1. Sonstiges

GroKo – Lagebeurteilung – geht auch uns an!

Knappe Zu­stim­mung der Sozialdemokraten:

noc​​h nichts ist in trockenen Tüchern!

Inhalt:

1)​​​ So reagiert die europäische Presse

2) Nachbesserungswünsche​​​ – Bei diesen drei Knackpunkten will die SPD nachverhandeln

3) Guten Morgen, liebe Leserinnen und Leser: Partei am Boden, Land wohlauf. Glückauf!

1) So reagiert die europäische Presse

„t-online.de“ vom Montag, den 22.01.2018, 12:38 Uhr | dpa, jmt

Link:

http://www.​​​t-online.de/nachric​h​t​en/deutschland/bu​nd​es​tagswahl/id_830​914​74/​pressestimmen​-zum​-spd​-sonderpart​eitag​.html​

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SCHWEIZ

“Tages-Anzeiger”: “Das knappe Ja hat die SPD nun nicht etwa erlöst, sondern fast in der Mitte gespalten. Der Widerwille gegen eine erneute Große Koalition war so groß, dass das Ja fast wie ein Nein klang.”

“Basler Zeitung”: “Schulz gab sich unendlich Mühe, leidenschaftlich zu sein, aber er wirkte phasenweise wie ein Marktschreier, dessen Worte den Wert seiner Ware überstiegen. (…) Die Partei bleibt ein Patient, der nicht weiß, wie er gesund werden soll.”

FRANKREICH

“Le Républicain Lorrain”: “Noch bevor es an den Start geht, scheint das wahrscheinlich zukünftige Tandem Merkel-Schulz schon geschwächt. Beide haben ihren Kopf gerade so gerettet, obwohl die Wahl im Herbst weder für die CDU/CSU noch für die SPD ein Triumph war. Und auch heute sind sie noch nicht aus dem Schneider.”

ÖSTERREIC​​​H

“Der Standard”: “Da sage noch mal einer, Politik sei eine langweilige, weil ohnehin abgekartete, Sache. Mitnichten. Der SPD-Parteitag hat den Beweis geliefert. (…) Doch diese Lehrstunde in Sachen innerparteilicher Demokratie hat ihren Preis, und der war Parteichef Martin Schulz und seiner engsten Mitstreiterin, Fraktionschefin Andrea Nahles, trotz des Aufatmens anzusehen.”

ITALIEN

“La Repubblica”: “Nach einem schwierigen Tag (…) ist es nicht übertrieben zu sagen, dass die 600 Delegierten für die Zukunft Europas gestimmt haben.”

“Corriere della Sera”: “Die gespaltene SPD hat Merkel gerettet (…). Und Schulz sieht nach dieser Kraftprobe nicht besonders gut aus. (…) Der D-Day der Sozialdemokraten hat die Erwartungen zumindest in Hinblick auf die dramatische Spannung und die politische Leidenschaft nicht enttäuscht. (…) Am Ende setzte sich die Parteidisziplin durch.”

GROSSBRITANNI​​​EN

“Guardian”: “Als Schulz sagte, er habe am Samstag einen Anruf des französischen Präsidenten Emmanuel Macron erhalten, ging ein sarkastisches Seufzen durch einige Ecken des Saales. Viele SPD-Mitglieder hätten es gern, dass ihre Partei eine offen linksorientierte Politik wie jene des britischen Labourführers Jeremy Corbyn verfolgt, statt dem Beispiel des zentristischen Präsidenten Frankreichs zu folgen.”

“The Telegraph”: “Die unter Qualen getroffene Entscheidung der SPD, Koalitionsverhandlung​​​en mit der konservativen CDU von Bundeskanzlerin Angela Merkel zu führen, ist sehr wichtig – für Deutschland, für die Europäische Union und für den Brexit (…) Für die EU bedeutet das ein starkes, neues europafreundliches Programm, das Musik in den Ohren des französischen Präsidenten Emmanuel Macron sein wird.”

NIEDERLANDE

“NRC Handelsblad”: “Mit dem Abstimmungsergebnis des Parteitages ist auch deutlich geworden, dass die SPD unter einem geschwächten Martin Schulz eine gespaltene Partei ist. Das ist nicht gerade eine gute Nachricht, wenn es um eine stabile Mehrheitsregierung geht.”

RUSSLAND

“Nesawissimaja Gaseta”: “Es war zu erwarten: Der Sonderparteitag der SPD konnte den schwelenden Brand der Krise nicht zum Erlöschen bringen. Er zeigte nämlich die außergewöhnlich scharfe, widersprüchliche und politisch unverständliche Situation, in der die Hauptakteure alles dorthin lenken, wohin sie wollen. (…) Sie haben den Vorsatz gefasst, die große Koalition gegen das Urteil der Wähler wieder neu zu schaffen.”

SPANIEN

“El País”: “Dies ist eine gute Nachricht, die Stabilität für den Motor der EU verspricht, in einem Moment, in dem diese so komplizierte Dinge wie den Brexit und die Vertiefung der Wirtschafts- und Währungsunion angehen muss.”

“El Mundo”: “Die deutsche Wirtschaft hat weiter eine gesunde Wachstumsrate und die Arbeitslosigkeit ist auf ein beneidenswertes Niveau gefallen. Aber das Land braucht Stabilität und muss aus der politischen Sackgasse heraus, um diesen Kurs zu halten. Wir wissen, dass die europäische Lokom​​​otive mit voller Leistung fahren muss, damit alle Waggons der EU gut laufen können. Deshalb lässt die gestrige Entscheidung des SPD-​​​Parteitages aufatmen.”

BELGIEN

“De Tijd”: “Ein Versagen können sich die Parteien nicht leisten, denn ein Misslingen würde Neuwahlen bedeuten. Und das hat es in der jüngeren deutschen Geschichte noch nicht gegeben. Darum wird verhandelt werden, bis letztendlich jemand den Stecker zieht. Oder bis ein Kompromiss gefunden wurde.”

POLEN

“Gazeta​​​ Wyborcza”: “Doch die SPD beendet den Parteitag als eine zerrissene Partei. Um die Skeptiker zu überzeugen, wird (Martin) Schulz nun das Programm und die Verteilung der Ämter im neuen Kabinett scharf verhandeln müssen, um ihre Erwartungen zu erfüllen.”

2) Nachbesserungswünsche​​​ –

Bei diesen drei Knackpunkten will die SPD nachverhandeln

„t-onl​​​ine.de“ vom Montag, den 22.01.2018, 16:17 Uhr | dpa, rok

Link:

http://www.​​​t-online.de/nachric​h​t​en/deutschland/pa​rt​ei​en/id_83095144/​son​die​rungsnachbess​erun​gen-​die-drei-sp​d-kna​ckpun​kte.html

Foto:

„Angel​a Merkel und Martin Schulz: Der SPD-Chef will in den Koalitionsverhandlung​​​en einige Nachbesserungen des Sondierungspapiers. (Quelle: Kay Nietfeld/dpa)“

Die Sondierungen mit der Union haben aus Sicht der SPD nur unzureichende Ergebnisse eingebracht. “Wir wollen weitere Fortschritte”, heißt es in dem Beschluss des SPD-Parteitags. Führende Unionsvertreter haben deutlich gemacht, dass sie an Grundentscheidungen nicht rütteln lassen, aber über Details noch einmal reden wollen.

Hier Szenarien zu den Nachbesserungswünsche​​​n der SPD:

a) Sachgrundlose Befristung

SPD-Forde​​​rungen: Die Abschaffung der sachgrundlosen Befristung, die Einschränkung der Sachgründe für Befristungen sowie die Begrenzung von Befristungsketten.

La​​​ge: 8,5 Prozent der abhängig Beschäftigten ab 25 waren zuletzt befristet beschäftigt, rund 2,8 Millionen. Mehr als jeder Dritte arbeitet unfreiwillig befristet. Die Arbeitgeber betonen: Mehr als zwei Drittel erhielten eine Anschlussbeschäftigun​​​g. Oft betroffen: Hilfsarbei​​​ter, Menschen ohne Ausbildung sowie Ausländer.

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Drei Arten von Befristungen ohne Sachgrund gibt es: Befristung bis zu zwei Jahren, Befristung in den ersten vier Jahren nach Gründung eines Unternehmens und Befristung bei über 52-jährigen zuvor Arbeitslosen.

Szenari​​​en: Der SPD geht es vor allem darum, unbefristete Jobs für Berufseinsteiger wieder zur Regel zu machen. Dass die so genannten Sachgründe in großem Stil zusammengestrichen werden, erscheint aber als wenig wahrscheinlich. Und wie es mit den sachgrundlosen Befristungen weitergeht, ist schwer vorauszusehen. Die Wirtschaft trommelt gegen weniger Flexibilität auf dem Jobmarkt. Der Vizechef der CDU-Sozialausschüsse,​​​ Christian Bäumler, meint aber: “Viele Anhänger der Unionsparteien sind für eine Einschränkung befristeter Arbeitsverträge.” Eine von CDU-Vize Julia Klöckner ins Spiel gebrachte Änderungen nur für den öffentlichen Dienst dürfte nur schwer per Gesetz umsetzbar sein, denn dieses unterscheidet im Grundsatz nicht zwischen Arten von Arbeitgebern beziehungsweise Branchen.


b) Zwei Klassen-Medizin

SPD-Forderung: Versorgung nach dem Bedarf der Patienten statt nach ihrem Versicherungsstatus, eine gerechtere Honorarordnung, die Öffnung der gesetzlichen Krankenversicherung für Beamte.

Lage: Wegen der höheren Arzthonorare für Privatpatienten bekommen diese in der Regel bevorzugt Termine vor allem bei Fachärzten. Für privat und gesetzlich Versicherte gelten unterschiedliche Honorarsysteme (GOÄ beziehungsweise EBM). Besonders attraktiv sind die Privatkassen für Beamten. Diese erhalten vom Dienstherrn 50 bis 80 Prozent der Behandlungskosten als Beihilfe. Für den Rest müssen sie eine private Police abschließen, für sie gibt es günstige Tarife.

Szenarien: Di​​​e SPD-Bürgerversicherun​​​g mit genereller Wechseloption von einer privaten in eine gesetzliche Kasse und gesetzlicher Absicherung aller Neuversicherten scheiterte an der Union. Kaum denkbar, dass sie nun durch die Hintertür kommt. Offen sind die gesetzlichen Kassen für Beamte bereits heute, doch zahlt der Dienstherr den Arbeitgeberanteil nicht. Für Aufsehen hat zuletzt Hamburg gesorgt: Als erstes Land öffnet es ihren Beamten die gesetzliche Krankenversicherung – sie sollen per pauschaler Beihilfe den hälftigen Beitrag auch zu einer gesetzlichen Kasse bekommen. In der Union hatte es bereits Überlegungen gegeben, etwa besonders kinderreichen Beamten einen Zuschuss zu ermöglichen. Kompromisse sind hier denkbar. Schwierig ist eine grundsätzliche Reform bei den Arzthonoraren – die unterschiedlichen Systeme sind kompliziert, über eine Reform der veralteten GOÄ verhandeln private Krankenversicherung und Ärzteschaft seit Jahren. Für die regelmäßigen Honorarverhandlungen von gesetzlichen Kassen und Ärzten kann der Gesetzgeber aber Vorgaben machen, wie in der Vergangenheit, als festgelegt wurde, dass das Honorar steigt, wenn die Bevölkerung kränker wird. Hier könnte eine GroKo ansetzen. In Kliniken gibt es bereits gleich hohe Pauschalen für gesetzlich und privat Versicherte, letztere bekommen Zuschläge für Einzelzimmer und Chefarztbehandlung.


c) Familiennachzug

SPD-Forderung: Eine weitergehende Härtefallregelung für den Familiennachzug, um Familien das Zusammenleben zu ermöglichen.

Lage: De​​​r Nachzug von Angehörigen von Flüchtlingen mit eingeschränktem Schutzstatus ist vom 17. März 2016 bis zum 16. März 2018 ausgesetzt worden, während die anderen anerkannten Flüchtlinge ihre Familien weiter nachholen konnten. Die Union warnt, bis zu 300 000 Angehörige könnten ein Visum beantragen – andere Schätzungen gehen nur von 70 000 bis 80 000 Angehörigen aus. In den ersten neun Monaten 2017 wurde 86 121 Asylbewerbern nur subsidiärer Schutz gewährt.

Szenarien: L​​​aut Sondierung soll der Zuzug von Flüchtlingen die Zahl von 180.000 bis 220.000 pro Jahr nicht überschreiten. Der Familiennachzug soll eng begrenzt werden – auf 1000 Menschen pro Monat. Die Union hat bereits am Freitag einen Gesetzentwurf ins Parlament eingebracht, nach dem der Familiennachzug bis zu einer Neuregelung ausgesetzt bleiben soll. Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) zeigte sich im Deutschlandfunk im Detail bereit zum Verhandeln: “”Härtefa​​​ll” heißt ja wirklich in einem ganz engen begrenzten Maße für diejenigen, die in allergrößter Not sind, Fälle, wo man sich vorstellen kann, dass jemand schwer erkrankt ist oder ähnliche Sachen.” Kompromisse sind denkbar.

Quelle: 
- dpa

3) Guten Morgen, liebe Leserinnen und Leser:

Partei am Boden, Land wohlauf. Glückauf!

„t-online.d​​​e“ vom Montag, den 22. Januar 2018, von Florian Harms;

Link: http://www.t-online.d​​​e/nachrichten/id_82​7​9​3132/tagesanbruch​-p​ar​tei-am-boden-la​nd-​woh​lauf-glueckau​f.ht​ml

(​Quelle: AP)

Ganz Deutschland spricht über die SPD – wann hat es das zuletzt gegeben? Unter Schröder? Brandt? In normalen Zeiten wäre dieses Maß an Aufmerksamkeit ein Geschenk für die Sozialdemokraten. Aber die Zeiten sind nicht normal, und was wir auf dem gestrigen Parteitag sehen konnten, war dementsprechend eine Ernüchterung. Gerade mal 56,4 Prozent der Delegierten stimmten für Koalitionsverhandlung​​​en mit CDU und CSU.

Der Parteitag in Bonn sendet zwei Botschaften aus:

1. Die erste Botschaft betrifft die SPD selbst:

Die Partei ist programmatisch, personell und organisatorisch am Boden. Der 21. Januar 2018 hat uns eine zerrissene, orientierungslose Ansammlung von Funktionären, Mitgliedern und Mitläufern gezeigt, die ihren Club ins politische Nirgendwo steuern. Viele Menschen haben den Eindruck, dass die SPD ihre Alltagsprobleme nicht mehr versteht. Dass sie sich mehr um Europas Zukunft und die Nöte von Flüchtlingen sorgt als darum, ob man in deutschen Städten heutzutage eine bezahlbare Wohnung findet oder beim Pendeln zur Arbeit jeden Morgen im Stau steht. Das ist ein bisschen ungerecht, weil es in der SPD durchaus Menschen gibt, die diese Probleme benennen. Aber an der Spitze dringen sie nicht durch. So verliert die SPD nach und nach ihre Stammklientel. Wer unzufrieden mit dem Sozialstaat ist, wandert zur Linken ab. Wer in Deutschland zu viele Fremde wähnt, der geht zur AfD. Wer es alles in allem noch ganz passabel findet, unterstützt die sozialdemokratisierte​​​ CDU. Und für die SPD? Bleiben derzeit weniger als 20 Prozent.

Die Führung der Partei findet kein Mittel gegen diesen Abstieg. Sie spinnt keine Geschichte, mit der sie den Menschen glaubhaft erzählen könnte, warum es wichtig ist, dass die SPD stark ist, dass sie in der künftigen Bundesregierung ein gewichtiges Wort mitredet. 58 Minuten lang sprach der Vorsitzende der Sozialdemokratischen Partei gestern. In kaum einer Sekunde gelang es ihm, bei seinen Zuhörern ein Feuer zu entzünden. Herzblut, Entschlossenheit, Mut? Fehlanzeige. Der SPD fehlt ein Feuerkopf wie der Amerikaner Bernie Sanders, schreibt unser Kolumnist Gerhard Spörl. Wie recht er hat.

Die fast schon rührende Unbedarftheit des obersten Genossen offenbarte aber auch dieses: Dem langjährigen Brüsseler Europapolitiker fehlt nicht nur ein feines Netzwerk in der Ackerfurche der SPD, in Städten wie Bottrop, Essen oder Gelsenkirchen. Anders als die Kanzlerin, die sich auf einen kleinen Zirkel urteilssicherer und gut vernetzter Berater verlassen kann, hat Martin Schulz im Willy-Brandt-Haus offenbar auch eine bestürzend schlechte Crew. Der verkorkste Wahlkampf und die Unfähigkeit, die vielen SPD-Erfolge aus der letzten großen Koalition zu zelebrieren, statt ständig in Sack und Asche zu gehen, sie gehen nicht nur auf Martin Schulzens Kappe. Sondern auch auf die seines engsten Umfelds.

Wie kommt die SPD aus dem Tal der Tränen heraus? Sie braucht einen neuen Anführer, der ihr beibringt, wieder souverän zu entscheiden, schreibt mein Kollege Jonas Schaible. Einen wie Joschka Fischer. Ob Juso-Chef Kevin Kühnert so einer werden kann? Ich bin skeptisch.

2. Und die zweite Botschaft des SPD-Parteitags?

Ist in einem Satz gesagt: Für Deutschland ist es gut, dass die Wahrscheinlichkeit gestiegen ist, bald eine funktionierende …

[sehr fraglich – Grund: lesen Sie die Erste Botschaft noch einmal]

… Regierung zu bekommen. Es reicht jetzt langsam mit dem Berliner Dauerdrama.

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