In letz­ter Zeit hört man immer wie­der, dass die Schweiz ihre Gren­zen offen hal­ten muss, da sie einen Fachkräftemangel hat. Gleich­zei­tig wächst die al­ters­be­dingte Ar­beits­lo­sig­keit ab 50.
Wie passt dies zu­sam­men? Haben Per­so­nen ab 50 kein Wis­sen mehr, um in der heu­ti­gen Ar­beits­welt be­ste­hen zu können? Haben sich die Be­rufe so geändert, dass es nicht mehr möglich ist, diese Per­so­nen ohne Pro­bleme an einer neuen Stelle zu in­te­grie­ren? Lernt man heute in der Schule und an­sch­lies­send in der Lehre un­d/o­der Stu­dium so viel mehr oder neu­es, so dass nur junge Per­so­nen eine frei wer­dende Stelle be­set­zen können?

Ich schätze, dass der Hund anderswo vergraben liegt. Zwei mögliche Gründe sind hier zu nennen:
Als erstens das liebe Geld. Arbeiter möchten gerne einen guten Lohn und das zu recht. So wächst der Lohn mit der Erfahrung und mit dem Alter, so dass diese Fachkräfte automatisch teurer sind, doch entsprechend auch effizienter arbeiten. Leider können sie dieses Plus an einer neuen Stelle nicht anwenden und geraten so ins Hintertreffen gegenüber jüngeren Bewerbern.
Zusätzlich haben ältere Arbeitnehmer den Ruf, unflexibel zu sein und so notwendige Anpassungen nicht mehr übernehmen zu wollen oder zu können.
Um diesen Umstand zu mildern, müssten Gegenmassnahmen ergriffen werden. Da Betriebe vielfach übers Portemonnaie argumentieren, sollte über eine Lohnkurve nachgedacht werden, welche ab etwa 50 Jahren einsetzt. Ab diesem Zeitpunkt sind in vielen Familien die Kinder schon in der Ausbildung und dabei, das Elternhaus zu verlassen. Daher ist eine langsame Einkommensreduzierung​ besser verkraftbar und ermöglicht eine Anstellung, anstatt aufs Abstellgleis geschoben zu werden. Dazu kann man sich auf eine kommende Pensionierung, welche ebenfalls eine Einkommensreduktion darstellt, einstellen. Dem erwähnten Fachkräftemangel kann also mit der Beschäftigung von älteren Fachpersonen entgegen gewirkt werden. Dazu ist durch die Devise des ständigen Lernens sichergestellt, dass
diese Personen auch geistig noch fit sind und sich den neuen Anforderungen ihres Berufsumfeldes gut angleichen können.

Ein weiteres Problemfeld ist die Verakademisierung der Berufe, welche nach Titeln ruft, ohne deren praktischen Nutzen zu hinterfragen. Diese Unart wurde durch anglikanische Chefs gefördert, welche das Schweizer Bildungssystem nicht kennen und die Berufslehre daher nicht schätzen. Dieser Missstand wird durch die Internationalisierung​ noch weiter gefördert, wo nur ein Diplom etwas zählt, egal ob dieses mit rein theoretischem Lernen erworben wurde oder ob sich die Person auch praktisch bewährt hat. Vor allem im Lehr- oder Pflegebereich ist dies erschreckend sichtbar. Hier werden etwa Personen vom Kindergarten ausgeschlossen, welche zwar den pädagogischen Umgang mit Kindern beherrschen, doch nur rudimentäre Mathematik Kenntnisse aufweisen, und so nicht alle Prüfungen bestehen.
Viele erworbenen Kenntnisse werden zwar in der Praxis nicht benötigt, doch im Studium abgefragt, anstatt zu testen, ob die Personen der Belastung im Beruf standhalten können und dann fragt man sich, wieso es so viele Burnouts gibt.

Auch im Pflegebereich werden diplomierte Fachpersonen importiert, anstatt einheimische Personen zu beschäftigen. So fehlen diese in ihrem Heimatland und verdrängen gleichzeitig einheimische Bewerber.
Auch in diesem Bereich sehen wir, dass die Globalisierung nicht viele Vorteile, sondern vor allem gravierende Nachteile bringt. Durch die Verfügbarkeit von vielen günstigen Bewerbern werden einheimische Fachkräfte aus dem Markt gedrängt und belasten anschliessend die Arbeitslosen- und danach die Sozialkasse. Gleichzeitig kann die AHV und die Pensionskasse nicht mehr genügend gespeist werden und blutet weiter aus.

Diesem Umstand könnte mit oben genannten Massnahmen entgegen gewirkt werden, doch wie bei einer Alterserhöhung der AHV durch die gestiegene Lebenserwartung, braucht es auch hier den Willen jedes Einzelnen,
seinen Teil beizutragen und nicht einfach nach dem Motto “nach mir die Sintflut” zu handeln. Wir sehen Griechenland leiden und die Frage stellt sich, ob wir auch in diese Richtung steuern wollen oder ob wir bereit sind, das Steuer herumzureissen.

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Comments to: Fachkräftemangel?
  • August 27, 2015

    @ Exellenter Blog Herr Markus Grob, vielen Dank.

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  • August 27, 2015

    Die Arbeitslosenquote bei den über 50-jährigen liegt deutlich unter dem Durchschnitt. Im Juli 2015 lag die Gesamt-Arbeitslosenqu​ote bei 3.1%, die der 50-59-jährigen nur bei 2.9% (obwohl sie länger Taggeld beziehen). Dafür lag beispielsweise die Arbeitslosenquote bei den 25-29-jährigen bei 3.5%, die der 30-34-jährigen bei 3.9%.

    Es ist offensichtlich das das Fachwissen qualifizierter Bürger ab 50 durchaus noch auf Nachfrage stösst, und es ist nicht erklärbar warum gerade die über 50-jährigen bei Diskussionen über Arbeitslosigkeit immer als Haupt-Problemgruppe dargestellt werden.

    Ich selbst kenne einige Leute die arbeitslos waren, durchaus auch länger, und durchaus nicht nur ältere … für jeden könnte ich genaue Gründe dafür nennen, und keiner davon hat direkt was mit dem Alter zu tun. Ich selbst dagegen war sowohl mit 44 als auch mit 48 sehr erfolgreich auf Jobsuche. Wenn man sich aufgrund seines Alters bei der Jobsuche diskriminiert fühlt hat das oft eher mit der Selbstwahrnehmung als mit den tatsächlichen Umständen zu tun.

    Es braucht für immer qualifiziertere Berufe eine immer bessere und auch breitere Ausbildung. Ich selbst habe erlebt wie ein Chef dachte er gibt jemandem mit eher schwachem Schulabschluss eine Chance für eine qualifizierte Berufslehre … der arme Kerl ist bei den Anforderungen der Berufsschule in diesem speziellen Beruf völlig überfordert gewesen und massiv eingebrochen. Leider wachsen auch manche Leute mit Berufslehre irgendwann mal über ihre Ausbildung hinaus: der Handwerker zum Beispiel der sich mit guter Arbeit und Einsatzwillen irgendwann mal den Schritt zu einer eigenen Firma und Angestellten erlauben kann sieht sich plötzlich ganz neuen Anforderungen gegenüber: Verkauf, Kalkulation, Personalführung, Löhne. Leider scheitert so manche Existenz dann an diesen neuen Anforderungen.

    Auc​h um in den Teppichetagen grosser Unternehmen den Ausländeranteil zu drücken braucht es mehr Schweizer mit einem internationalen Studienabschluss und internationaler Berufserfahrung. Niemand in der Schweiz sollte sich wünschen das Schweizer in Zukunft hauptsächlich berufsgelehrtes Fussvolk für eine studierte Elite mit überwiegend Migrationshintergrund​ wird.

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    • Juli 19, 2021

      Guten Tag Herr Wagner

      Vielen Dank für Ihre Analyse. Ich habe als Aussendienstmitarbeit​er in verschiedenen Firmen zu tun und begegne dabei halt manchen älteren Personen, die man nach einer Rationalisierung abgeschoben hat und die jetzt im Sicherheitsdienst oder als Hauswart “gelandet” sind. Manche haben es als Chance gesehen und andere fühlen sich auf dem Abstellgleis.
      Ich selber habe nach der Sekundarschule eine Lehre als Maschinenmechaniker gemacht mit Berufsmatura. 3 Jahre später ein Informatikstudium an einer Fachhochschule und unterdessen arbeite ich als Software-Ingenieur.
      ​Das heutige Schweizer System ist extrem durchlässig und daher bevorzuge ich eine Lehre an Stelle des “ewigen” Studententums, das zwar viel Wissen vermittelt, doch dieses nie in der Praxis anwendet und Studenten anschliessend vielfach Schwierigkeiten haben, wenn die Theorie in der Praxis halt etwas anders aussieht.
      Auch auf den Teppichetagen kann man sich mit einem solchen Werdegang wohlfühlen, auch wenn ich selber diesen Weg bewusst ausgeschlagen habe, da ich gerne zur Arbeit gehen und nicht einfach einen “Job erledigen” möchte.
      Ich denke, dass es jedem mit Fleiss möglich ist, in einer (Schweizer) Firma Karriere zu machen. Natürlich hilft hier ein Ausland Aufenthalt, doch dies ist ein anderes Thema, auch wenn ich einen solchen jedem ans Herz legen möchte, um das Bewusstsein, wie schön wir es hier in der Schweiz haben, zu fördern.

      Mit freundlichem Gruss, Markus Grob Pantaleoni

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    • Juli 19, 2021

      @ Herr Pantaleoni,

      Sie schrieben richtig; “Das heutige Schweizer System ist extrem durchlässig und daher bevorzuge ich eine Lehre an Stelle des “ewigen” Studententums, das zwar viel Wissen vermittelt, doch dieses nie in der Praxis anwendet und Studenten anschliessend vielfach Schwierigkeiten haben, wenn die Theorie in der Praxis halt etwas anders aussieht.”

      Dies ist leider die Realität, die Dogmen der SP produzieren viel zu viele Psychiater, Psychologen, welche die Defekte ihrer falschen KITA Politik dann wieder bei den Kindern & Jugendlichen ausbügeln sollten, was aber natürlich nicht klappt. Von 3 neuen stellen entstehen bereits 2 beim Staat, somit haben wir am Schluss – sollte die SP weiterhin solch falsche Politik betreiben können – wieder den Kommunismus.

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    • Juli 19, 2021

      Herr Hottinger:

      Bitte belegen Sie die Behauptung das von 3 neuen Stellen 2 beim Staat entstehen. Welche Dogmen meinen Sie die Psychiater produzieren?

      Herr Pantaleoni:

      Studen​ten wissen das sie an der Universität nur theoretische Grundlagen erlernen. In der Betriebswirtschaft gibt es sogar einen speziellen Begriff dafür das Modelle nur eine vereinfachte Wirklichkeit abbilden: ceteris paribus (unter sonst gleichen Bedingungen/unter sonst gleichen Umständen). Praxiserfahrungen kommen dann über Praktika während des Studiums oder aber durch den Berufsalltag (Berufserfahrung). Und beim Aufbau von Berufserfahrung und Verständnis für Dinge den Beruf betreffend sind meiner Meinung nach theoretische Grundlagen nur förderlich.

      Im Endeffekt braucht es eine gesunde Mischung. Und viele Studierte stehen nicht im Wettbewerb zu jemandem mit einer Berufslehre, zum Beispiel nicht in Forschung und Lehre. Und die meisten sind auch nicht “ewige Studenten”, sondern schliessen ihr Studium innert nützlicher Frist ab.

      Sicher gibt es Menschen die mit zunehmendem Alter in weniger qualifizierte Jobs abgeschoben werden. Die Frage ist dann nur ob es tatsächlich am Alter liegt, oder eher dann doch an der Qualifikation. Ich habe das schon gesehen wie Menschen (nicht nur ältere) schlicht an neuen Anforderungen scheiterten die der Beruf mit sich brachte. Ich erinnere mich an einen Fall vor knapp 15 Jahren wo eine ältere Buchhalterin eingestellt wurde, die schon an der Nutzung von Excel scheiterte. Aber auch eine jüngere Frau die zwar Excel-Kenntnisse in die Bewerbungen schrieb, aber noch nicht mal wusste wie eine Summenformel aussieht. Die aber als sie länger arbeitslos war und ich ihr anbot Ihr Excel beizubringen sie immer meinte “dazu ist ja dann noch Zeit wenn ich das brauche”. Auch die Branche in der ich als Supporter und Trainer tätig bin war vor 25 Jahren noch zu 90% handwerklich, heute dagegen arbeitet man zu 70 – 80% digital. Auch hier scheitert so mancher. Mich hat 2008 (mit 44) eine Firma in der Westschweiz geradezu angefleht für sie zu arbeiten, ich wollte jedoch nicht weil ich kaum französisch spreche. Die Antwort war “lieber jemanden der kein französisch spricht, aber dafür in der Branche Berufserfahrung hat, als umgekehrt”. Diese Firma musste am Ende jemanden aus Frankreich einstellen, weil es sonst niemanden gab der passte.

      Ich denke, die meisten Firmen, gerade im Bereich KMU, würden gern einheimische, auch ältere Menschen einstellen. In meiner Firma sind Leute unter 40 deutlich unter dem Durchschnitt, und es hat einige über 50. In erster Linie müssen jedoch gerade KMU’s schauen das sie Leute einstellen welche den Job erledigen können, kaum eine KMU kann es sich leisten Menschen aus Goodwill “mit durchzuschleppen”.

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