontext zu stellen, wie viele Errungenschaften die Schweiz für den EU-Beitritt preisgeben müsste.
Da in den EU-Gremien die Vertretung nach Bevölkerungszahl gewichtet wird, stünden uns in etwa folgende dürftigen Beteiligungen zu: Im EU-Ministerrat, wo die Regierungen der Mitgliedsstaaten repräsentiert sind, und im Rat der Europäischen Union, bestehend aus den Staats- und Regierungschefs, bekäme die Schweiz jeweils ca. 2.9% Mitbestimmung. Weitaus düsterer sähe es im EU-Parlament aus, wo unsere Parlamentarier in Fraktionen von grün bis konservativ sitzen würden. Mit 2.1% Anteil hätte die Schweiz hier gar nichts zu sagen.
Der nur geringen Mitbestimmung in den EU-Institutionen steht indes ein herber Verlust vieler Schweizer und freisinniger Errungenschaften entgegen:
Mit einem Beitritt nach dem Lissaboner-Vertrag würde der Schweizer Franken wohl verschwinden, was den Finanzplatz enorm schwächen würde. In künftigen Krisen wäre es der Schweiz nicht mehr möglich, ihre volkswirtschaftliche Stabilität selber zu gestalten und den Euro zu stützen, wie sie es in der jüngsten Krise getan hat.
Europaweit will die Schweiz die tiefste MehrwertsteuerDie Mehrwertsteuer gehört zur Kategorie der [[Indirekte Ste... von ca. 6% einrichten um das Preisniveau tiefzuhalten und für Unternehmen attraktiv bleiben zu können. Als EU-Mitglied müsste der MWST-Satz jedoch auf zirka 15% mehr als verdoppelt werden.
Seit dem Vertrag von Lissabon besitzt die EU neu eine eigene Rechtspersönlichkeit und sogar eine gemeinsame verbindliche Sicherheits- und Aussenpolitik. Unter diesen Umständen wäre die Neutralität faktisch verloren. Die EU fordert von der Schweiz ausserdem den automatischen Nachvollzug von EU-Recht. Für ein Land, wo alles vom Stimmvolk entschieden wird ist das schlicht undenkbar. Die schweizerische Demokratie, ein europaweit viel beneidetes Prunkstück aus freisinniger Schmiede, ginge verloren.
Nicht zuletzt würde die Schweiz in der EU ein grosser Beitragszahler und deshalb zur Milchkuh Europas. Dank unserer SchuldenbremseDie Schuldenbremse besagt, dass der Staat mittelfristig kein... konnte die Schweiz als fast einziges Land im Krisenjahr 2009 einen positiven Rechnungsabschluss präsentieren, ein Umstand wo die Eidgenossenschaft Massstäbe setzte.
Den erfolgreichen bilateralen Weg zu verlassen wäre folglich eine absolute Sünde. Es ist nicht nur die Frage, was die EU der Schweiz bieten kann sondern vielmehr, was die Schweiz der EU bieten kann. Die Schweiz ist ein Leuchtturm für die EU. Und damit dieser weiterhin der EU den Weg weist, ist er nicht mit einem Beitritt zur EU zu versenken. Für die FDP.Die Liberalen ist deshalb klar: EU-Beitritt nein, bilateraler Weg ja.
www.cewe.ch
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Kommentare anzeigen Hide commentsSehr gut Herr Wasserfallen, Sie treffen den Nagel auf den Kopf.
In Österreich läuft derzeit eine Bürgerinitiative für einen EU-Austritt: Es ist zu hoffen, dass auch die Befürworter langsam erwachen und begreifen was wir alles aus der Hand geben würden.
Und unsere Politiker sollten endlich merken, dass wir uns nicht vergewaltigen lassen müssen. Auch die Schweiz verfügt über Druckmittel gegenüber der EU. Wir müssen diese nur anwenden. Die EU wird früher oder später auseinander fallen.
Richtig!!!!
Mittlerweile will ja auch Frankreich wieder die Franc
Gut gesprochen! Hoffen wir ihre Parteikollegen denken auch so (habe da meine berechtigten Zweifel, und solange die bestehen ist die FDP für mich unwählbar.)
100% richtig, Herr Wasserfallen! Eigentlich überraschend von einer FDP Mitglied…
Darum, wenn wir eine EU-Beitritt verhindern wollen, bleibt für mich nur eine wählbare Partei: Die SVP
Genau
Da die FDP eine glühende Missionarin für den EU-Beitritt im
Nationalrat hat, von der die sich kaum ein FDP-Mitglied distanziert, und auch ein FDP-Bundesratsmitglied als EU-Turbo
gilt, ist auch für mich nur die SVP wählbar.
Und jetzt übernehmen wir mit 0.0% Stimmenanteil EU-Recht.
Aber wir können unsere Wirtschaftspolitik, den Franke, die Demokratie usw. behalten. Dies alles für 2.1% bis 2.9% Anteil zu verscherbeln. Da bin ich nicht zu haben.
Aber wir übernehmen trotzdem fleissig EU-Vorschriften und wenden sie gleichzeitig noch pingeliger an als viele EU-Länder. Unsere Freiheit besteht darin autonom zu übernehmen. Klar müsste bei einer Mitgliedschaft noch mehr übernommen werden. Wir haben dabei einen schleichenden Souveränitätsverlust. Wohin uns führt das? Wie weit können wir als Nichtmitglied selbständig bleiben? Ich habe keine Ahnung. Nur, sind wir bereit den Preis dafür zu bezahlen? Z.Bsp könnte ich mir neue Importschranken für die Automobilzulieferindustrie vorstellen. Eine Verteuerung der Exporte um 10% würde genügen um die Produktion und damit die Arbeitsplätze ins Ausland zu verlagern. Zu welchen Konzessionen sind wir bereit um die Arbeitsplätze zu sichern? Gratis wird der Marktzugang ja nicht sein.
Neue Importschranken widersprächen klar den GATT und WTO Grundsätzen und Entwicklungen. Zudem ist die Schweiz innerhalb in der EU nicht irgendein Staat. Nein, wir sind einer der wichtigsten Handlespartner der EU. Die EU würde sich ins eigene FLeisch schneiden.
Haben wir schon mal erlebt, wie wir es der EU zeigten, damals bei den Fliegerlis über Zürich! Da haben wir aber schön eingeschaut! Und plötzlich wolte es keiner gewesen sein und man versuchte alle Schuld auf den damaligen Bundesrat abzuschieben. Klar, die EU ist total abhängig von uns! Lasst mal Wasserfallen ran (der schon mal sein Thema Atomstrom aus dem Netz genommen hat), dann gehen wir den Bach runter!
Von Ihnen hätte ich doch etwas mehr erwartet, Herr Wasserfallen. Wenn Sie die Politik des Bundesrates verfolgen würden, so hätten Sie von folgender Medienkonferenz Kenntnis und würden nicht irgendwelche Parolen propagieren, die eventuell gar nicht zur Anwendung kommen: http://www.tv.admin.ch/de/archiv?video_id=283
Es gilt, alle verfügbaren Optionen zu prüfen und DANN zu entscheiden! Die Arbeitsgruppe wird diesen Herbst eine hoffentlich verständliche Auflistung der Möglichkeiten präsentieren, damit wir – das Stimmvolk – bestmöglich entscheiden können. Bis jetzt habe ich den Eindruck, das der Bundesrat in Sachen EU sehr besonnen vorgeht und weitaus vernünftiger agiert als zum Beispiel die Volksvertreter.
Europa ist ein Gebilde, welches zwar mit guter Absicht gegründet wurde. Aber die inneren machtkäpfe, welche in Brüssel einerseits und zwischen den Regierungen andrerseits stattfinden, zeigen, dass die EU nicht in Richtung besserer demokratischer Rechte der Bürger geht, sondern von neoliberalen Kräften gesteuert wird. Beispiel: Sarkozy lässt EU-Bürger ausschaffen. Berlusconi lässt sich Gesetzte “zimmern”, damit er nicht ins Gefängnis muss. Irland, vor wenigen Jahren ein Vorzeigeland in Sachen Industrialisierung und Beschäftigung, ist bankrott. Warum? Weil internationale Konzerne sich in diesen Ländern tummeln und benehmen können, wie sie wollen. (Beispiel Nokia, welche nach zehn Jahren steuerfreier Produktion nach Rumänien gezogen ist, wo sie wiederum steuerfrei bleiben, und dann weiterziehen werden. Jetzt wird Irlands Bevölkerung unter der Geisel des IMF noch mehr ausgesogen.Das Volk hat nichts zu sagen. Island ist das Opfer der neoliberalen Wirtschaft geworden.
Noch ein Wort zur Demokratie in der EU: Während den Auseinandersetzungen um den Stuttgarter Bahnhof, sagte ein Bahnhofsgegner zur Frage der Mitsprache der Bevölkerung: “Wir möchten ja nur ein bisschen Schweiz!”.
Fazit für die Schweiz: Verträge mit der EU ja, aber kein Vollbeitritt.
Bravo, alles notwendige geschrieben.
Fragt sich aber sehr, was uns BR Bruckhalter als ‘Gesamtpaket’ à la Calmy früher dann zur Abstimmung vorlgen wird und was da alles untergejubelt wird. Ich sehe das nicht.
Sehr geehrter Herr Wasserfallen,
in dieser Frage haben Sie sich wieder einmal als Rechtgläubiger erwiesen. Könnten Sie das alles auch noch Ihrer Parteikollegin, Christa Markwalder auseinandersetzen?
@ Sehr richtig Christian Wasserfallen, es freut mich sehr, dass ein so junger Politiker noch so Vertand & Vernunft an den Tag bringt, was für die Zukunft einer weiterhin direkt demokratischen Schweiz mich nicht zweifeln lässt.
Sie müssten aber noch FDP-Bundespräsident Burkhalter von seinem “Calmy-Rey EU-Kurs” unbedingt abbringen, woran ich hierin schon meine berechtigten Zweifel habe, weil die Macht des Geldes eben stärker ist als alle guten Argumente.
Ihre Einstellung lässt für die Zukunft sicher hoffen, Merci, doch werde ich diesbezüglich trotzdem lieber die SVP wählen, die mir z.Zt. als einzige Partei willens und in der Lage zu sein scheint, eine souverände, direktdemokratische Schweiz aufrichtig & mit Elan auch zu verteidigen.
Im übrigen finde ich eine friedliche Vereinigung der Völker Europas richtig, nach dem grausamen Schlamassel & Massenmorden von zwei Weltkriegen mit insgesamt ca. 70 Millionen Toten, nur müsste dieses neue Europa unbedingt die direktdemokratischen Strukturen der Schweiz enthalten, also eine vergrösserte Schweiz sozusagen sein, weil nur diese Regierungsform auf Zeit Bestand hat, von unten nach oben. Wir müssen ja in der Schweiz schon verdammt auf der Hut sein, dass uns diese nicht kalt & heimlich weggenommen wird.
Die jetzige zentralistische EU-Regierungsstruktur von oben nach unten jedenfalls wird dem Verfall anheimfallen auf Zeit, wobei wir erste Anzeichen mit Englang/Schottland, Spanien/Katalanien, Norditalien ja bereits feststellen können. Auch alles sicher schlimme Folgen der Banken- & Finanzkriesen.
Die heutigen wahren Machtinhaber in der EU (ist mitnichten das Europa-Parlament, was ja nicht einmal Gesetze selber verabschieden kann), sondern das sind die EU-Kommissare (vgl. die Strukturen der damaligen Sowjetunion). Diese EU-Kommissare werden aber freiwillig ihre Macht natürlich kaum freiwillg sich stutzen lassen.
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Man kann niemals eine Revolution machen, um damit eine Demokratie zu gründen. Man muss eine Demokratie haben, um eine Revolution herbeiführen zu können.
Gilbert Keith Chesterton