Die ganze Welt hat den Positionsbezug des Bundesrats zu den Wirtschaftssanktionen als Abkehr der Schweiz von ihrer traditionellen Politik der Neutralität verstanden. Weltweit wurde entsprechend reagiert. Sich den Kriegs-Ersatzhandlungen einer Partei anzuschliessen, bedeutet Aufgabe der Unparteilichkeit, bedeutet Parteinahme.
Es war seinerzeit die Schweiz, welche alle anderen Nationen aufrief, ihre Neutralität völkerrechtlich anzuerkennen. Und es sind jetzt diese Länder, welche der Schweiz die Neutralität seinerzeit garantiert haben, die heute feststellen, dass die Schweiz mit ihrer Aufgabe der Unparteilichkeit der Neutralität entsagt.
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Kommentare anzeigen Hide commentsDie BEWAFFNETE Neutralität erlaubt der Schweiz, sich gegen Angriffe zu wehren. Da die Schweiz durch die Massnahmen Russlands ebenfalls angegriffen und in Mitleidenschaft wird, darf sie sich natürlich verteidigen – wie, das entscheiden die eidg. Räte. Sie darf natürlich der Ukraine Waffen liefern.
«Unterlassene Schweizer Hilfeleistung» – so titelte gestern der Schweiz-Korrespondent der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Worin gründet ein solcher Vorwurf eines gesetzwidrigen Verhaltens, der es im intellektuellen Leitorgan der Bundesrepublik auf die erste Seite geschafft hat?
Der Vorwurf besteht darin, dass unser Land das Völkerrecht wie die hiesigen Gesetze ernst nimmt und befolgt. Darum verbietet die Schweiz Deutschland die Weitergabe von Schweizer Munition an eine kriegführende Nation, in diesem Fall an die Ukraine.
So schreibt es das verbindliche Schweizer Neutralitätsrecht ebenso wie das geltende Schweizer Waffenausfuhrgesetz vor. Spielraum gibt es keinen. Nicht den Geringsten. Alles andere wäre ein Rechts- und Gesetzesbruch.
Johannes Ritter schimpft derweil in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung über eine «fehlgeleitete und rufschädigende Neutralitätspolitik». Diese rufe «in Berlin parteiübergreifend Empörung hervor».
Nun, die schweizerische Neutralitätspolitik galt in Berlin schon als fehlgeleitet und rufschädigend, als es dort noch nicht parteiübergreifend zu- und herging, sondern nur eine einzige Partei gab. Schon damals wurde ein angeblicher «Verteidigungskrieg um den Fortbestand der abendländischen Kultur» hochmoralisiert. Gegenüber Russland dürfe es «für die Schweiz keine Neutralität mehr geben», las man am 26. März 1942.
Neuerdings ruft Johannes Ritter in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung nicht nur zu einer Art Gesinnungsoffensive, sondern zum offenen Rechtsbruch in seinem Gastland auf. Und erteilt diesem obendrein noch Nachhilfestunden in Sachen «Demokratie und Rechtstaatlichkeit». Doch trösten wir uns: Die Besserwisser hatten schon immer etwas gegen die Bessermacher.\” (Christoph Mörgeli in Weltwoche vom 12.11.2022)