4.4.2013
NEUTRAL – JA, NEIN, ODER EIN BISSCHEN?
In der NZZ vom 4.4.2013 werden Bedenken wegen eines eventuellen Einsatzes der Schweiz zu Gunsten der Armee Malis kleingeredet.
Die Welt besteht aus sehr unterschiedlichen Staaten und Staatengruppen mit den verschiedensten zentralen Interessen, die oft mit denjenigen anderer Mitspieler im Konflikt stehen. Neutralität heisst, keine dieser zahlreichen, unterschiedlichen Interessen zu unterstützen, sonst wird die Schweiz dem von ihr unterstützten Lager zugerechnet. Im Fall einer ernsten internationalen Krise könnte uns das teuer zu stehen kommen.
Der schon seit Jahren dauernde militärische Interventionismus des Westens wird von anderen grossen oder kleinen Machtzentren in der Welt ganz anders beurteilt, als es der Westen auf Grund seiner Begründungen selber tut. Er wird als gewaltsame Durchsetzung westlicher Interessen gesehen. Die “Weltgemeinschaft”, d.h. der Sicherheitsrat, genehmigte die Intervention in Lybien, aber heute fühlen sich China und Russland, die zugestimmt hatten, durch das, was der Westen dort aus dem “Schutz der Zivilbevölkerung” gemacht hat, richtiggehend hintergangen.
Wenn der Einsatz der Schweiz zugunsten der ehemaligen Rebellenarmee Südsudans oder, im Falle der Armee Malis, auf Grund eines Gesuches der “Regierung in Bamako” mit der Neutralität vereinbar ist, um sie “zu befähigen, das von Bürgerkrieg und von Fundamentalisten geplagte Land aus eigener Kraft zu stabilisieren”, müsste die Schweiz doch auch der Volksbefreiungsarmee Chinas helfen, in Xinjiang, der Provinz der Uiguren, wo laut chinesischer Interpretation islamische Fundamentalisten die Einheit Chinas bedrohen, die Lage zu stabilisieren. Wir könnten sie auch im Gebirgskrieg ausbilden, um sie zu befähigen, in Tibet “Harmonie und Stabilität” zu gewährleisten. Wie wäre es mit einer Unterstützung “zur Sicherung des Friedens” für die Armeen Japans, der Philippinen und Vietnams,? Sie haben zwar mit China im Konflikt stehende territoriale Interessen. Georgien wäre sicher ein dankbarer Kandidat für Hilfe durch die Schweizer Armee, damit die Regierung “das Land aus eigener Kraft stabilisieren kann”, nachdem ihr die russische Armee eine Lektion erteilt hatte. Schliesslich könnte auch die Armee Argentiniens angesichts von dessen Interessen an den Falkland-Inseln eine Unterstützung durch die Schweiz brauchen. England bräuchte keine Unterstützung durch die Schweiz. Es hat ja dort schon gezeigt, dass es “befähigt ist”, seine Interessen zu wahren. Es gibt noch zahleiche andere Ländern, die sich gerne durch die Schweizer Armee helfen liessen. Sicher wird sich der neue Papst an der heutigen flexiblen Schweizer Neutralitätspolitik ein Beispiel nehmen und den Nonnen weltweit sagen, sie bräuchten nur noch ein bisschen jungfräulich zu sein.
Gotthard Frick, Bottmingen
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Kommentare anzeigen Hide commentsStimmt. Der Wiener Kongress hat es der Schweiz auferlegt, neutral zu bleiben – doch die Landesregierung ‘bastelt’ immer wieder an den Bedingungen herum und hofft dass es niemand merkt. Ein souveräner Staat kann nur souverän sein, wenn er Prinzipien aufrecht erhält und durchsetzt. Die Schweiz prostituiert sich im Rahmen des westlichen Kolonialismus immer wieder einmal und versucht dann abzuwiegeln. Globalismus ist eine Krankheit, kein Gewinn. Manchmal habe ich den Eindruck die Schweiz ist aus einem (noch) unbekannten Grund international erpressbar geworden – was ist da in Bern eigentlich los?