Der Lehrermangel wird zu einem akuten Problem. Zürich und andere Regionen suchen verzweifelt Lehrerinnen und Lehrer. Offensichtlich wurden die Prognosen, welche einen Lehrermangel aufzeigten, nicht ernst genommen. Nun wird auch in Deutschland und Österreich gesucht. Ob diese Lehrkräfte aus den Nachbarländern unseren Schulstoff ohne Probleme vermitteln können?
Im Kanton Zürich zum Beispiel waren mitte Juli 195 Stellen, davon 55 für Klassenlehrer, nicht besetzt. Aus der Not werden nun Studierende der Pädagogischen Hochschule in den letzten zwei Semestern der Ausbildung direkt als Lehrpersonen engagiert. Dies würde ich als Praktikum in Realsituation bezeichnen. Zudem sollen in den nächsten Jahren Quereinsteiger die Misere in den Schulen entschärfen.
Auf der anderen Seite fordert der Lehrerverband LCH fünf Jahre Studium für alle Lehrpersonen. Damit soll der Lehrberuf mit einem Masterstudiengang aufgewertet werden. Ob dies den Beruf attraktiver machen wird? Denn der aus meiner Sicht äusserst anspruchsvolle Lehrberuf hat ein Imageproblem. Zu lange konnte man über „faule Lehrer“ herziehen. Absolut zu Unrecht. Denn nur, wer einmal vor einer Klasse stand, weiss wie anstrengend das Unterrichten ist. Dazu kommen die Elternkontakte, die häufig schwierig sind. Die Schulferien (zu einem Teil auch unterrichtsfreie Zeit zum Vorbereiten) sind zwar lang, aber nicht frei wählbar. So haben wir heute Lehrermangel – trotz Jugendarbeitslosigkeit! Dabei ist der Schulberuf ein anspruchsvoller und befriedigender Beruf. Mit Kindern arbeiten ist auch nachhaltig. Die Tätigkeit erlaubt es junge Menschen zu „bilden und zu formen“ und führt nach Jahren zu wunderschönen Begegnungen mit den ehemaligen Schülern.
Lässt sich der Lehrermangel mit rein technischen Massnahmen lösen? Ich denke nein. Wir brauchen eine starke öffentliche Volksschule. Dies erreichen wir nur mit geeigneten und motivierten Lehrpersonen. Nicht die Länge der Ausbildung für Lehrpersonen der Basisstufe und Unterstufe ist ausschlaggebend, sondern die Eignung, die gute Unterrichtsgestaltung und das feu sacré. Nur damit erreichen wir die beste Bildung für unser Land. Und diese Lehrerinnen und Lehrer dürfen uns auch etwas wert sein. Daher soll ihre Entlöhnung gut sein, ohne dass diese durch eine fünfjährige akademische Ausbildung „gerechtfertigt“ wird.
Personen haben auf diesen Beitrag kommentiert.
Kommentare anzeigen Hide commentsDie von Kathy Riklin aufgeführten Gründe, wie dem Lehrermangel begegnet oder besser entgegnet werden kann und soll, kann ich unterstützen. Auch die kritischen Bemerkungen zu den ausländischen Lehrpersonen und die ebenso kritischen Ausführungen zu den Massnahmen welche vom Verband in Betracht gezogen werden, kann ich unterstützen. Aus meiner Sicht gibt es aber noch weitere Gründe, warum zuwenig junge Menschen den Lehrerberuf als ihren Wunschberuf wählen.
Der Gesellschaftspolitische Wandel und die Veränderungen im sozialen Umfeld in der Gesellschaft haben massiv dazu beigetragen, dass es nicht mehr “cool” ist als Lehrerin oder Lehrer aufzutreten. Vor Menschen zu treten und seine Meinung kund zu tun, ist nicht mehr opportun. Man stellt sich der Oeffentlichkeit und wird daher angreifbar und kann jederzeit kritisiert werden. Die Fähigkeit Kritik zu ertragen bekommt in unserer Gesellschaft einen immer kleineren Stellenwert. Sich zu exponieren wird mit Hähme und Kritik belohnt und nicht mehr mit Achtung und Respekt. Wir Politiker tragen leider auch dazu bei und manche Extrempolitiker werden gerade deswegen vom Volk auch noch unterstützt. Von der Lehrperson wird erwartet, dass sie jederzeit alles weiss und möglichst auch alles kann. Dazu soll sie noch unterwürfig den Elternansprüchen genügen und jederzeit verfügbar sein. Für manche soll die Lehrperson gewisse Härte ausstrahlen und für andere soll sie sehr sanftmütig und liebevoll agieren. All diese Voraussetzungen kann eine junge dynamische, auf von der Gesellschaft erwarteten Egoissmus getrimmte Person nie und nimmer erfüllen. Die gewünschten Voraussetzungen kann nur erfüllen, wer ein hohes Mass an Sozialkompetenz und enorme Menschenkenntnis hat. Diese Attribute können aber nicht im Studienweg erlangt werden und deshalb sollte man sich schnell darüber Gedanken machen, wie die Ausbildung der Lehrpersonen verändert werden kann, um den Lehrerberuf wieder attraktiv zu machen.
Ihr Komentar erscheint mir ein wenig zynisch.
Ich sehe andere Gründe für den Lehrermangel:
Junge Leute fühlen sich vernachlässigt. Vimentis zeigt dies immer wieder. Die Merheit der Jugendlichen glaubt nicht daran, jemals eine AHV Rente zu erhalten. Die Probleme der Demografischen entwicklung drücken auf den Elan der Jugend. Die Zukunft ist eine Zukunft der Probleme die andere Verursacht haben. Karankenkassen-Prämien-Erhöungen fördern den Unmut weiter. Willy Burgermeister sagt es richtig: Die Jugend zahlt den Senioren deren medizinische Behandlung. Man spricht von Generationen übergreifender Solidarität. Aber das dies eine Solidarität in eine Richtung ist, wird verschwiegen. Da stellt sich die Frage: Wieso in ein System eintretten, welches unterfinanziert ist und extrem träge in der Entwicklung. Da bieten sich Top entlöhnte Jobs in einer dynamischen und globalisierten Wirtschaft.
Um junge Leute in den Lehrerstand zu locken, muss die Politik die Bildung klar ins Zentrum rücken. Der Anteil am BIP ist klar zu niedrig. Es müssen dynamische und flexible Modelle her. Erst wenn der Jugendliche sagt: “Wir haben ein super Bildungssystem!” wird sich etwas ändern. Sie können die Schüler fragen. Im Momnet ist das Gegenteil der Fall.
Ich gebe Ihnen Recht, die jungen Leute haben wirtschaftlich sicher einen schweren Stand. Die von Ihnen aufgezeigten Problematiken betreffen aber alle jungen Menschen und haben nichts mit dem Lehrerberuf zu tun. Die Politik wiederum bemüht sich so gut es geht “von aussen” die Schule und die Bildung ins Zentrum zu rücken. Aber es gibt natürlich auch politische Störefriede bei diesem Ansinnen. Politiker, die die Schule als Kuschelpädagogik bezeichnen und sich aber gänzlich aus der Verantwortung für die Bildung und die Jugend nehmen, bekommen noch Aufwind und Unterstützung gerade auch von den jungen Menschen in unserem Land. Wenn das Bildungssystem dann von wiederum den gleichen Politikern in der Presse und auf Podien schlecht gemacht wird, kann kaum die Meinung bei den Jungen aufkommen, wir hätten ein gutes Bildungssystem. Beachten Sie dazu die zur Zeit abgegebenen Kommentare dieser bildungs- und jugendfeindlichen Politiker zum Thema “HarmoS” im Kanton Solothurn. Schade nur, es handelt sich dabei um Politiker der grössten Partei in unserem Land. Traurig, aber leider wahr!
Ja, dem Lehrermangel müssen wir begegnen. Ja, die Bildung muss gefördert werden.
Dabei müssen wir allerdings auch die breiter gefächerten Zusammenhänge unserer Gesellschaft verstehen:
Otfried Höffe, Professor am Philosophischen Seminar der Universität Tübingen: Ein echtes Gerechtigkeitsproblem lauert in der Frage, welchen Anteil am Bruttoinlandprodukt (BIP) wir dem Gesundheitswesen im Verhältnis zur Bildung einräumen. Denn das Bildungswesen kommt vor allem der Jugend zugute, das Gesundheitswesen zunehmend älteren Menschen.
Wie halten wir es damit? Beschäftigen sich unsere Politiker mit dieser Frage?
Man spricht immer von der Aufwertung des Lehrerberufs. Und was hat man gemacht? Die Ausbildungszeit wurde verlängert. Jetzt ist es schon so weit, dass für das Erlernen des Lehrerberufs gleich viel Zeit investiert werden muss wie für viele andere Universitätsabschlüsse. Gleichzeitig haben sich aber die Löhne nicht im gleichen Masse angepasst. Ist es somit den heutigen Jungen zu verdenken, wenn sie ein Studium absolvieren, welches sich auch finanziell bezahlt macht. Meines Erachtens müssen wir wieder von dieser Akademisierung des Lehrerberufs wegkommen. So wie früher das Lehrerseminar innerhalb von 4-5 Jahren junge Leute nach dem 9. Schuljahr gezielt zu Primarlehrern ausgebildet hat,funktionierte es doch viel besser. Diese Leute wurden in einem speziellen Umfeld gezielt zu Fachleuten ausgebildet. Dies war sicher der bessere Weg als über die Matura und Universität einen Master zu erlangen. Somit empfehle ich, dass der Beruf der Primarlehrer ähnlich einem anderen Beruf erlernt wird. Dass dabei etwas mehr Zeit gebraucht wird als bei anderen Berufen ist dann auch in der aktuellen Entlöhnung der Lehrer erkennbar.
Auch Lehrer mit den besten Voraussetzungen können ihre Fähigkeiten nicht einsetzen, wenn ihnen von Seiten der Schüler weder Respekt noch Lernwille entgegengebracht wird. Es werden immer mehr Fachpersonen und Fördergruppen herbeigezogen, aber die Hilfe der eigentlichen “Erzieher” wird immer weniger in Anspruch genommen. Sind in dieser Problematik nicht gerade wir Eltern gefragt? Würden sich Eltern interessierter und praktischer im Schulwesen involvieren (dürfen), so würde sich wohl einiges verändern am Image des Lehrerberufs und des Schulwesens schlechthin.
Meiner Meinung nach ist die Präsenz von Eltern im Schulalltag gefragt
– um zu gewährleisten, dass Schüler soziale Umgangsformen und Anstandsregeln beibehalten und nach Bedarf erlernen (gegenüber Lehrpersonen aber auch gegenüber anderen Schülern)
– um Schüler zu motivieren und ihnen (u.a. also den eigenen Kindern) durch ihr Interesse und ihren Einsatz vorzuleben, wie wichtig Bildung und Lernen ist
– um Hilfestellung bei Lernschwierigkeiten und zwischenmenschlichen Problemen zu leisten.
Statt Militärdienst hätten somit Eltern einmal im Jahr ein paar Tage “Schuldienst”. Vielleicht ist so ein Einsatz in unserer berufsorientierten Gesellschaft schon unmöglich geworden – Bildung ist ökonomisch gesehen scheinbar weniger wichtig als das Militär. Aber vielleicht wäre es für alle Parteien (Kinder, Eltern, Lehrer) ein Schritt in Richtung Zusammenarbeit und gesellschaftliche Integration.