1. Aussenpolitik

Grenzgängerabkommen mit Italien

Das Grenzgängerabkommen ist überholt.

Das Tessin leidet unter den 60’000 Grenzgängern, das hat auch mit der PFZ zu tun, die diese begünstigen. Das Grenzgängerabkommen mit Italien (1974) jedoch ist massgebend verantwortlich für das Lohndumping im Tessin. Dieses Problem wird durch die angenommene Initiative gegen Masseneinwanderung nur am Rande gelöst. So ist auch verständlich, dass Genf und Basel nicht das gleiche Problem mit den Grenzgängern haben. Das Grenzgängerabkommen mit Italien ist ein Unikum , betrifft das Tessin und muss schnell neu überarbeitet werden. Es hat keinen Sinn nach Schuldigen zu suchen, wer jenes erarbeitet und zu verantworten hat. Zu jener Zeit sah wahrscheinlich die Situation anders aus. Verträge müssen geändert werden, wenn sich Voraussetzungen ändern. Das bilaterale Abkommen mit Italien (nicht mit EU) wurde 1974 abgeschlossen. Es schreibt vor, dass Grenzgänger aus Italien nur in der Schweiz besteuert werden. 38.8 % muss die Schweiz an die Kommunen in Italien rückvergüten. Dadurch zahlen die Grenzgänger nur etwa halb soviel Steuern, wie sie in Italien entrichten müssten. Das macht das Arbeiten für Italiener im Tessin attraktiv.

Im Tessin gibt es viele Arbeitgeber, die das Lohndumping mitmachen. Das ist kurzsichtig, weil sie vergessen in die Zukunft zu investieren. Diese Betriebe sind langfristig auf der schlechten Seite. Sollte der Euro aufgewertet werden, werden die Grenzgänger wegbleiben. Viel besser wäre es in die Qualität zu investieren und statt der immens grossen Parkarealen bei den Fabriken einen Transportdienst einzurichten (ab Schweizer Grenze). Der Verkehr kollabiert in den Grenzregionen morgens und abends. Die Betriebe selbst leiden auch unter dem Verkehrschaos (Lieferungen).

Dem Bundesrat ist sicher klar, dass dieser Grenzgängervertrag geändert werden muss, aber er macht keinen Schritt in diese Richtung. Er schiebt rechtliche Bedenken vor. Es ist klar, dass Italien diesen Vertrag beibehalten möchte. Die Schweiz ist aber schlecht beraten, wenn sie an solchen gegenseitigen Abkommen festhält. Jeder Vertrag ist kündbar. Politisch denken wäre hier eher angesagt, denn juristische Bedenken. 

Der Bundesrat, wenn er nicht dieses Grenzgängerabkommen neu verhandelt, zwingt die Tessiner Regierung zum Handeln. Sie wird eventuell wieder Geld, das sie an Italien überweisen müsste, zurückbehalten. Das würde jedoch mehr Probleme verursachen als eine Kündigung des Abkommens.

Ich ersuche alle Bundesräte, Ständeräte und Nationalräte diesen Schritt in Angriff zu nehmen. Warten Sie nicht ab und legen juristische Bedenken beiseite, investieren Sie in unsere Bevölkerung.

Personen haben auf diesen Beitrag kommentiert.
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Comments to: Grenzgängerabkommen mit Italien
  • Februar 14, 2017

    Herr Jossi, nicht nur das Tessin leidet unter Grenzgängern, auch die Region Basel tut es. Da leiden aber vorwiegend die Lörracher. Durch das höhere Einkommen der Grenzgänger und auch durch den CH-Einkaufstourismus,​ sind Preise und Mieten in Lörrach derart gestiegen, dass Lörrqacher, die ihren Zahltag nicht in der Schweiz erhalten, in Schwierigkeiten gekommen sind. Ich überelge mir, wie man dieses asoziale Grenzgängertum zumindest einschränken könnte und bin zu folgendem Gedankengang gekommen: Wie Sie vielleicht wissen, soll das Bedingungslose Grundeinkommen nur an legal in der Schweiz lebende Menschen ausbezahlt werden. Ausserdem würde das BGE vom Lohn abgezogen. Grenzgänger leben nicht in der Schweiz, hätten also keinen Anspruch auf das BGE und die Arbeitsgeber müssten den vollen Lohn zahlen. Selbst bei Dumpinglöhnen wäre dieser immer noch höher, als bei normalem Lohn minus BGE. Ich denke, da würden die Arbeitsgeber schnell auf Inländer zurückgreifen. Was halten Sie davon?

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    • Juli 19, 2021

      Erstmal, Frau Votava, ist das BGE eine reine Fiktion, die in gewissen Köpfen herumschwirrt, aber keine Realität.

      Zweitens​ wäre eine Beschränkung auf legal in der Schweiz Lebende sicher nicht möglich, weil Ausländer nicht “diskriminiert” werden dürften.

      Die Argumentation wäre genau dieselbe wie beim soganannten “Inländervorrang” als “Umsetzung der Verfassung betreffend Zuwanderung”, der ebenfalls für sämtliche EU-Bürger gilt.

      Sowohl das BGE wie auch die Hoffnung auf eine Inländerbevorzugung sind unhaltbare Fantasien.

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