Die Gen­fe­rin Mme de Staël, 1766–1817, war die Toch­ter des Gen­fer Ban­kiers Jac­ques Ne­cker und einer Vau­doise und spielte eine sehr schwei­ze­ri­sche Rolle in der eu­ropäi­schen Po­li­tik Frank­reichs: Sie zog im Hin­ter­grund wich­tige Fä­den, und dies über meh­rere Re­gi­me­wech­sel hin­weg – von Louis XVI bis zum Sturz Na­po­le­ons. Auch brachte sie den Fran­zo­sen Den­ker wie Goe­the und Schil­ler, Kant, Hegel und Fichte nahe und gilt als Vor­läu­fe­rin der ver­glei­chen­den Li­te­ra­tur­wis­sen­​​​​​​​​​​schaft. Ihr meist­ge­le­se­nes Werk war De l’Allemagne. Es hatte Ein­fluss auf das Bild vie­ler Fran­zo­sen auf die Wahr­neh­mung Ös­ter­reichs und der Schweiz sowie der Fürs­tentü­mer im heu­ti­gen Deutschland.

Anne-Lou​​​​​​​​​ise-Germaine​​ Necker wuchs in Paris auf, wo ihr Vater eine Bank aufgebaut hatte und schliesslich Finanzminister und bis zur Revolution Regierungschef von Luis XVI wurde. Als Zehnjährige war sie erstmals länger in England. Schon früh versuchte sie sich literarisch. So verfasste sie mit zwölf Jahren eine Komödie. Fünfzehnjährig befasste sie sich eingehend mit Montesquieus De l’esprit des lois, das für ihre politische Orientierung bestimmend bleiben sollte. Im Salon der Mutter lernte die junge Frau zahlreiche Autoren der Aufklärung kennen. Über ihren Vater hatte sie früh Kontakt mit der Politik.

1786 heiratete die Zwanzigjährige den 17 Jahre älteren schwedischen Botschafter in Paris, Baron Erik Magnus Staël von Holstein, der schon acht (!) Jahre früher um ihre Hand angehalten hatte. Mme de Staël wurde von ihm am französischen Königshof eingeführt. Im Verlauf dieser Ehe gebar sie vier Kinder. Sie lebte aber oft fern von ihrem Gatten – auf längeren Reisen oder in der Verbannung. Bereits ab 1788 hatte sie einen ersten Geliebten, den Grafen Louis de Narbonne.

1789 sympathisierte Mme de Staël zunächst mit der französischen Revolut​​​​ion. Ihr Salon war ein Treffpunkt gemässigt​​​​​​er Revolutionäre, und grosse Teile der ersten Verfassung von 1791 wurden dort unter ihren Augen erarbeitet. Auch in der Folgezeit versuchte sie den Gang der Dinge mitzubestimmen. So nahm sie Einfluss auf Louis Narbonne, der 1790/91 Zeit wieder Kriegsminister war. Als die Revolution sich 1792 zunehmend radikalisierte und die Gemässigten ins politische Abseits und bald auch unter die Guillotine gerieten, versuchte Mme de Staël im Juli, die königliche Familie zur Flucht aus Paris zu bewegen, was die Königin jedoch ablehnte. Sie selbst floh im September ins Schloss Coppet. Dort beherbergte weitere politische Flüchtlinge. Im September 1793 setzte sie sich mit der Broschüre Réflexions sur le procès de la Reine vergeblich für Königin Marie-Ant​​​​​​​​​​oinette ein.​ Es folgten die Réflexions sur la paix, adressées à M. Pitt et aux Français.

Madame de Stael (1766-1817) befragte Napoleon Bonaparte (1769-1821) über die besten Frauen von Napoleon von Emile Marco de Saint-Hilaire, eingraviert von Bernard, Paris, 1843 von Jules David

 

1797 lernte Mme de Staël Napoleon Bonaparte kennen (Bild), der sich nach seinem siegreichen Italienfe​​​​​​​​​​ldzug anschi​c​k​t​e​,​ in die Politik einzusteigen, und den sie, zusammen mit ihrem damaligen Lebenspartner Constant, zunächst unterstützte. Gegenliebe allerdings erlangte sie nicht, und als sie sich 1798, bei einer anderen Begegnung, gegen eine Intervention Frankrei​​​​​​​​​​chs zugunste​n​ der Helvetischen Revolution aussprach,​​​​​​​​​​ wurde sie Napoleon endgültig unsympathisch. Sie bildete schliesslich einen der Eckpfeiler des Widerstandes gegen sein zunehmend diktatorisches Regime. Nun verbot ihr Napoleon den Aufenthalt in Paris.

1807 begann Mme de Staël ihr meistgelesenes und langfristig wirksamstes Buch De l’Allemagne. Dieses Buch wurde von der napoleonischen Zensur verboten und eingestampft, weil es den Franzosen ein stark idealisiertes Deutschland als Vorbild für das militaristische und zentralistische Frankreich zeigte. Es sollte nach 1815 jahrzehntelang die Sicht der französischen Eliten prägen. Die Bezeichnung Deutschlands als „Land der Dichter und Denker“ geht auf De l’Allemagne zurück.

D​​​​​​​​​​ie Jahre 1810–1812 verbrachte Mme de Staël überwiegend in Coppet, wo sie praktisch dauernd unter Hausarrest stand. Im Mai 1812 brach sie unerlaubt zu einer langen Reise auf, die sie offenbar als Propagandamission gegen Napoleon verstand. Sie besuchte in dieser Mission Österreich, Russland, Schweden und England. Nach der Abdankung Napoleons kehrte Mme de Staël sofort nach Paris zurück, wo sie wie eine Fürstin Hof hielt. Die Hundert Tage Napoleons vom März bis Juni 1815 verbrachte Mme de Staël wieder einmal in Coppet. Im September ging sie nach Paris zurück und schloss sich demonstrativ dem neuen König Ludwig XVIII. an. Zum Dank erhielt sie von ihm die zwei Millionen Francs erstattet, die Ludwig XVI. während der Revolutionszeit von ihrer Familie erhalten hatte. Im Februar 1817 erlitt die umtriebige Politikerin und Autorin, knapp 51-jährig, in Paris einen Schlaganfall, der zu ihrem Tod führte.

Besonders auch für die Eidgenossenschaft nach Napoleon hat Mme de Staël vieles bewirkt. Aber sie kommt in der Schweizer Geschichte nicht vor. Das muss geändert werden.

 

 

 

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