Unser Gesundheitssystem benötigt zwei Neugestaltungen – einerseits im Bereich der Finanzierung und anderseits bei der wirksamen Umsetzung, das heisst der Effizienz und Effektivität, der eigentlichen Gesundheitsversorgung. Da die Finanzierungsseite weiterhin nach einer nachhaltigen Lösung sucht – ein möglicher Lösungsansatz wäre die Einheitskasse – sollten in der Zwischenzeit auf der Leitungsseite einige Reformen vorangetrieben werden.
Ein wichtiges Ziel der Reformen muss sein, dass die Qualität der Massnahmen weiterhin hoch ist. Doch es gibt viele aktuelle Studien, die aufzeigen, dass die Qualität der Behandlung zwischen den verschiedenen Kantonen der Schweiz sehr unterschiedlich ist. Eine Studie hat 2009 zum Beispiel aufgezeigt, dass es gewichtige regionale Unterschiede während der ganzen Behandlungskette von Brustkrebs gibt – von der Früherkennung bis hin zur Therapie. So wurden bei Frauen in den Kantonen Wallis und Genf bedeutend mehr Tumore in Frühstadien entdeckt (44% und 42%) als beispielsweise in der Region St. Gallen-Appenzell (28%). In der Regel wurden im Untersuchungszeitraum die Tumore mittels brusterhaltender Operation entfernt. Die totale Entfernung der Brust erfolgte jedoch in St. Gallen-Appenzell am häufigsten (38%), dagegen in Genf am seltensten (24%).
Fazit: Es müssen landesweit systematisch Studien in wichtigen Themengebieten gemacht werden und deren Resultate müssen unmittelbar in die Arbeit der Leistungserbringer einfliessen.
Ein anderes wichtiges Ziel der Reformen muss sein, dass keine finanziellen Mittel für Massnahmen eingesetzt werden, die keinen nachgewiesenen Nutzen erbringen. Ein gutes Beispiel ist das «Medical Board» , das im Kanton Zürich lanciert und seit Frühling 2011 durch die Gesundheitsdirektorenkonferenz, die FMH (Verbindung der Schweizer Ärztinnen und Ärzte), die SAMW (Schweizerische Akademie der Medizinischen Wissenschaften) auf gesamtschweizerischer Ebene verankert wurde. Beim «Medical Board» handelt es sich um eine Expertengruppe, die Empfehlungen für den Einsatz von Therapien und Diagnoseinstrumenten abgibt und so einen Beitrag zur Sicherstellung der im Krankenversicherungsgesetz geforderten Wirksamkeit, Zweckmässigkeit und Wirtschaftlichkeit von medizinischen Behandlungen leistet . Doch auch wenn das «Medical Board» zum Schluss gekommen ist, dass verschiedene Massnahmen nicht (mehr) sinnvoll sind, verbleiben diese im Leistungskatalog der obligatorischen Krankenversicherung. Es kann also weiterhin nach veralteten Behandlungsmustern behandelt und abgerechnet werden.
Fazit: Leistungen, deren Nutzen nicht oder nicht mehr nachgewiesen sind, sollten nicht mehr angeboten und abgerechnet werden dürfen.
Und ein drittes wichtiges Reformthema sind die Strukturen für eine verbesserte Kooperation unter den Leistungserbringern. Eine intensivere Kommunikation sowohl unter den verschiedenen Leistungserbringer als auch zwischen Leistungserbringer und Patientinnen und Patienten. Dazu gehört vor allem die Strategie, die Integration der Behandlungsabläufe zu fördern und zum Beispiel Schnittstellen genau zu definieren und zu optimieren. Und so eine patientenorientierte Gesundheitsversorgung in den Vordergrund zu stellen die wirtschaftlichen Einzelinteressen der Leistungserbringer einzudämmen.
Fazit: Die Patientinnen und Patienten müssen ernst genommen werden und in die Planung und Umsetzung der Behandlung miteinbezogen werden.
Personen haben auf diesen Beitrag kommentiert.
Kommentare anzeigen Hide commentsVor den Leistungserbringern kommen wohl die wirtschaftlichen Interessen der Pharma nicht wahr?
Da fängt die ganze Misere erst mal an. Nur schon darüber kann man Bücher schreiben.
Dann kommen die vielen sinnlosen, extrem teuren Medikamente mit den schlimmen Nebenwirkungen, welche wiederum mit noch schlimmeren, noch teureren Medikamenten kuriert werden müssen.
Angebote von der Pharma, verschrieben vom Leistungserbringer.
Während dem gleichzeitig die nützlichen und häufig günstigeren Therapien von der Grundversicherung nicht bezahlt werden, obwohl erwiesen ist das sie helfen, aber die Profite aus der Anwendung würden nicht in die Taschen der Pharma fliessen und deswegen werden sie von den Kassen und den Leistungserbringern boykottiert.
Dann kommen die Krankenkassen welche sich mit einem guten Teil der einbezahlten Prämien in erster Linie selber ihre Teppichetagen und ihren riesigen Verwaltungsaufwand finanzieren, nicht zu vergessen den Riesenaufwand für Werbung, der jedes Jahre investiert wird, um neue Mitglieder im ewigen Karussel der Krankenkassenwechsler zu generieren und bestehende Mitglieder bei der Stange zu halten.
DAS ALLES KOSTET UNS UNSUMMEN!!! = UNNÖTIGE VERSCHLEUDERTE UNSUMMEN !!!
Wir brauchen keine zusätzlichen Konstrukte und Gremien die über unsere Köpfe hinweg entscheiden was gut für uns ist und was nicht.
Wir brauchen auch keine “verbesserte (?) Kommunikation” der Leistungserbringer. Die Leistungserbringer kommunizieren schon gut genug miteinander – zum Donnerwetter nochmal!
Wir brauchen auch kein Managed Care System. Was wir brauchen sind Ärzte denen wir vertrauen können und damit wir ihnen vertrauen können müssen es immer dieselben sein – und nicht irgendein Zugeteilter, der von uns keine Ahnung hat und jedesmal erst irgendwo die Akten anfordern muss bevor er uns behandeln kann – oder wie soll das sonst gehen?
Alles was Sie hier aufzählen läuft wieder auf’s selbe hinaus: Die SP baut sich wieder ein äusserst schwer zu überblickendes Konstrukt zusammen, dessen Nutzen schlussendlich vom Bürger überhaupt nicht mehr überprüft werden kann, aber finanzieren muss er es!
Diese ganzen neuen “gesundheitsfördernden Ideen” taugen nichts für kranke Menschen. Sie verkomplizieren unnötig das worauf es ankommt: DIE SINNVOLLE BEHANDLUNG UND HEILUNG KRANKER MENSCHEN!
Mehr Bürokratie, mehr Beamte, mehr “Kompetente” die in Wirklichkeit vom Thema keine Ahnung haben, aber eine steile Laufbahn und eine gesicherte hohe Pension anstreben – finanziert vom armen Bürger der dafür, falls er krank wird in einem anonymen Zirkus herumgeschoben wird ohne letzlich dafür auch nur eine Franken einzusparen. So wird’s nähmlich enden!
Wenn wir sinnvoll die enormen Kosten in unserem Gesundheitssystem senken wollen, dann müssen wir den Mut haben sie dort zurückzubinden wo sie effektiv entstehen. Bindet die Pharma und die Kassen zurück. Arbeitet mit Medikamenten und Therapien von denen erwiesen ist das sie helfen – egal ob schuldmedizinisch oder alternativ – der Nutzen für den Menschen muss oberste Priorität haben – nicht der Profit für Pharma und Kassen!
Bezahlt die Behandlung und Heilung von Krankheiten – nicht reine Schönheitsoperationen undsoweiter! Wenn man wirklich Kosten reduzieren wollte, müsste man den Mut haben die auf die wirklichen Verursacher loszugehen – anstatt mit sinnlosen Konstrukten noch mehr Geld zu verbraten. Geld das dafür da sein sollte zu helfen und zu heilen…….
Lieeb Frau Keller
Ihr Kommentar freut mich, weil ich sehe, dass Sie im Thema ebenso engagiert sind wie ich: Dass Sie mir recht geben, dass man bei den Krankenversicherungen ansetzen müsste und dass nur Therapien eingesetzt werden sollen, deren Nutzen erwiesen ist freut mich zusätzlich.
Zu Ihrem Kern-Statement „..dann müssen wir den Mut haben sie dort zurückzubinden wo sie effektiv entstehen. Bindet die Pharma und die Kassen zurück.“ Möchte ich Ihnen zu bedenken geben, dass beide Akteure nach den Prinzipien des liberalen Marktes agieren, sprich nach Nachfrage. Haben Sie sich hierbei schon überlegt, wer denn dieses wichtige „Zurückbinden“ auf nachhaltige Weise bewerkstelligen soll?
Genau hier setzen meine Reformvorschläge an…
Zudem: Medikamente sind ein wichtiger Teil der Kosten, der Anteil der Medikamente an den gesamten Gesundheitskosten in der Schweiz liegt bei 10.1%. In der öffentlichen und veröffentlichten Auseindandersetzung wird der Anteil der Pharmabranche meist überschätzt.
Mit freundlichen Grüssen
Ursula Zybach
ALs erstes müssten die Anzahl Spitäler massiv reduziert werden. Und teure Eingriffe zentralisiert. Ein Transplantationszentrum würde genügen!
Diese Zentralisierung würde automatisch zu tieferen Kosten zu einer besseren Behandlung führen. Wer mehr vom gleichen Behandelt wird auch besser.
Als erstes müsste die Zentralisierung der Krankenkassen erfolgen durch eine öffentliche Krankenkasse.
Eigenartigerweise spricht man bei den Krankenkassen immer von “die Konkurrenz beflügelt den Markt”.
Bei den Spitälen genau das Gegenteil – eine etwas kuriose Angelegenheit!
Es gibt wirklich viele unverstaendliche Regelungen in unserer Krankenversicherung. Ich habe drei Kinder. Meine erste Tochter wurde im Spital geboren und ich war eine Woche im Krankenhaus. Die gesamten Kosten wurden von der Krankenkasse uebernommen, zudem bekam ich gratis Binden, Windeln usw. die ich nach Hause nehmen konnte.
Meine beiden weiteren Kinder wurden in einer Geburtsstaette, Hebammengemeinschaft geboren. Ambulant. Ein paar Stunden nach der Geburt war ich zu Hause. Obwohl dies fuer die Krankenkasse viel kostenguenstiger war, musste ich hier mitbezahlen. Im Prinzip wurde ich dafuer bestraft, den guenstigeren Weg zu waehlen. Dies fuehrt natuerlich auch dazu, dass viele den teureren Weg waehlen, da dieser von der Krankenkasse voll uebernommen wird.
Oder fuer Alternativmedizin muss ein Zuschlag entrichtet werden, auch wenn die Medikamente billiger und genauso wirksam sind und vor allem nicht weitere Medikamente zur Bekaempfung der Nebenwirkungen brauchen.
Ein anderes Beispiel, ich hatte zwei Freundinnen, welche sich unterbinden liessen. Eine war privatversichert, die andere in der allgemeinen Krankenkasse. Das gleiche Spital, beide ambulant, der gleiche Arzt, aber die eine Rechnung war ein vielfaches hoeher. Wo bleibt die Logik?
Ein Klassensystem in der Krankenversicherung ist nicht zu veranworten. Eine Bestrafung der guenstigeren Behandlung macht wirtschaftlich keinen Sinn. Eigenverantwortung ist wichtig, aber wenn diese finanziell bestraft wird, gibt es wenig Anreiz.
> Eine Bestrafung der guenstigeren Behandlung macht wirtschaftlich keinen Sinn.
Als SP-lerin sollten Sie aber schon den Unterschied zwischen Betriebs- und Volkswirtschaft kennen…
Ich hätte erwartet, dass die Hebammen auch ein paar Windeln geschenkt hätten. Das bekommen die Hebammen von den Windeln-Hersteller als Werbegeschenke geschenkt.
Wenn ich sie aber richtig verstanden habe, wurden immer alle Kosten übernommen. Sie mussten also unabhängig von der Geburtsart nichts bezahlen.
Der Vergleich zwischen Privatpatient und Allgemeinpatient ist interessant. Die Privatpatienten subventionieren die Allgemeinpatienten, was ja genau die Intention der SP ist. Genau wie die Mittelstandseltern die Krippenplätze der Working Poor-Eltern finanzieren müssen. Dabei sollten doch die Familien an sich gefördert werden und nicht die Verarmung der Familien.
Nein, bei den Geburten in der Hebammenstaette musste ich, dass liegt nun 20 Jahre zurueck jeweils Fr. 250.00 selbst bezahlen, welche von der Krankenkasse nicht uebernommen wurden. Bei der Spitalgeburt mit Spitalaufenthalt wurde alles uebernommen, obwohl diese um ein vielfaches teurer war.
Liebe Frau Roosa-Riedener
Sie listen einige Problemfelder auf – und diese könnte man noch um unzählige Beispiele verlängern. Das Gesundheitssystem in der Schweiz hat Ähnlichkeiten mit einem Selbstwahlbuffet in einem all inclusive Hotel – einfach dass die Gäste kein Sättigungsgefühl entwickeln. Diejenigen, die eigenverantwortlich wenig auf den Teller schöpfen sehen zu wie die anderen die Teller überfüllen bis das Buffet leer gefegt ist. Schliesslich muss die Hoteldirektion die Preise für alle Hotelgäste anheben, da das Geld fürs Buffet nicht mehr ausreicht. Und die Geprellten sind einmal mehr die Eigenverantwortlichen, Sparsamen…
Und die Mehrklassenmedizin haben wir in der Schweiz schon länger und alle schauen wir zu.
Mit freundlichen Grüssen
Ursula Zybach
Wem haben wir denn das KVG zu verdanken? _SP_-BR Dreifuss! (Die mit dem Pharma-Bruder…) Wohlgemerkt mit dem Versprechen, damit würden die jährlichen Prämienverteuerungen gestoppt!
In der ganzen Gesundheitsdiskussion wird von Eigenverantwortung gesprochen um die Kosten zu senken.
Ist Eigenverantwortung so zu verstehen, dass man erst zum Arzt geht wenn die Schmerzen unerträglich sind und eine Behandlung zu spät ist?
Aus medizinischer Sicht wird von Vorsorgeuntersuchungen geredet um allfällige Krankheiten früher erkennen zu können, was Langzeitkosten und Invalidität verhindert und somit finanziell günstiger sei.
Meine “Eigenverantwortung” hat mir eine chronische, arterielle Lungenkrankheit und starke Herzbeschwerden gebracht.
Mein Bauchgefühl sagt mir, das hier alle die Schuld der Kostenexplosion dem Einzelnen zuschieben wollen.
Aber solange Parlamentarier auf der “Lohnliste” der Pharmakonzerne stehen , wird sich nicht viel ändern.