Vor der französischen Revolution war es eine revolutionäre und optimistische Sichtweise: Menschen brauchen keine höhere Macht, keinen gottgesandten König, um ein moralisches Zusammenleben durchzusetzen. Menschen haben moralische Gefühle, weshalb ihre Interaktion auf dem freien Markt zu einem moralischen Ergebnis führt. In diesem Kontext argumentiert Adam Smith 1776: Kaufleute fördern das Gemeinwohl weniger durch ihr Wohlwollen als durch das Verfolgen ihrer Eigeninteressen. Wie von unsichtbarer Hand geleitet investiere der Kaufmann aufgrund seiner risiko-aversen Grundhaltung eher in der Heimat als in den Fernhandel, und dient so unbewusst den Interessen der Gesellschaft. Erst anfangs 19. Jahrhundert wurden Gesellschaften mit beschränkter Haftung zugelassen – und Smiths “Theorie Moralischer Gefühle” scheint nicht mehr zu greifen. Funktioniert die unsichtbare Hand, wenn Unternehmer heute ihr Glück auf dem Weltmarkt suchen und hierzulande mit Arbeitsplatzabbau drohen, wenn Abgaben auf umweltschädliches Wirtschaften diskutiert werden? Moralische Gefühle und volle Verantwortung wären Voraussetzung für einen funktionierenden freien Markt. Smith hätte die Rechtsformen GmbH und AG womöglich abgelehnt: Erstens lohnt sich für Kapitalgesellschaften riskante Spekulation, denn im Gegensatz zum Profit ist der Verlust auf das investierte Kapital beschränkt. Zweitens ist es für Kapitalgesellschaften stets von Vorteil, zu fusionieren und Marktmacht auszunutzen. Wer würde hingegen persönliche Haftung für einen Weltkonzern übernehmen? Drittens schieben Aktionäre die moralische Verantwortung zu einfach auf das Management ab – wie die Inhaber vom Panzerkonzern Krauss Maffei (www.politicalbeauty.de/25000.html). Als moralisch denkender Mensch würde ein Manager womöglich auch keine Waffen an Saudi Arabien verkaufen – doch Manager haben von den Aktionären den Auftrag, profitabel zu wirtschaften. Die moralische Verantwortung zwischen Inhaber und Manager zu verwischen, ist ein Erfolgskonzept. So wirkte auch einst die British East India Company, die erste Limited Liability Company, welche das Opium zur Zermürbung vom chinesischen Kaiserreich lieferte, und deren Manager auf Getreidepreise spekulierten, während Millionen von Indern verhungerten.
Gesellschaften mit beschränkter Haftung könnten ganz einfach nicht mehr als Rechtform zugelassen werden – dazu würde eine einfache ZGB Anpassung reichen – was ich nicht unbedacht fordern will. Economy of Scale bringt Effizienzgewinne. Doch wir müssen uns jedoch nicht wundern, wenn LiberalismusLiberalismus ist eine Weltanschauung, die sich nach dem Grun... nicht funktioniert, wenn es mehr um Eigennutzen als um Eigenverantwortung geht. Wenn jeder tut, was für ihn am Besten ist, ist das das Beste für alle? Wer keine moralischen Gefühle respektiert, sollte sich nicht auf diese Schlussfolgerung berufen können, welche moralische Gefühle voraussetzt. Von juristischen Personen, welche die heutige Wirtschaft dominieren, können kaum moralische Gefühle erwartet werden. “Das Interesse der Verkäufer in Handel und Gewerbe ist in mancher Hinsicht immer verschieden mit dem der Allgemeinheit, ja diesem entgegengesetzt” sagte Smith, und ist sehr kritisch gegenüber politischen Vorstössen von Gewerbetreibenden. Dass Wahlkampf & Politik aus anonymen Quellen mit Eigeninteressen sehr einseitig finanziert wird, ist problematisch. Hätten Gesellschaften mit beschränkter Haftung – insbesondere Erdölunternehmen (siehe z.B. https://de.wikipedia.org/wiki/Standard_Oil_Company) – nicht die Glaubwürdigkeit einer gerechten freien MarktwirtschaftDie Marktwirtschaft ist eine Grundform einer Wirtschaftsordn... untergraben, so hätte vielleicht niemand zu einer sozialistischen Revolution aufrufen müssen. Doch wie SozialismusDer Sozialismus ist eine politische Weltanschauung, die sich... ist auch LiberalismusLiberalismus ist eine Weltanschauung, die sich nach dem Grun... eine interessantes Konzept – das nicht selbstverständlich funktioniert. Der Ruf nach dem Staat wird laut, wenn die Gewinne der MarktwirtschaftDie Marktwirtschaft ist eine Grundform einer Wirtschaftsordn... nur wenigen zugute kommen und der Geist der Gier umgeht, schreibt Daniel Yergins in “Staat oder Markt”.
Eine etwas überspitzte Konklusion könnte sein, dass Liberale volkswirtschaftlich mit einem positiven Menschenbild für Selbstregulierung argumentieren, persönlich jedoch ein negatives Menschenbild prägen, wenn sie LiberalismusLiberalismus ist eine Weltanschauung, die sich nach dem Grun... als Rechtfertigung für eigennütziges Verhalten interpretieren. Sozialisten gehen womöglich folgerichtig volkswirtschaftlich von einem negativen Menschenbild aus und fordern deshalb ein starkes Staatswesen; ihr persönliches ethisches Verhalten könnte hingegen ein positives Menschenbild rechtfertigen. Grünliberale stehen so gesehen persönlich und volkswirtschaftlich für ein positives Menschenbild ein und engagieren sich mit Eigenverantwortung statt Eigennutzen für eine nachhaltige Zukunft.
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