1. Wirtschaft

Finanzplatzstrategie:​ Vorwärts in die Zukunft

Mit der „Strategie für einen steu­er­lich kon­for­men und wettbewerbsfähigen Finanzplatz“ hat Bundespräsidentin Eve­line Wid­mer-­Schlumpf der Fi­nanz­bran­che auf­ge­zeigt, wohin die Reise gehen soll. Für die Bran­che darf es dar­auf ei­gent­lich nur eine Ant­wort ge­ben: „Heisse will­kom­men, was Du nicht ver­hin­dern kannst.“ Diese chi­ne­si­sche Re­de­wen­dung darf aber – wenn auch zu­tref­fend – nicht die ein­zige Mo­ti­va­tion sein.

Als ich 1984 meine Banklehre begonnen hatte, war die Welt in vielerlei Hinsicht eine andere. Es war die Zeit, in der Bankmitarbeitende üblicherweise 10, 20, 30 Jahre beim gleichen Arbeitgeber angestellt blieben. Im Börsenhandel stand man im Kreis (Ringhandel), schrie sich gegenseitig Verständliches und Unverständliches zu und konnte/musste sich dabei gegenseitig in die Augen schauen. Ende Jahr gab es etwas, das man Gratifikation nannte.

Die Welt schien in Ordnung. Man kümmerte sich sorgfältig um die Wünsche der Kunden und hinterfragte wenig. Neue „innovative“ Produkte kamen und gingen. Dabei wurde kaum bemerkt, dass die Wertschöpfungskette zunehmend ins Ausland rutschte. Die Frage, ob und wie stark der Erfolg unseres Finanzplatzes mit dem Bankgeheimnis zu tun haben könnte, wurde am liebsten gar nicht gestellt.

Heute schauen sich einige suchend nach dem Bankgeheimnis um… – Nun, es ist noch da; aber irgendwie ist es nicht mehr das, was es früher mal war. Es soll die Privatsphäre der Kunden schützen; aber gleichzeitig sollen nur noch Kunden bedient werden, die nichts mehr zu verstecken haben… Und das alles sollen wir als Zukunftschance betrachten?

Ja, in der Tat sollten wir das; denn es soll wieder gelten, was vor Jahrzehnten schon einmal gegolten hat: Eine Bank lebt von den schlechten Geschäften, die sie unterlässt. – Die von Bundespräsidentin Eveline Widmer-Schlumpf aufgezeigte Strategie ist genau deshalb vernünftig und vielversprechend. Es lässt sich schlichtweg nicht erklären, warum beispielsweise die Schweiz als global bedeutender Finanzplatz nicht konsequent alle international gültigen Standards übernehmen sollte; nur wer das tut, kann dies auch glaubwürdig von anderen fordern. Und es lässt sich auch schlecht erklären, warum die Einhaltung internationaler Standards ein Wettbewerbsnachteil sein soll. „To be ethical, because it is profitable, is not ethical. – But ethical is profitable.”

Am Ende dieses Wegs werden wir – allen Unkenrufen zum Trotz – immer noch ein Bankgeheimnis haben. Eines, das die Privatsphäre derjenigen Kunden schützt, die schützenswert sind. Eines, das vom ständigen Vorwurf befreit sein wird, deliktisches Verhalten zu vertuschen. Sowohl im Ausland, wie auch im Inland..!

Dieser Weg mag für den Finanzplatz kein einfacher sein. Aber wer nichts verändern will, wird auch das verlieren, was er bewahren möchte… Die Branche sei hier gefordert, konstruktiv mitzuarbeiten. Und die Politik sei hier aufgefordert, den Finanzplatz auch mitarbeiten zu lassen. Nur in gemeinsamer Arbeit werden Lösungen erzielt, die breit abgestützt und in der Praxis vernünftig umgesetzt werden können. Und nur in der gemeinsamen Erarbeitung von Lösungen kann das gegenseitige Vertrauen wiederhergestellt werden.

 

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Comments to: Finanzplatzstrategie:​ Vorwärts in die Zukunft
  • Mai 16, 2012

    Sehr geehrter Herr Nationalrat,

    Wir wissen es schon, nämlich was Ihre Bundesrätin vorhat, und
    nun übernehmen Sie als erster die Vorhut der Propaganda für
    deren Intentionen. Tatsächlich will sie nicht ein gegenseitiges
    Vertra​uen „wiederherstellen“, sondern dieses gänzlich einebnen.
    Warum sagen Sie nicht ganz einfach heraus, dass sie anstrebt,
    den automatischen Informationsfluss auch im Inland einzurichten?
    Weshal​b soll die Schweiz einführen, was in Delaware, auf den
    Kanalinseln, in Singapur usw. noch lange nicht eingeführt wird, so dass
    die letzteren Finanzplätze nur gestärkt werden, der unsrige aber
    geschleift wird? Es ist nichts Unmoralisches darin zu sehen, wenn
    wir uns als Hort anbieten für Vermögenswerte, deren Besitzer in
    Ländern mit selbstverschuldeter Finanznot ungeheuerlich fiskalisch
    ausgeplündert werden; im Gegenteil: Auf diese Weise kann diesen
    Ländern ein Zeichen gesetzt werden, dass ihre Steuerbelastungen
    ni​cht beliebig hoch angesetzt werden können! Die bereits eingelei-
    teten Regelungen (z.B. Abkommen mit Deutschland) sind deshalb
    grundsätzlic​h verfehlt; sie sind aufs engste mit der unsäglichen
    Stümpere​i der Frau BR Widmer-Schlumpf verknüpft. Wie kommen Sie
    dazu, aus blossen politischen Ambitionen, aber wohl gegen Ihre
    eigene persönliche Meinung, einer Parteiräson nachzuleben, die
    einzig und allein von dieser Magistratin ausgeht?

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  • Mai 18, 2012

    Frau Widmers Strategie müsste heissen: “Vorwärts in die Zukunft zur Abschaffung des unabhängigen und neutralen Landes!”

    Meiner Meinung nach geht da ein trauriges Schauspiel ab, man steht nicht mehr zum Land und Volk, geht die Politik so weiter wird es unser Land in 20 Jahren nicht mehr geben.

    Fremde Richter, Beamte usw. sind mit diesen Abkommen eingeladen unser Land im Interesse der EU umzuformen, unsere Richter werden ihnen als Verfassungsrichter zudienen, es ist eigentlich zum Heulen!

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  • Mai 22, 2012

    Nun man kann leider nicht genug darauf hinweisen, dass bereits seit Ende der 90er Jahre systematisch versucht wird, den Bankenplatz Schweiz zu schwächen. Dazumals konnte sich die CH durch Ihre gute Vernetzung in wirtschaftlichen (und auch fragwürdig politischen Kreisen)sehr gut aus der Affäre ziehen.

    Jedoch hat sich die Hartnäckigkeit einiger Interessenverbände, meist gestützt von konkurrierenden Staaten mit Ihren Bankenplätzen (USA, UK, D)ausbezahlt. Der Druck auf die CH ist doch erstaunlich enorm, dies eben leider auch angesichts der völlig absurd wirkenden politischen Führung der Schweiz. Man wird den Eindruck nicht los, dass sich der Bundesrat und die Verwaltung hier gegenseitig ins Abseits manövrieren.

    Und dann kommt noch die immer wieder sehr amüsant auftretende Bankiervereinigung, welche Ihre Informationspolitik gegenüber früher doch sehr fragwürdig geändert hat. Herr Landolt, Sie wissen doch, wovon ich spreche?

    Viel Erfolg bei Ihrer Arbeit, bleiben Sie DEM Treu, der auch Ihnen vertraut;)

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  • Mai 22, 2012

    Hallo Herr Landolt, herzliche Gratulation zu Ihrer Wahl als BDP Präsident. Es steht Ihnen eine komplexe Aufgabe und eine grosse Herausforderung befor. Eher eine Meisterprüfung als ein Gesellenstück.

    Und nun zu Ihrem Beitrag, den ich mit Interesse gelesen habe, der aber auch ein gewisses Unverständis auftreten liess. Ihre Argumentation bauen Sie auf-fallend stark auf einer Verteidigungsstrategi​e auf, für BR EWS (für welche Ihre Partei den Steigbügel hielt, was bis dasto die einzige für die einen herausragende, für die anderen zweifelhafte Leistung der BDP ist), welche offensichtlich Mühe bekundet das Bankkunden-Geheimnis (und damit die Privat-sphäre) für den Finanzplatz Schweiz, gegen internationale Erpressungsversu-che,​ zu verteidigen.

    Als Banker wissen Sie, der Finanzplatz und dessen Funktionieren, hat in den letzten Jahrzehnten eine immer grössere Bedeutung erhalten für die Volkswirt-schaft unseres Landes, damit auch für die soziale und wirtschaftliche Leist-ungsfähigkeit zum Wohle seiner Bürger. Diese Entwicklung hin zum finanziel-len Dienstleister hat viele Gründe. Stabile Währung, sichere politische Ver-hältnisse, ein Finanzsystem das funktioniert und nicht zuletzt diskreter und vertraulicher Umgang mit den Kunden (Bankkunden-Geheimnis​). Letzteres spielt im Wettbewerb der internationalen Finanzplätze eine ganz besondere Rolle.

    Natürlich haben Sie recht, das Bankkunden-Geheimnis,​ wie so viel anderes im Bank- und Finanzgeschäft, hat sich verändert. Einerseits der Zweck (es wurde einmal ins Leben gerufen, um politisch, religiös und ethnisch verfolgte Men-schen zu schützen (also ein humanitärer Zweck), vor dem Zugriff diktatori-scher Machtapparate auf deren Vermögen. In den Jahrzehnten dazwischen, wurden ethisch-moralische Barrieren in unserer Gesellschaft, ganz besonders auch im Bank- und Finanzwesen, abgebaut. Das Bankkunden-Geheimnis wurde zuerst von den Bankern selber, in der Folge auch von den Bankkunden, für unlautere Geschäfte missbraucht (dazu gibt es einen ganzen Katalog von A, Abzockergeld bis Z, Zulu-Geld). Immer um solche unsauberen Geschäfte (Vergehen gegen Gesetze, Vorschriften, Treu und Glauben ua)zu tarnen und langfristig unter dem Deckel zu halten. Ein Missbrauch in erster Linie (und als Hauptverant-wortliche​) der Menschen die dafür Hand (und der Institutionen dahinter)boten um zusammen mit den Kunden, unrechtmässig finanzielle Vorteile zu erlangen.

    Diese Missbräuche haben periodisch politische Interventionen verursacht. Die Regierung und die Aufsichtsbehörde wurde dann gezwungen dagegen zu halten. Neue Gesetze und Vorschriften (Geldwäscherei, Despotengeld ua)wurden erlas-sen. Die Protagonisten dieser Szene (wo viel Geld ist, sind die Ganoven) wussten sich immer wieder “zu helfen”. Zusammen mit allen anderen Skandalen, welche in der Finanzindustrie, periodisch und in regelmössigen Abständen produziert wurden, ist möglicherweise “das Ende der Fahnenstange” erreicht.

    Ich selber bin für die uneingeschränkte Weiterführung des Bankkunden-Geheim-nis​ses. Dabei stellt sich zuerst die Frage, ob die Unternehmungen der Bank- und Finanzwirtschaft (nach dem Prinzip der uneingeschränkten Eigenverant-wortung),​ überhaupt in der Lage sind, diese Verantwortung wahr zu nehmen. Die Erfahrungen der Vergangenheit lassen daran zweifeln. Die Kontrollen durch den Gesetzgeber, und die Sanktionen müssten massiv verstärkt werden. Das gilt für bankinterne und externe Kontrollen. Auf einen Nenner gebracht, die periodi-schen, emotional geführten Debatten um das BKG, sind hausgemacht. Sie legen Zeugnis ab, dass die Unternehmungen der Finanzwirtschaft, nicht willens oder fähig sind, selbstreinigende Massnahmen durch zu setzen. Gleichzeitig zerstö-rerisch mit dem Markt umgehen, in welchem sie als Player tätig sind.

    Die hauptsächliche Ursache, weshalb das BKG immer mehr aufgeweicht werden muss, Animation zu Bankdatenklau besteht, in den Verhandlungen zu den Steuer-abkommen ein Klima des Misstrauens besteht, ist das Geschäftsgebahren der Finanzinstitute, im Umgang mit dem BKG.

    Als politischer Berater der UBS, müssen Sie sich überlegen, ob Sie nicht besser in Ihrer Bank einer diesbezüglich neuen Kultur das Wort reden, als Ihre BR EWS für eine Arbeit zu loben, welche mehr als einen Zweifel offen lässt.

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  • August 26, 2012

    EWS schreibt Liebesbriefe an Barroso die vor Unterwürfigkeit zerfliessen und dient ihm fortlaufend die Schweizer Übernahme von EU-Recht an. (Ww-Nr. 33/2012)
    Das ist durch keinerlei Zustimmung durch den schweizer Souverän legitimiert. Die Briefe waren geheim, der Deal läuft hinter unserem Rücken. Sowas bezeichnet man als versuchten Landesverrat, oder ? Diese Dokumente eines schleichenden Landesverrats sind nun seit einer Woche in der Presse frei zugänglich, aber keiner schreit auf – keiner nimmt es wahr. Klasse! Ein Land das solchen “Ausverkäufen” seiner verfassungsmässigen Rechte gelassen zusieht, oder es sich leistet, sie nicht zur Kenntnis zu nehmen und stattdessen lieber der kleinen Jubelchor-Partei einer BR zuhört, die auf genauso zweifelhafte Weise ins Bundeshaus gewandert ist wie ihr Zugpferdchen, hat es wohl einfach nicht verdient seine demokratische Eigenständigkeit zu behalten.

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    • Juli 19, 2021
    • Juli 19, 2021

      Warum peinlich? Die NZZ versucht hier das zu verharmlosen worin die Ww. Verrat riecht. Letzten Endes bleibt es immer eine Frage der Interpretation, die wiederum beeinflusst wird von der politischen Grundhaltung und dem in der Vergangenheit gewachsenen Misstrauen.
      Da hat es doch schon des öfteren gewaltige Unklarheiten in Vertragsinhalten gegeben (Steuerstreit z.b.) die für nachhaltige Auseinandersetzungen gesorgt haben – statt wie versprochen für Klarheit, Ruhe und Frieden. Ich habe den starken Verdacht, dass die “devoten” verbalen Verrenkungen unserer BR auch in der jetzt angesprochenen Frage wieder für politische Verwerfungen sorgen werden.

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