1. Bei Konzernsitzen wird auch in der Schweiz immer mehr die angelsächsische «Hire & Fire»-Kultur, ein erbarmungsloser Turbokapitalismus, zur Mode. Z.B. ein 44-jähriger Schweizer Informatiker (ab 45-Jahren höhere Sozialbeiträge) verliert nach 20-jähriger ununterbrochenen Tätigkeit für diesen Konzern – mit allen übrigen Kollegen – von der Konzernleitung unangekündigt – sofort die Stelle, zwar mit Lohnfortzahlung im Kündigungsbereich von 6 Monaten, aber ohne einen brauchbaren Sozialplan. Versagen der Sozialpolitik total in der Schweiz?. Dann z.B. ein anderer Schweizer – nach intensiver 7-jähriger Ausbildungszeit – er war danach sofort ein Jahr arbeitslos. Er wurde vielfach zu schönfärberisch abgelehnt mit der demütigenden lapidaren Begründung: “Zu wenig Berufserfahrung”.
Heute hat dieser 28 Jahre junge Schweizer Informatiker zwar eine 1. Anstellung gefunden, aber zu 1/2 des in der Schweiz üblichen Lohnes.
2. Schnelles Einstellen und wieder Rauswerfen wird hierzulande bitter spürbar also immer mehr zur Mode. Ein Trend, der aus den USA kommt. So waren im vergangenen Jahr bei 26 Prozent der Kündigungen eine Reduktion des Personalbestandes die Ursache, wie das jüngste Arbeitsmarkt-Barometer z.B. der Firma von Rundstedt zeigt, das am Donnerstag veröffentlicht wurde. Dies ist deutlich mehr als noch im Jahr davor mit 15 Prozent.
“Von Rundstedt unterstützt Entlassene bei der Suche nach einer neuen Stelle. Für das Arbeitsmarkt-Barometer wurden Informationen von 1370 Angestellten aus 201 Unternehmen ausgewertet, die 2017 Kündigungen ausgesprochen hatten.
Standort Schweiz gerät unter Druck
Hinzu komme, dass ein Drittel aller Kündigungen in Stabsstellen und Management-Unterstützungsfunktionen betrafen. Das ist ebenfalls mehr als in den Vorjahren. 2016 wurden 31 Prozent aller Kündigungen in diesen Funktionen ausgesprochen, 2015 waren es erst 24 Prozent gewesen.
“Diese zwei Entwicklungen können dadurch begründet werden, dass 2017 bei vielen Hauptsitzen von in der Schweiz ansässigen globalen Unternehmen Personal abgebaut wurde», stellte die Studie fest. Dies betreffe sowohl Hauptsitze von Schweizer Konzernen als auch Europa-Sitze von ausländischen Multis.
“Wir beobachten, dass einerseits gezielt und systematisch hoch qualifizierte Stabsstellen, welche ortsungebunden sind, ins Ausland verlagert werden», stellt von Rundstedt fest: Nach dem Produktionsstandort Schweiz gerate also auch der Konzernsitzstandort Schweiz zunehmend unter Druck.
Stellenwechsel lohnen sich gehaltsmässig
Ein Druck auf die Löhne von hochqualifiziertem Personal sei dagegen nicht festzustellen. So müsse ein Arbeitsloser bei seiner neuen Stelle durchschnittlich eine Saläreinbusse von 6 Prozent in Kauf nehmen. Das ist eine Verbesserung gegenüber dem Vorjahr, als der Wiedereinstiegslohn eines Stellenlosen 8 Prozent tiefer lag als bei seinem vorangegangenen Job.
Daraus lasse sich ableiten, dass der Lohndruck in der Schweiz bei Hochqualifizierten nicht über eine Senkung der Löhne, sondern über eine gezielte Auslagerung von hochqualifizierten Stabsstellen ins Ausland korrigiert werde, hiess es.
Denn neue Mitarbeiter, die abgeworben wurden, erhalten einen 10 Prozent höheren Startlohn als bei ihrem vorherigen Unternehmen. «In der Summe führt dies zu einem Lohnanstieg von 2 Prozent», stellt von Rundstedt fest.
Nur wer 100 Prozent passt, hat überhaupt noch eine Chance
Gleichzeitig zeigen sich die Unternehmen kompromisslos: Wer nicht 100 Prozent ins Stellenprofil passe, bekomme den Job nicht. Wenn die Konzerne in der Schweiz nicht fündig würden, suchten sie global. So entstehe ein Strukturproblem am hiesigen ArbeitsmarktDer Arbeitsmarkt wird wie jeder Markt gebildet durch [[Nachf...: Einerseits gebe es einen Mangel Fachkräften, andererseits seien aber qualifizierte Menschen arbeitslos.
«Eine Folge daraus ist, dass es Betroffene trotz nachweislichem Potenzial schwer haben, in eine neue Branche oder eine neue Funktion zu wechseln, wenn sie diese Erfahrung nicht vorweisen können», bilanziert von Rundstedt. Nur noch ein Fünftel der Gekündigten schaffe es, die Branche zu wechseln. Das ist deutlich weniger als 2015 (rund ein Drittel). Auch ein Wechsel der Funktion ist schwierig.”
Publiziert am 11.01.2018 im Blick
Im Regelfall lehrte Gandhi doch gerade die Gewaltlosigkeit, doch machte er auch eine Ausnahme:
Wo man nur die Wahl hat zwischen Feigheit und Gewalt, würde ich zur Gewalt raten.
Mahatma Gandhi (1869-1948), ind. Rechtsanwalt, Führer d. ind. Befreiungsbewegung
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Kommentare anzeigen Hide commentsVielleicht könnte man noch ergänzen, dass eben einige Firmen in der Schweiz gar keine Schweizer Firmen sind.
Die Praxis, einem Angestellten nicht zu kündigen, sondern einfach freizustellen und den (hier) noch geltenden Lohn der Kündigungsfrist zu zahlen ist nicht schön.
Aber es könnte damit zu tun haben, dass Personalabteilungen sich nicht mehr “persönlich” mit Menschen befassen wollen. Sie verwalten das Personal nur noch als ” Rohstoff”. Etliche Firmen stellen Angestellte gar nicht mehr selber an. Sie überlassen es einer anderen Firma und kümmern sich nur noch um die eigene Firmentätigkeit.
Wenn bei den beiden Grossbanken schon Personalabbau angekündigt wurde, so werden diese wahrscheinlich nicht mehr verabschiedet, sondern einfach eines morgens, wenn sie zur Arbeit kommen, am Eingang von einem Sicherheitsangestellten angehalten. Sie müssen ihren elektronischen Zugangsschlüssel gleich abgeben, werden zum Arbeitsplatz begleitet, dürfen ihre persönlichen Sachen abholen, aber mit niemandem mehr sprechen. Adieu sagen braucht Zeit – das kostet – und schliesslich wollen Aktionäre am ende des Jahres Geld. Spass beiseite: Es eine Sauerei. Verpackt in schönen Anzügen und Krawatte.
Herr A. MÜLLER
Ja genau so ist es
Lieber Herr Hottinger
Ja,was wollen Sie den nun?
Die letzten Jahrzehnte haben wir unsere Politik so vollständig nur auf das Wohl von Konzernen ausgerichtet.
Alles was nicht das Prädikat “Deregulierung”, “Wettbewerbsfähigkeit” oder “Marktauglich” trug wurde als “Bürokratie”, “Sozialistisch” oder “naive 68-er Ideologie” verteufelt und abgelehnt.
Das wurde so bestellt – jetzt braucht sich niemand zu beschweren wenn es so auch serviert wird.
Sind Nestle, Roche, UBS, CS, etc überhaupt noch Schweizer Firmen?
Viele diese Firmen agieren global und die oberste Führungsebene ist international ausgerichtet.
Die UBS könnte ihren Hauptsitz ohne Mühe in London, Paris, Frankfurt oder auch in Indien einrichten.
Viele niedere Backoffice-Tätigkeiten sind bereits nach Osteuropa oder Asien verlegt worden.
In Grossbanken wie der UBS gibt es Service-Center (z.b in Polen), wo Tätigkeiten wie die Eröffnung eines Bankkonti ausgelagert ist.