1. Sonstiges

Gedanken über die innenpolitischen Erdbeben der letzten Tage

Nach dem At­ten­tat in Paris ist die Be­trof­fen­heit gross. Nicht nur in der Stadt selbst, über Länder- und Re­li­gi­ons­gren­zen​ hin­weg ver­ur­teilte man die Tat. Die Tat, die im Namen einer Re­li­gion verübt wur­de. Ein Miss­brauch alter Verse um Machtansprüche zu le­gi­ti­mie­ren.

Der Anschlag traf unsere neuen europäischen Werte: Meinungsfreiheit und friedliches Zusammenleben. Was wir heute so vehement verteidigen war ein schmerzlicher Prozess, der Millionen von Menschenleben forderte. Nun forderten diese Werte leider weitere Leben. Die Frage die sich nun stellt ist: Wollen wir die Meinungsfreiheit und das friedliche Nebeneinander opfern, um sie scheinbar zu retten?

Beide Werte – Meinungsfreiheit und friedliches Zusammenleben – basieren auf dem Grundwert der Freiheit. Ohne Freiheit gibt es keine freie Meinungsäusserung. Es gibt auch kein friedliches Zusammenleben, denn wenn eine Person die Freiheit einer anderen einschränkt, so wird sich diese wehren müssen (oder sie gibt ihre Freiheit auf).

Die Freiheit ist jedoch bedroht in Europa. Die Werte, die wir so hoch halten, werden entweder missbraucht oder aber eingeschränkt. Die freie Meinungsäusserung hört dann auf, wenn eine Klage zu befürchten ist. Das friedliche Zusammenleben, wenn die Lebensumstände nicht genau den eigenen Entsprechen. Um diese Behauptungen zu unterlegen, jeweils kleine Beispiele:

Meinungsf​reiheit:

Die Meinungsäusserung gleicht einer „Carte Blanche“. Meinungen die klar die eigene Herrlichkeit und Überlegenheit zum Inhalt haben sind salonfähig geworden. Ob Satiriker, Politiker, oder Personen ohne „öffentliches Leben“, einige sehen in der eigenen Kultur oder in der eigenen Person die Überlegenheit gegenüber anderem. Dabei handelt es sich nicht um ein gesundes Mass von Narzissmus, wie sie wohl heute gang und gäbe ist. Es handelt sich auch nicht um eine sinnvolle Kritik. Es handelt sich oftmals eine Überkompensation der eigenen Angst. Wenn Satiriker – ohne Hintergrundwissen – Bücher lesen, diese deuten und dabei der Kritik ihrer Deutung ausweichen in der Hoffnung keine echten Antworten liefern zu müssen- dann handelt es sich nicht um Meinungsfreiheit sondern um eine Kompensation. Wenn faktenfreie Argumente dazu missbraucht werden. um latente (und berechtigte) Angst hochzuschaukeln statt aufzunehmen, dann handelt es sich nicht um eine Meinungsäusserung sondern um Manipulation. Wenn andere Lebensumstände (die keinem Schaden zufügen) nicht akzeptiert sondern als negative Andersartigkeit tituliert wird, statt den eigenen Horizont zu öffnen und bestmöglich zu integrieren (statt zu assimilieren), handelt es sich nicht um Meinungsfreiheit sondern um bewusste Ausgrenzung.

Friedli​ches Zusammenleben

Das friedliche Zusammenleben hat in Europa noch keine so lange Tradition. Europa war ein kultureller Schmelztegel der schon zu Zeiten der Antike durch Tod und Terror verwüstet wurde. Europa war der Kontinent der Juden- und Christenverfolgung. Auch der Islam war zu Zeiten des Mittelalters in Europa aktiv, bis er nach Afrika (durch Spanien und Portugal) zurückgedrängt wurde. Verfolgungen gehören also zur Geschichte der „ruhmreichen“ Europäer. Erst nach dem zweiten Weltkrieg, im Angesicht von Millionen von Opfern und unendlichem Leid, raffte sich Europa zu dem zusammen, was es heute ist. Ein Kontinent des friedlichen Zusammenlebens. Ein Kontinent der Freiheit. Ein Kontinent des Friedens. Doch dieses friedliche Zusammenleben ist schon immer auf wackligen Füssen gestanden. Die Demokratien helfen zwar dieses Zusammenleben zu stabilisieren, jedoch nur unter der Bedingung, dass die kritische Masse nicht erreicht wird. Denn auch Demokratien sind nicht vor Extremsituationen geschützt, so wenig wie der Bürger. Daher funktioniert eine Demokratie nur so lange, wie Ausgrenzungen und Hass in Grenzen gehalten werden kann. Denn Ausgrenzung führt zu Hass, und Hass führt zur Ausgrenzung. Diesem Teufelskreis kann nur durch Aufklärung begegnet werden. Aufklärung geht aber auch immer mit einer Horizonterweiterung einher.

Für alle, die sich ein friedliches Zusammenleben in Europa und damit auch in der Schweiz wünschen, möchte ich folgendes mitgeben:

Fakten schützen unser Zusammenleben, nicht Hass oder Ausgrenzung. Freiheit schützt unser Zusammenleben nicht Einschränkungen und Denunziantentum. Meinungsfreiheit schützt unser Zusammenleben, nicht Predigen von Geistlichen oder Politikern. Offenheit schützt unser Zusammenleben, nicht Isolation und Selbstüberschätzung.

Ich gedenke mit dieser Schrift an die Satiriker, die mit Humor auf Missstände aufmerksam machten, ohne die eigene Kultur besser dastehen zu lassen – und dafür mit dem Tod zahlten.

Nous sommes Charlie. Nous sommes Européens. Nous sommes humains. Tous.

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Comments to: Gedanken über die innenpolitischen Erdbeben der letzten Tage
  • Januar 13, 2015

    Ihre Betroffenheitsanalyse​​​, Herr Beining BDP, sucht am falschen Ende nach den Schuldigen.

    Wenn Sie Jene benennen wollen, die tatsächlich eigene Herrlichkeit und Überlegenheit als rigorose Ideologie der ganzen Welt aufzwingen wollen, dann sollten Sie nicht die Satiriker, Politiker oder normale Bürger des Narzissmus bezichtigen. Es gibt neben dem Rassenwahn keine andere Weltanschauung, welche die Überlegenheit der eigenen Bevölkerungsgruppe (abgegrenzt durch die Glaubenszugehörigkeit​​​) dermassen prioritär begreift wie der Islam.

    Nicht die Satire oder die Kritik am Islam sind der Grund für die Aggressionen der „Gläubigen“. Vielmehr sind Intoleranz und die Überlegenheits-Gesinn​​ung des Koran die Gründe für Satire und Kritik.
    Weder Possenreisser noch Meinungsäusserungen sind sinnvollerweise zu bekämpfen, denn das Problem liegt im intoleranten Koran!

    Ich kann nicht verstehen, wie schnell junge Menschen wie Sie heutzutage bereit sind, dem Druck auf die eigene, angestammte, gelebte und auch erfolgreiche Zivilisation und Freiheit nachzugeben. Wer sich vor der Gewalt duckt, entehrt sich vor allem vor sich selber. Friedliches Zusammenleben geht nämlich auch in Herrscher- und Sklavensystemen.

    F​​​riedlich vielleicht, aber sicher nicht frei.

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    • Juli 19, 2021

      Leider suchen Sie die Schuld für die Tragödie nicht bei den Attentätern sondern bei Ihrer Religion. Diese Denkweise ist höchst gefährlich. Ich will Sie daran erinnern, dass auch Christen und Juden morden. Und doch würden Sie nicht der Religion die Schuld dafür geben. Es sind die Menschen, die morden, Punkt. Welche Legitimation Mörder suchen ist zweitrangig, da zur Legitimation alle Werte missbraucht werden können (auch die Freiheit wurde schon zur Rechtfertigung von Macht und Mord missbraucht, und doch würden Sie die Freiheit nicht als Wurzel des Übels deklassieren).

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    • Juli 19, 2021

      Wollen Sie damit sagen, die Mörder, Herr Beining, von Paris, hätten auch gemordet, wenn es kein entsprechendes Dogma im Koran gäbe? Das anzunehmen ist naiv.

      Wenn Islamisten Morde verüben, dann nur darum weil sie im Koran dazu aufgefordert werden. Natürlich sind die einzelnen Menschen Ausführende des Verbrechens, aber sie selber sehen es als Auftrag und heldenhafte Tat zur Ehre ihres Glaubens. Sie empfinden es nicht als Unrecht denn ihr Tun entspricht den höchsten und einzigen Gesetzen die sie akzeptieren. Dem Koran und der Scharia.

      Etwas salopp ausgedrückt: Wenn Allah seinen Propheten anstatt der Anti-Ungläubigen-Befe​​hle hätte in den Koran schrieben lassen, die Milch sei das edelste Nahrungsmittel, dann würden wohl die Muslime längst die besten Käser der Welt stellen und nicht die brutalsten Attentäter.

      Wenn Sie nun versuchen, die Allah-akhbar-rufenden​​ Hebdo-Killer mit der Gleichstellung zu einem Attentat zugunsten der Freiheit zu verharmlosen, so ist das eine Art mutwillige Blindheit.

      Oder wollen Sie zum Beispiel die Hitler-Attentäter oder gar Willhelm Tell auf die gleiche Stufe stellen wie diese „Schergen Allahs“?

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    • Juli 19, 2021

      Sehr geehrter Herr Knall

      Leider spricht aus Ihnen entweder der blinde Hass, eine Eigenschaft die “Schergen” – wie sie so salopp sagen – mit Ihnen gemeinsam hätten, oder aber unreflektiertes Gewäsch.

      Ich weiss nicht was der Koran für Verse enthält, da ich Ihn nicht gelesen habe. Ich kenne jedoch die Bibel. Und die Bibel ist nicht das, was darin geschrieben ist, sondern das was wir hineininterpretieren.​ Und es gibt mehr als genug zu interpretieren: ein kleines “Schmakerl”:

      Und Mose ward zornig über die Hauptleute des Heeres, die Hauptleute über tausend und über hundert waren, die aus dem Heer und Streit kamen, 15 und sprach zu ihnen: Warum habt ihr alle Weiber leben lassen? 16 Siehe, haben nicht dieselben die Kinder Israel durch Bileams Rat abwendig gemacht, daß sie sich versündigten am HERRN über dem Peor und eine Plage der Gemeinde des HERRN widerfuhr? (4. Mose 25.1) (Offenbarung 2.14) 17 So erwürget nun alles, was männlich ist unter den Kindern, und alle Weiber, die Männer erkannt und beigelegen haben; (4. Buch Moses, Kapitel 31)

      Ich interpretiere diese “Erzählung” als eine Überlieferung damaliger Geschehnisse, nicht als “Anleitung” für den Mord an Männer, Frauen oder Kindern.

      Für mich ist eine Religion Trostspender und Hoffnungsgeber, nicht Hass auf andere. Damit teile ich sicherlich die Auffassung mit Millionen (oder gar Milliarden) von Christen und Moslems.

      Wenn Sie die Schuld im Koran sehen ist Ihnen leider nicht zu helfen. Ich würde sogar von einem gewissen Fundamentalismus ausgehen. Seinen Sie vernünftig! Seien Sie das, was eine Gesellschaft von Ihnen erwartet, oder gar Gott (welchen Sie auch haben):

      14,19 So sei nun gnädig der Missetat dieses Volks nach deiner grossen barmherzigkeit, wie du auch vergeben hast diesem Volk aus Ägypten bis hierher. (4. Buch Moses)

      PS: Das letzte Zitat stammt aus dem gleichen Buch Moses, wie das erste! Interpretieren sie!!!

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    • Juli 19, 2021

      Ich nehme an, Herr Beining, Sie haben noch so vieles nicht gelesen und erfahren, nicht nur den Koran.

      Es würde zu weit führen, Ihnen alle grundlegenden Unterschiede zwischen der Bibel und dem Koran zu wiederholen, nachdem ich Zahlreiche davon in den letzten Tagen hier gepostet habe. Weil sich aber viele Leute mit einem eigenen Blog zum gleichen Thema profilieren wollen, wiederholen sich mit der Zeit die immergleichen Behauptungen, obschon sie längst widerlegt sind.

      Mit dem pöbelhaften Anwurf des blinden Hasses laufen Sie bei mir ins Leere. Finden Sie denn den Begriff „Schergen“ für die Hebdo-Mörder tatsächlich zu hart?

      So wie Sie es beschreiben, interpretieren fast alle Christen die Erzählungen im Alten Testament als geschichtliche Überlieferungen damaliger Geschehnisse. Kein Christ glaubt, dass Moses gottähnlich sei oder dass das was er da zu seinen Hauptleuten gesagt haben soll, irgendwie eine Verpflichtung für ihn beinhalten würde.
      Christen halten sich in erster Linie an das Neue Testament, welches ihnen das Beispiel Jesu aufzeigt. Wenn Christen seine Lehre als Verpflichtung interpretieren, so ist das ein Glück und nicht eine Gefahr für die Menschen.

      Der Koran versteht sich demgegenüber als konkrete und direkte Weisung an alle Menschen. Die Anordnungen des Koran dürfen nicht interpretiert werden, sondern sind für jeden Muslim eigentlich verpflichtend. Wenn sich Muslime als gute Gläubige beweisen wollen, so sind sie gehalten, auch die kriegerischen und menschenverachtenden Suren-Befehle umzusetzen.

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