1. Sonstiges

Irrtum nicht ausgeschlossen: Populäre (Rechts-)Irrtümer

Für einen früh­zei­ti­gen Aus­zug aus der Miet­woh­nung reicht eine aus­rei­chend grosse An­zahl po­ten­ti­el­ler Nach­fol­ge­kan­di­da​​​​​​­ten und wer im Stras­sen­ver­kehr je­man­dem von hin­ten auf­fährt ist immer schuld. Oder? Bei nähe­rer Be­trach­tung er­weist sich das ver­meint­li­che Wis­sen in Rechts­fra­gen aller Art oft als we­ni­ger fun­diert als ge­hofft. Schon klei­nere Nach­for­schun­gen kön­nen dabei hel­fen, ju­ris­ti­sche Stol­per­fal­len zu umgehen.

Juristisch​​​​​es Halbwissen: Gefährliches Terrain für Laien

Der Alltag bietet häufig Berührungspunkte mit dem Bereich von Recht und Gesetz. Dazu ist nicht einmal ein notwendig, ein verfolgungswürdiges Delikt zu begehen. Ob es um das Wohnen geht, die Regelungen am Arbeitsplatz oder das Verhalten im Strassenverkehr, selbst bei der Freizeitgestaltung können Situationen auftreten, die sich nur juristisch klären lassen.

Oder anders ausgedrückt: die zumindest ein gewisses Mass an Hintergrundwissen zur jeweiligen Gesetzeslage erfordern. Problematisch ist an dieser Stelle, wie unzureichend dieses Wissen eben oft ist. Ein «Ist das nicht so und so» oder ein «Ich habe ja gehört, dass…» sind in solchen Fällen selten hilfreich. Annahmen dieser Art eben keine Fakten, sondern Hörensagen, bestenfalls Halbwissen. Die auch dadurch nicht richtiger werden, dass sie von vielen Mitmenschen geteilt werden.

Wenn also Unsicherheiten bestehen, welches Verhalten in einer bestimmten Situation angemessen oder richtig ist, sollte der erste Schritt immer darin bestehen, fundierte Informationen zum betreffenden Sachverhalt einzuholen. Damit lassen sich ansonsten auftretende Missverständnisse und Komplikationen schon im Vorfeld ausschliessen – auch wenn das bedeutet, mit lange gehegten Überzeugungen aufräumen zu müssen.

Zuhause

Vie​​​​​le Irrtümer bezüglich der Rechte und Pflichten jedes Einzelnen sind im wahrsten Sinne des Wortes hausgemacht. Die eigenen vier Wände bieten nach wie vor vielerlei hartnäckige Fehlannahmen, insbesondere wenn es um den Bereich des Wohnens zur Miete geht. Einige dieser «Miet-Mythen» sind wahre Klassiker. Was wiederum nichts an der Tatsache ändert, dass sie im günstigsten Fall Teilwahrheiten enthalten.

# Die Nachmieter-Regelung

E​​​​​in Evergreen unter den Irrtümern zur Miete ist die vermeintliche Notwendigkeit von drei potentiellen Nachmietern, um ausserterminlich aus einem Mietvertrag scheiden zu können. In einem solchen Fall braucht es tatsächlich einen Nachmieter, der sowohl zahlungsfähig als auch zumutbar sein muss. Es muss aber kein regelrechter Cast an Kandidaten zusammengesucht werden, aus denen der Vermieter den neuen Bewohner auswählen kann – und zwar schon seit der entsprechenden Gesetzesänderung von 1990 nicht mehr!

Wichtig zu beachten: So wenig Mieter verpflichtet sind, eine bestimmte Zahl möglicher Nachmieter zu präsentieren, so wenig sind die Vermieter wiederum verpflichtet, einen derartigen Kandidaten anzunehmen.

Erfüllt ein interessierter Nachmieter die Kriterien Zahlungsfähigkeit und Zumutbarkeit, wird es allerdings schwer, ihn abzulehnen: Können keine legitimen, vernünftigen und schwerwiegenden Gründe hierfür angegeben werden, ist eine Ablehnung kaum haltbar. Der Ersatzmieter wiederum muss sich damit abfinden, den Mietvertrag zu den bisher gültigen Konditionen übernehmen zu müssen.

Es gibt also hinsichtlich der Nachfolge des Mietverhältnisses verschiedene denkbare Szenarien, abgesehen vom reibungslosen Ablauf:

  • Der Ersatzmieter wird trotz nachweislicher und objektiver Zumutbarkeit abgelehnt. Dann müssen aber auch keine weiteren Mietzinse mehr geleistet werden, ab dem Zeitpunkt, zu dem der Nachmieter die Wohnung übernommen hätte.
  • Der Ersatzmieter wird zu Recht abgelehnt. Das hat schlicht und ergreifend zur Folge, dass eine vorzeitige Entlassung aus dem Mietvertrag nicht möglich ist, der Mietzins muss also auch weiterhin entrichtet werden. Aus diesem Grund ist es sinnvoll, auf Nummer Sicher zu gehen und doch mehr als einen Kandidaten zu präsentieren.

Grundsä​​​​​tzlich gelten aber an erster Stelle die im Mietvertrag vereinbarten Kündigungsfristen. Es sei denn, es liegen die berühmten Ausnahmen von der Regel vor. Das kann beispielsweise die vertragliche Regelung bezüglich der Nachmietersuche sein; in Härtefällen wie einem berufsbedingten Wohnortwechsel kann die Präsentation eines Nachmieters ebenfalls ausreichen, um das Mietverhältnis vorzeitig aufzulösen. Sinnvoll ist dabei eine schriftliche Bestätigung vom Vermieter.

# Von Miete und Kaution

Wenn es ums Geld geht, hören Freundschaft und Spass bekanntermassen auf. Da es beim Mieten von Anfang an (Stichwort Mietkaution) und monatlich um das leidige Thema geht, ist es umso wichtiger, über Rechte und Pflichten informiert zu sein. Ein gerne zitiertes Recht dreht sich um die Möglichkeit, Mietforderungen aus der hinterlegten Mietkaution zu begleichen.

Das klingt natürlich praktisch, ist allerdings in der Praxis nicht umsetzbar. Denn verrechnet werden dürfen nur gleichartige und gegenseitige Forderungen. Im hier genannten Fall fehlt dazu jedoch die Grundlage, die Mietkaution dient schliesslich in erster Linie als Sicherheit, sollte es während der Dauer des Mietverhältnisses zu Beschädigungen am Objekt kommen. Noch bestehende Schulden – etwa Versäumnisse beim Mietzins oder Nebenkostenzahlungen – erfüllen dieses Kriterium aber offensichtlich nicht, können daher auch nicht aus der Kaution bestritten werden.

Immerhin ist es im Normalfall problemlos und in einem überschaubaren Zeitrahmen möglich, die Mietkaution zurückzuerhalten. Unter Vermietern hält sich zwar der Glaube, für die Freigabe nach dem Mietende ein Jahr Zeit zu haben. Der angemessene Zeitraum hierfür ist allerdings deutlich kürzer, in den meisten Fällen sollte die Auszahlung innert 30 Tagen kein Problem darstellen. Selbst fällige Instandsetzungen von Mieterschäden sind kein ausreichend Grund, über die Monatsfrist länger als absolut notwendig mit der Auszahlung zuzuwarten. Normalerweise sollte die Freigabe des Depots also innert maximal zwei Monaten vom Vermieter angewiesen werden.

# Streichen und Sanieren

Die Nutzung einer Wohnung hinterlässt üblicherweise ihre Spuren. Die sind vielfach unvermeidbar, sofern sie nicht mit grob fahrlässigem Verhalten der Mieter einhergehen. Nach dem Obligationenrecht liegt die Pflicht zum Beheben der Überbleibsel «normaler» Abnutzungen, also beispielsweise

  • Schatt​​​​​en an den Wänden, die durch das Aufhängen von Bildern entstanden sind;
  • Bohr- und Dübellöcher in den Wänden, die der Mieter bereits verspachtelt hat;
  • «Trampelpfade» auf Bodenbelägen, die über einen längeren Zeitraum hinweg nicht zu vermeiden sind.

Die Vermieterpflichten schliessen dabei auch die Kosten ein, was im Übrigen auch bei Schäden durch übermässige Nutzungen gilt – zumindest in Teilen. Auf die Mieter entfällt nur der Zeitwert, nicht aber die gesamten Kosten für das Beheben der Beschädigungen. Das wiederum sieht beim «Kleinen Unterhalt» anders aus, denn Kleinreparaturen oder der Kauf von Ersatzteilen muss der Mieter selbst übernehmen. Was in jedem Fall günstiger ist als die Beauftragung von Handwerkern durch den Vermieter.

# Die Sache mit dem Mietvertrag

Ein Mietvertrag enthält neben den Angaben zum Nettomietzins, den Nebenkosten und Kündigungsfristen und –terminen zumeist noch die ergänzenden «Allgemeinen Vertragsbedingungen» (AVB). Das berüchtigte Kleingedruckte kann bisweilen recht umfangreich sein, was jedoch nicht vom Lesen abhalten sollte. Die hier enthaltenen Bedingungen können nämlich so ziemlich jeden Aspekt des Mietrechts betreffen und unter Umständen versuchen, eben jene zulasten der Mieter zu verändern.

Die gute Nachricht ist jedoch: Auch mit dem Unterzeichnen des Mietvertrags erhalten solche AVB, die über die gesetzlichen Bestimmungen hinausgehen, keinerlei Gültigkeit. Abweichende Regelungen bezüglich des Kleinen Unterhalts müssen deshalb zum Beispiel nicht anerkannt werden. Gründliches Lesen erspart aber allfällige Diskussionen zu einem späteren Zeitpunkt.

Apropos späterer Zeitpunkt: Wer seinen Mietvertrag kurzfristig kündigen möchte, wird sich auch weiterhin mit den gesetzmässig festgelegten Kündigungsfristen befassen müssen. Die vermeintliche Möglichkeit, auf jedes Monatsende aus dem Mietvertrag aussteigen zu können statt wie bislang auf die Quartaltermine, besteht nicht. Beziehungsweise kann die Kündigung auf das Monatsende durchaus im Vetragsformular niedergelegt sein, eine Änderung der Kündigungsfristen – die üblichen drei Monate – bewirkt das aber nicht. In diesem Punkt sind die gesetzlichen Regelungen eindeutig und unverändert.

# Tiere und schlechte Gewohnheiten

Irrtümer​​​​​ und Unklarheiten bestehen aber nicht nur hinsichtlich der Formalitäten, sie erstrecken sich auch auf Bereiche der Wohnungsnutzung im Allgemeinen:

  • In puncto Haustierhaltung ist die gesetzliche Lage eigentlich eindeutig, denn sie ist erlaubt. Eine Bewilligungspflicht ist trotzdem häufig Bestandteil von Mietverträgen, gültig ist sie vornehmlich für Hunde und Katzen, bei Kleintieren braucht es keine explizite Erlaubnis. Ein Recht auf Bewilligung haben Mieter mit Hunde- oder Katzenwunsch übrigens nicht.
  • Ebenso eindeutig sind die Gesetze beim Thema Rauchen: Vermieter können es zwar versuchen, mit einem vertraglichen Verbot zu unterbinden. Gültigkeit hat ein solcher Versuch exakt keine, von juristischer Seite bleibt das Rauchen in Mietwohnungen legitim. Genauso legitim ist es aber im Gegenzug, wenn die Kosten für rauchbedingte Massnahmen – hierunter würde beispielsweise ein zusätzlicher Isolationsanstrich fallen – auf den betreffenden Mieter umgelegt werden.
  • Die Nutzung des Treppenhauses muss erst gar kein Bestandteil des Mietvertrags sein, umgekehrt kann sie mit Verweis aufs «Gewohnheitsrechts» auch keiner werden. Wurde das Treppenhaus bislang ohne Widerworte des Vermieters genutzt, um Dinge jedweder Art aus der Wohnung auszulagern, so ist das nicht gleichbedeutend mit einer ausdrücklichen Erlaubnis. Eine (Teil-)Möblierung der Treppen verstösst ausserdem häufig gegen die feuerpolizeilichen Bestimmungen und sollte schon aus diesem einfachen Grund vermieden werden!

Auf der Arbeit

Die Arbeit nimmt für gewöhnlich einen Grossteil der Zeit in Anspruch, ebenso das spezifische Wissen, das der jeweilige Job erfordert. In rechtlichen Belangen sollte sich dennoch niemand darauf verlassen, was er zum Thema Kündigung, Vorstellungsgespräch etc. gehört hat – immerhin kann die Karriere davon abhängen.

# Fragen über Fragen beim Vorstellungsgespräch​​​​

Natürlich möchte ein Arbeitgeber wissen, wen er da möglicherweise ins Firmenboot holt. Dazu sind die Fragen im Bewerbungsgespräch schliesslich da. Ihre Funktion besteht allerdings nicht darin, die Bewerber vollständig zu durchleuchten. So legitim Fragen nach bisherigem beruflichen Werdegang, praktischen Erfahrungen und Bildungshintergrund sind, so unzulässig sind es wiederum andere:

  • Sind Sie vorbestraft?

Diese Frage ist gleich so ein Ausnahmefall, denn bei bestimmten Stellen kann sie durchaus von Belang sein (eingetragene Vermögensdelikte könnten etwa einer Tätigkeit als Kassierer im Weg stehen). Bereits gelöschte Vorstrafen dürfen von Arbeitnehmerseite aber verschwiegen und ein Auszug aus dem Strafregister nur unter bestimmten Voraussetzungen vom Arbeitgeber angefordert werden.

  • Sind Sie ledig?

Solche persönlichen Fragen nach dem Zivilstand, der Wohnsituation oder der Zugehörigkeit zu Gewerkschaften oder Vereinen stehen normalerweise in keinem Zusammenhang zur zu besetzenden Stelle und sind somit unzulässig.

  • Sind Sie schwanger?

Schwangers​​​​​chaften sind eine private Angelegenheit, die den Arbeitgeber höchstens dann zu interessieren hat, wenn der Job eine körperliche oder gefährliche Tätigkeit umfasst oder aus anderen Gründen nicht ausgeübt werden könnte.

  • Sind Sie gesund?

Grundsätzlich​​​​​ darf ein Arbeitgeber nicht nach dem allgemeinen Gesundheitszustand fragen. Könnten sich gesundheitliche Probleme aber nachteilig auf die Arbeit auswirken, muss der Bewerber das aber offenlegen. Eventuell steht dann eine Untersuchung durch den Vertrauensarzt an, der sich aber ausschliesslich zur Eignung des Bewerbers äussern darf.

Nur weil sie nicht zulässig sind, bedeutet es nicht, dass derartige Fragen nicht doch gestellt werden. Das bringt die Bewerber unter Umständen in die moralische Zwickmühle zwischen wahrheitsgetreuer Beantwortung und dem möglichen Verlust der Stelle. In diesen Fällen ist es ausnahmsweise statthaft, auf eine Notlüge zurückzugreifen. Daraus darf den Bewerbern kein Nachteil entstehen. Schlagfertiger wäre allerdings die selbstbewusste Nachfrage, in welchem Zusammenhang die Frage und die zukünftige Tätigkeit denn stehen.

# Mythos Kündigung

Was bei diesem Thema nicht übersehen werden darf – das Arbeitsvertragsrecht der Schweiz gründet auf der Kündigungsfreiheit. Also haben sowohl Arbeitgeber wie Arbeitnehmer jederzeit die Möglichkeit, das Arbeitsverhältnis zu kündigen. Wichtig ist das vor allem für den vielleicht grössten Irrtum:

  • Eine Kündigung braucht einen guten Grund

Es mag oft gute Gründe für ein vorzeitiges Ausscheiden aus deinem Betrieb geben, zwingend notwendig sind sie für eine Kündigung deshalb aber nicht. Es braucht auch, rein juristisch betrachtet, keine vorherige Warnung – das ist nicht unbedingt anständig, aber eben nicht rechtswidrig.

  • Gekündi​​​​​gt wird immer per eingeschriebenem Brief

Kann man zwar machen, aber das Gesetz anerkennt auch andere Formen, ausser eine bestimmte ist vertraglich vorgeschrieben. Eine schriftliche Kündigung mit Empfangsbestätigung erleichtert allerdings die nachträgliche Beweisführung, sollte sie vonnöten sein. Ansonsten ist der Inhalt – klar formulierte Kündigungsabsicht und der Zeitpunkt der Vertragsauflösung – wichtiger als die Form.

Übrigens spielt der Poststempel hierbei keinerlei Rolle. Entscheidend ist die Kenntnisnahme durch den Empfänger und das rechtzeitige Eintreffen bei diesem.

  • Selber kündigen ist immer besser

Das gilt wohl bestenfalls für das Ego und macht eigentlich nur dann Sinn, wenn es schon eine neue Stelle gibt. Selbstverschuldete Arbeitslosigkeit verursacht nämlich auf verschiedenen Ebenen Probleme: Der Kündigungsschutz im Fall von Arbeitsunfähigkeit ist genauso hinfällig wie das Anfechten der Vertragsauflösung als missbräuchlich; zudem drohen unter Umständen Kürzungen der Arbeitslosentaggelder​​​​​.

  • Langjährige Mitarbeit = Anspruch auf Abfindung

Die kurze Antwort: Langjährige Firmentreue garantiert keinen Anspruch auf eine Abfindung. Zwar sieht das Obligationenrecht eine Abgangsentschädigung in Höhe von zwei bis acht Monatslöhnen vor, wenn ein Mitarbeiter mit einem Alter jenseits der 50 und mehr als 20 Dienstjahren aus dem Betrieb ausscheidet. Der Arbeitgeber kann von dieser Entschädigung aber die Beiträge für die Pensionskasse abziehen – die meistens über der Abgangsentschädigung liegen.

  • «Freigestellt​​​​​» ist nur ein anderes Wort für «fristlos gekündigt»

Umgehend den Arbeitsplatz räumen zu müssen ist noch keine fristlose Kündigung. Die übrigens nur bei einem schweren Vertrauensbruch (etwa Betrug, Diebstahl, Konkurrenzierung des Arbeitgebers und weitere) gegenüber dem Arbeitgeber möglich ist. Die Freistellung beendet das Arbeitsverhältnis hingegen nicht sofort, das hat bis zur Kündigungsfrist weiterhin Bestand.

  • Das Pensionsalter beendet automatisch das Arbeitsverhältnis

Gib​​​​​t es keine dahingehende vertragliche Regelung, muss auch in diesem Fall ordentlich gekündigt werden. Eine Einigung mit dem Arbeitgeber ist aber im Bereich des Möglichen.

Auf der Strasse

Das Autolenken geht einem früher oder später in Mark und Bein über, das Steuern durch den Strassenverkehr wird zum Automatismus. Das darf allerdings keine Entschuldigung für Nachlässigkeiten beim Befolgen der Verkehrsregeln sein – und auch mangelhafte Kenntnis der Bestimmungen ist eine denkbar schlechte Ausrede. Irrtümer sind also nicht nur zum Zwecke der rechtlichen Sicherheit zu vermeiden.

# Im Falle eines (Un)Falles

Sie können überall passieren, obwohl sie bei vorausschauender Fahrweise und ausreichendem Sicherheitsabstand meistens vermieden werden könnten – Auffahrunfälle. Abgesehen vom Ärgernis der Beschädigungen sorgt mitunter auch die Schuldfrage für schlechte Stimmung. Die weit verbreitete Meinung zu solchen Situationen: Der Lenker des auffahrenden Fahrzeugs ist schuld. In vielen Fällen wird das tatsächlich so sein, der Anscheinsbeweis – für fehlenden Sicherheitsabstand, zu schnelles Fahren oder Unaufmerksamkeit – kann aber nicht grundsätzlich geltend gemacht werden. Zu berücksichtigen sind immer die jeweiligen Umstände. Unbegründete Vollbremsungen und plötzliche Spurwechsel können im Einzelfall zu einer anderen Beurteilung der Schuldfrage führen.

# Ein schwerer Verlust

Mobil zu sein ist wichtig, dabei fahrfähig zu sein sogar noch mehr. Andernfalls drohen der Verlust des Führerausweises und eine empfindliche Einschränkung der Mobilität. Das ist natürlich die Höchststrafe, Geldbussen drohen schon ab 0,5 Promille. Belangt werden können Autolenker aber schon bei Werten unter der zulässigen Höchstgrenze – und zwar zivilrechtlich. Kann nachgewiesen werden, dass die Fahrtüchtigkeit unter dem Alkoholkonsum gelitten hat, muss unter Umständen wenigstens ein Teil des Schadens selber getragen werden.

Nebenbei bemerkt: Zu den Pflichten eines Fahrzeughalters hinsi​​chtlich der Verkehrssicherheit und des ordnungsgemässen Betriebs gehört unter anderem die Gewährleistung, dass der Lenker des eigenen Fahrzeugs nicht unter Alkoholeinfluss steht. Ist das nicht der Fall, drohen zivil- und strafrechtliche Konsequenzen.

Fahrfä​​higkeit​​​ ist auch beim Velofahren geboten. Die Promillegrenze von 0,5 verliert dadurch nämlich keineswegs ihre Gültigkeit und wird wie das Autolenken in angetrunkenem Zustand mit Bussgeldern geahndet. Höhere Werte führen zu Velo-Fahrverboten, allerdings sind 2,5 Promille notwendig, um es mit einer Fahreignungsabklärung​​​​​ zu tun zu bekommen. Abhängig vom Ergebnis kann das Autobillet unbefristet eingezogen werden – bis die Fahreignung wieder nachgewiesen wird.

# Das Wegfindungs-Problem

D​​​​​as Befahren der Autobahn kann manchmal ein regelrechtes Abenteuer sein. Nicht nur für Fahranfänger mit überschaubarer Erfahrung und nicht zuletzt wegen der verbreiteten Irrtümer:

  • So schnell fahren, wie ich will – wenn die Höchstgeschwindigkeit​​​​​ eingehalten wird?

Das ist nicht immer richtig. Beispiel: Die Bestimmung, auf Sichtweite anhalten zu können schliesst Tempo 120 auf unbeleuchteten Fahrbahnen eigentlich aus, weil die Abblendlichter nicht die notwendige Reichweite haben – das ist erst bei Tempo 70 der Fall.

  • Rechtsfahren ist auf der Autobahn immer verboten!

Einer der wenigen Grundsätze, den vermutlich jeder Fahrzeuglenker bezüglich Autobahnfahrten kennt. Nur – er ist nicht korrekt. In Stausituationen und dichtem Verkehr ist es erlaubt, auf der rechten Seite an anderen Fahrzeugen vorbeizurollen (Einfädeln auf die linke Spur gilt aber als unerlaubtes Überholmanöver!); auch Einspurstrecken mit verschiedenen Fahrzielen stellen in dieser Hinsicht kein Problem dar.

  • Links blinken als Signal an den Vordermann, die Spur zu räumen?

Wird zwar gerne genutzt, macht das Ganze aber nicht besser. Zeichen wie der Blinker sind und bleiben ihrem angedachten Einsatzzweck vorbehalten – eigene Richtungs- und Spurwechsel anzuzeigen ist daher okay, andere Verkehrsteilnehmer von der Überholspur verjagen allerdings nicht!

In der Freizeit

Die Freizeit nach einem stressigen Arbeitstag könnte so schön sein, vor allem so schön einfach. Ist sie oft genug allerdings nicht, denn tierische wie trendige Hobbys werfen manchmal unerwartet rechtliche Fragen auf.

# Grillsaison

Die Hauptsaison fürs Grillieren ist inzwischen vorbei, zugegeben. Andererseits gibt es ja immer einen Anlass oder Grund dafür und meistens lässt sich ein Plätzchen finden, dass eine Grillsession ermöglicht. Das ist aber für gewöhnlich nicht das Problem, das sind vielmehr die gesetzlichen Bestimmungen:

  • Das Zivilgesetzbuch verbietet übermässige Immissionen jedweder Art. Im Einzelfall ist die Entscheidung hierüber aber keineswegs einfach. Bevor über die Frage, welches Mass an Rauch, Kohlepartikeln und Geruchsentwicklung die Nachbarn erdulden müssen, zu einem Rechtsfall wird, ist eine gewisse Rücksichtnahme sicher der deutlich vernünftigere Ansatz.
  • Kein Grund für Streitigkeiten ist das Grillieren in Mietshäusern. Auf Balkonen, Gartenteilen oder anderen, den Bewohnern einer bestimmten Wohnung zugeteilten Aussenflächen, ist das nämlich mit den oben genannten Einschränkungen erlaubt. Generelle Verbote, die im Rahmen von Mietverträgen und Hausordnungen ausgesprochen werden, sind hingegen kaum haltbar.

Bei aller Freude über ein gutes Feuer und hoffentlich ebenso gutes Fleisch sollten die Mitmenschen nicht vergessen werden. Bei ausreichender Rücksichtnahme und einer guten Nachbarschaft sind die rechtlichen Aspekte dann möglicherweise auch gar nicht mehr so wichtig.

# Des Menschen bester Freund

Es gibt vielleicht keinen treueren Partner als einen Hund, weswegen die Vierbeiner nicht selten als vollwertige Familienmitglieder behandelt werden. Das kann problematisch werden, wenn die Liebe zum Hund so weit geht, dass er auch als vollwertiger Erbe eingesetzt werden soll. Ein solches Bestreben scheitert nämlich an einer ganz einfachen Sache: Tiere besitzen keine Rechtsfähigkeit, ergo keine Erbfähigkeit. Es besteht immerhin die Möglichkeit, die testamentarisch verfügte Zuwendung doch noch im Sinne des Tieres auszulegen – als Auflage an die übrigen Erben, eine angemessene Versorgung zu gewährleisten. Erben über Umwege sozusagen.

Auch ein möglicher Streitfall sind Hunde im Taxi. Die müssen nämlich nicht mitgenommen werden, erst recht nicht, wenn der Fahrer dadurch eine Gefährdung der Sicherheit vermutet oder allergisch reagieren könnte. Bei Blindenhunden sieht die Angelegenheit jedoch wieder anders aus, die müssen kostenlos befördert werden.

# Hobby 2.0

Was dem technik-affinen Hobbybastler früher sein ferngesteuertes Auto war, sind heute die immer populäreren Drohnen. So spassig und spektakulär die Flugobjekte auch sein mögen, so wichtig ist die Kenntnis der Regelungen für ihren Einsatz:

  • Die Nutzung von Drohnen bis zu einem Gewicht von 30 Kilogramm braucht zwar keine Bewilligung, eine Haftpflichtversicheru​​​​​ng ist aber in jedem Fall ein Muss – ab einem Gewicht von 500 Gramm ist dazu eine Deckungssumme von CHF 1‘000‘000.- vorgeschrieben.
  • Fotog​​​​​rafieren und Filmen mit der Drohne fördert beeindruckende Aufnahmen zutage, ein Freifahrtschein ist das allerdings nicht. Die Privatsphäre muss gewahrt bleiben, weshalb aufgenommene Personen ihre Einwilligung erteilen müssen. Ähnlich verhält es sich mit Situationen, Gebäuden und Liegenschaften.

Ander​​​​​es Hobby, noch grösserer Hype, dafür vielleicht noch mehr offene Rechtsfragen: Pokémon GO hat schon für mancherlei kuriose Meldungen gesorgt. Die meisten hiervon liessen sich ohne weiteres vermeiden, selbst ohne tiefergehende Kenntnisse des Rechts. Andererseits macht es vielleicht doch hin und wieder Sinn, sich die juristischen Aspekte dieses Hobbys zu Gemüte zu führen, die eigentlich der gesunde Menschenverstand schon gebieten sollte:

  • Privatgrundst​​​​​ücke bleiben Privatgrundstücke, egal wie viele seltene Pokémon sich dort aufhalten. Das Betreten gegen den Willen des Eigentümers erfüllt schon den Tatbestand des Hausfriedensbruchs.
  • E​​​​​ine Ordnungswidrigkeit ist auch das Betreten der Strasse während der Monsterjagd – damit einen Unfall zu verursachen kann dann gleich noch zivil- und strafrechtliche Schritte nach sich ziehen.

Wie gesagt, das sind alles vermeidbarer juristische Stolperfallen. Allerdings gilt das auch für die gesamte Riege der vorgenannten Sachverhalte.

Besse​​​​​r informiert durch den Alltag

Es ist selten gut, sich auf jemand anderen zu verlassen. Aber gerade in Belangen rechtlicher Natur kann das Vertrauen darauf, was man andernorts von jemandem mal gehört hat, ein rechter Bumerang werden. Selten genug handelt es sich dabei um echtes Wissen, auch wenn es vielleicht einen Konsens darüber zu geben scheint.

Besser ist es, sich auch in Fragen des alltäglichen Lebens bei zuverlässigen Quellen zu informieren. Egal ob es nun um das Haus oder die Wohnung, die Autofahrt oder das Ausüben des Hobbys geht. Denn – und ja, das ist ein alter Hut – Unwissenheit schützt vor Strafe nicht.

Personen haben auf diesen Beitrag kommentiert.
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Comments to: Irrtum nicht ausgeschlossen: Populäre (Rechts-)Irrtümer
  • April 25, 2017

    Herr Walter Beck, Herr Oberli, Herr von Wildenstein. Sie hatten die Schreibweise von Frau Gebbe schon eimal korrigiert und ich habe Sie darauf aufmerksam gemacht, dass alle anderen (ausser Ihnen) richtig verstanden haben. Sie haben wie als Herr Oberli oder von Wildenstein Ihren Kommentar geslöscht und so auch meine Antwort. Das entspricht nicht den Diskussionsregeln. Zudem können Sie reklamieren korrigieren wie Sie wollen, wenn Sie es nicht zu mehr Zivilcourage bringen ist das suspekt.
    Bei mir können Sie sicher sein, ich bin es und Sie können mich auch am Wohnort finden.

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