Die grie­chi­schen Phi­lo­so­phen beschäftigten sich mit der Ver­schleie­rung des mensch­li­chen Geis­tes. Sie spra­chen von Ver­blen­dung und mein­ten damit einen Zu­stand, den die Götter her­vor­rie­fen, wenn sie den Men­schen die Realität nicht mehr als sol­che er­ken­nen lies­sen. Während der Aufklärung wurde aus dem vor­mals gott­ge­ge­be­nen grie­chi­schen Ver­blen­dungs­be­gri​ff und der kirch­li­chen Sündenlehre die mensch­ge­machte Ideo­lo­gie. Diese Idee wurde von den lin­ken Vor­den­kern, wie etwa Marx auf­ge­nom­men. Marx kommt in sei­nem Haupt­werk “Das Ka­pi­tal” zum Schluss, dass die Ge­dan­ken der herr­schen­den Klasse zur Ideo­lo­gie der ge­sam­ten Ge­sell­schaft wer­den. Ver­blen­dung und Ideo­lo­gie sind Brüder. Der ideo­lo­gisch Ver­blen­dete ver­dreht die Fak­ten, bis sie sei­nem Welt­bild ent­spre­chen oder er er­kennt sie gar nicht. Eine Ideo­lo­gie macht glücklich, indem sie die Welt ein­fach verständlich erklärt. Ver­blen­dung hilft, sich im Recht zu fühlen. Das Ganze wird schmerz­haft, wenn die Tat­sa­chen den Schleier der Ver­blen­dung auf­grund von Systemzusammenbrüchen​ nie­der­reis­sen. Die heu­tige Schweiz scheint alles zu un­ter­neh­men, um Marx Recht zu ge­ben. Die Ideo­lo­gie der herr­schen­den Klasse be­stimmt das Den­ken der Ge­sell­schaft – und um­ge­kehrt. Das Ver­wal­tungs­ge­rich​t des Bun­des ver­ord­net die Ab­schal­tung des Kern­kraft­werks Mühleberg. Die Im­mo­bi­li­en­ver­wa​l­tung der Stadt Zürich macht Um­fra­gen, um die Konformität der Bevölkerung und ins­be­son­dere der Be­woh­ner ihrer Ge­nos­sen­schafts­wo​h­nun­gen bezüglich ökologischer Hal­tung zu überprüfen, der Kan­ton Zürich erhält einen Männerbeauftragten, damit sich die berufstätigen Männer künftig mehr ihren Kin­dern wid­men, über 700 Parkplätze wur­den in der Stadt durch Veloparkplätze und Strassencafés er­setzt. Dass es ob­jek­tive Kri­te­rien gibt, nach denen die Si­cher­heit einer Kern­kraft­an­lage be­stimmt wer­den kann, ob ein wirt­schaft­li­ches Bedürfnis nach öffentlichen Parkplätzen be­steht, ob es mess­bare Er­folge eines Männerbeauftragten gibt, das in­ter­es­siert nicht. Man macht sich pas­send, was nicht passt. Hand auf­’s Herz, was ant­wor­ten Sie, wenn die Stadt per Fra­ge­bo­gen wis­sen will, ob sie im Ge­hei­men Auto fah­ren und gleich­zei­tig in einer städtischen Sied­lung woh­nen? Eben, und schon gibt es Re­sul­ta­te, die mit der Realität nichts zu tun ha­ben, aber die ideo­lo­gi­sche Ver­blen­dung auf­recht­er­hal­ten hel­fen. Wer, frage ich mich, fährt denn mit all die­sen Au­tos, die man auf der Strasse sieht, warum gab es letz­tes Jahr in allen Fahr­zeug­ka­te­go­ri​en re­kord­hohe Neu­zu­las­sun­gen? Weil alle Leute auf­’s Auto ver­zich­ten? Wir soll­ten uns darüber Ge­dan­ken ma­chen, wel­ches die Fol­gen der ideo­lo­gi­schen Ver­blen­dung sind, bevor wir die Wirt­schaft rui­niert ha­ben, weil das Ver­kehrs­sys­tem kol­la­biert oder der Strom aus­bleibt. Po­si­tiv daran wäre natürlich, dass wir mehr Zeit hätten, uns um un­sere Kin­der zu kümmern.

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Comments to: Ideologische Verblendung
  • Dezember 24, 2013

    “Ideologische Verblendung”

    Herr​ Siegenthaler, das wertfreie Nomen ‘Ideologie’ meint bei einer politischen Bewegung die Gesamtheit ihrer politischen Ideen und Vorstellungen, das Leitbild. Eine ‘Ideologie’ ist also Grundlage und Voraussetzung für die politische Arbeit jeder Partei.

    Manche fühlen sich dazu getrieben, den Ausdruck ‘Ideologie’ abwertend zu verwenden, und versuchen so, eine nicht geteilte Weltanschauung blosszustellen.

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