Eigentlich ist es er­staun­lich, dass der An­spruch auf einen zwei­ten SV­P-­Bun­des­rats­si​tz in letz­ter Zeit im Grund­satz oft als ge­ge­ben be­ur­teilt wird. Eine De­bat­te, die über reine Arith­me­tik hin­aus geht, tut Not.

 

Vergessen scheint, dass die SVP nach der Nicht-Wiederwahl von Christoph Blocher als  Bundesrat ihren Bundesrat Samuel Schmid, den sie einige Wochen vorher noch zur Wiederwahl empfahlen, vergraulten und so zum Rücktritt zwangen. Vergessen scheint die Art und Weise, wie SVP-Mitglied und Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf über eine Abspaltung der Kantonalpartei Graubünden aus der Partei geworfen wurde. Die SVP begab sich ein Jahr in die Opposition. Es stellt sich die Frage, ob es Aufgabe der Bundesversammlung ist, die Rückkehr der SVP aus der selbst gewählten Opposition innerhalb kurzer Zeit wieder mit zwei Bundesratssitzen zu belohnen. Auch der in diesem Zusammenhang zutiefst unschweizerische Stil mit Mobbingcharakter verlangt nicht nach einer sofortigen Korrektur der Zusammensetzung des Bundesrates.

 

Nach​ dem Rücktritt von Bundesrat Samuel Schmid hat die Bundesversammlung Ueli Maurer gewählt, weil es sich um eine SVP-Vakanz handelte. Bei der Nachfolge der Bundesräte Merz und Leuenberger bestand keine SVP-Vakanz. Folgerichtig hat die Bundesversammlung mit Simonetta Sommaruga und Johann Schneider-Ammann ein Mitglied der Partei gewählt, welche die Vakanz verursacht hat. Nach dem Rücktritt von Bundesrätin Micheline Calmy-Rey und den Gesamterneuerungswahl​en ist wiederum keine SVP-Vakanz zu verzeichnen. Somit drängt sich auch in diesem Fall keine SVP-Nachfolge auf. Die Parteistärke hat sich bei den Wahlen zudem zu Ungunsten der SVP entwickelt.

 

Eine SVP-Vakanz wird sich voraussichtlich erst nach einem Rücktritt von Bundesrätin Eveline-Widmer Schlumpf ergeben. Bis dann ist der zweite SVP-Sitz belegt. Widmer-Schlumpf wurde als SVP-Bundesrätin gewählt. Der Umstand, dass sie heute nicht mehr SVP-Mitglied ist, hat nicht sie selber und schon gar nicht die Bundesversammlung verursacht. Aufgrund der heutigen politischen Zusammensetzung des Parlamentes und des Bundesrates wird sich die SVP deshalb bis zu einem zweiten Sitz gedulden müssen.

 

Ohne Not sollten ohnehin keine amtierenden Bundesratsmitglieder abgewählt werden. Stabile Regierungsverhältniss​e sind Bestandteil des Erfolgsmodells Schweiz. Wer dies nicht so sieht und sich dem SVP-Diktat beugt, ritzt unser schweizerisches System der verfassungsmässigen Wahlfreiheit des Parlaments.

 

Bunde​srätin Widmer-Schlumpf kann auf erfolgreiche vier Jahre zurück blicken. Als Stellvertreterin des krankheitshalber ausgefallenen Bundesrates Merz hat sie mit ihrer Vorlage die UBS vor dem Bankrott gerettet. Es folgten der Staatsvertrag mit den USA, Doppelbesteuerungsabk​ommen und kürzlich die Too-big-to-fail-Vorla​ge. Solche für die Schweiz zentralen Geschäfte bedingen intensive internationale Kontakte und Verhandlungen auf Regierungs- und Ministerebene. In einer Zeit, in der die Finanzwelt von Rettungsschirm zu Rettungsschirm eilt, ist es unklug, die in diesen Fragen zuständige und äusserst kompetente Bundesrätin nicht wieder zu wählen. Im Gegenteil, die Schweiz hat alles Interesse daran, dass sich Bundesrätin Widmer-Schlumpf für eine Wiederwahl zur Verfügung gestellt hat.

 

Auch die Kontroverse über die Leistungen von Bundesrat Schneider-Ammann sind bei näherer Betrachtung deplatziert. Der anzuwendende Massstab sind die Ergebnisse der Regierungstätigkeit unter dem Strich. So wurden im Zusammenhang mit dem starken Schweizer Franken die politisch möglichen Gegenmassnahmen ergriffen. Die Zusammenarbeit mit der Schweizerischen Nationalbank scheint zu funktionieren. Im Gegensatz zum Beginn der Legislaturperiode verfügen wir heute über einen funktionierenden Bundesrat, der auch als Gruppe wesentlich mehr überzeugt als noch in alter Zusammensetzung. In einer weltweiten Krisensituation darf die Regierungsarbeit nicht durch unnötige Mutationen tangiert werden. Denn nur die dümmsten Kälber wählen ihren Metzger selber. Gefordert ist zur Zeit Konstanz und Verlässlichkeit. Dies ist mit der heutigen personellen und politischen Zusammensetzung am ehesten gewährleistet.

 

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