Basel ist nicht mehr sicher. Vergewaltigungen häufen sich und Frauen trauen sich nachts nicht mehr auf die Strasse. Solche Schlagzeilen häuften sich in allen Variationen in den letzten Wochen in der wieder aufflammenden Sicherheitsdebatte. Wer sie verfolgt hat, erhielt den Eindruck, Basel sei wirklich ein gefährliches Pflaster. Das Thema beschäftigt auch mich als Frau und Politikerin. Muss ich Angst haben, spätabends alleine nach Hause zu gehen? Da hat sich doch in letzter Zeit ganz ungewollt eine kleine Unsicherheit eingeschlichen. Die Häufung der Artikel mit grossen Titeln setzt das Thema in unseren Köpfen fest. Die Art der Berichterstattung lässt einen verunsichert zurück.
Was kann Frau tun? Statt sich von Journalisten mit herumjonglierten juristischen Begriffen ins Boxhorn jagen zu lassen, sollten wir uns an die Fakten halten. Wer die Statistiken anschaut, sieht: Basel ist nicht gefährlicher als andere Städte. 2011 gab es in der Stadt Zürich 3,2 Fälle von Sexualdelikten auf tausend Einwohner, in Basel 1,7 Fälle. Die ersten fünf Monate des Jahres 2012 zeigen im Vergleich zum Vorjahr keine Häufung von sexuellen Übergriffen in unserer Stadt.
Trotzdem ist die Sicherheit im öffentlichen Raum Thema wie in keiner anderen Schweizer Stadt. Die Koalition zwischen wahlkampfgesteuerter Stimmungsmache und gefühlsgesteuerter Berichterstattung zeigt ihre Wirkung. Anstatt das Problem sorgfältig zu thematisieren, Statistiken zu vergleichen und Fachleute anzuhören, erklären sich Politiker (ja, es sind fast alles Männer) zu Sicherheitsexperten, die das Problem schnell aus der Welt schaffen könnten. Ein Trugschluss. Vorschläge, wie sie dies anstellen wollen, haben sie bisher keine gemacht. Dafür gaukeln sie uns die absolut sichere Stadt vor. Das ist weltfremd. Eine hundertprozentige Sicherheit gibt es weder im öffentlichen Raum noch in den eigenen vier Wänden. Gewalt im öffentlichen Raum und häusliche Gewalt sind eine traurige Realität.
Diese Themen dürfen weder unter den Teppich gekehrt noch hochgekocht werden. Betroffene Frauen sollen öffentlich darüber berichten, die Täter anprangern und vor allem auch anzeigen können. Die Verantwortung der Politik ist es, die Probleme so anzusprechen, wie sie sind, und nicht, die tatsächliche Sicherheit mit dem individuellen Sicherheitsgefühl gleichzusetzen. Faktoren wie die Grösse des Polizeikorps oder eine restriktive Law-and-Order-Politik sind kein Allheilmittel.
Gewalt im öffentlichen Raum kann leider nicht abgeschafft werden. Zur Verhinderung möglichst vieler Übergriffe braucht es neben Polizisten und Abschreckung durch harte Strafen vor allem sinnvolle Präventionsmassnahmen wie Selbstverteidigungskurse. Einfach mehr Sicherheit zu versprechen, ohne konkrete Vorschläge zur Verbesserung zu machen, ist billiger und unehrlicher Wahlkampf. Faktoren wie die geopolitische Lage können auch Basler Regierungsmitglieder nicht beeinflussen. Sollte einer der Regierungsratskandidaten, die sich nun mit dem Thema profilieren, gewählt werden, wird er es schwer haben, seine Versprechen einzulösen.
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Kommentare anzeigen Hide commentsIch hab noch anderes von Basel gehört, dass ich nicht offen schreiben kann, aber es ist bedenklich!