Die Ansprüche an den Staat sind vielfältig und kaum mehr unter Kontrolle zu halten. Die Anspruchshaltung – individuell und als Interessengruppen – wächst und wird in alle Richtungen geschürt. Bei den Begehrlichkeiten wird der Begriff “Subventionen” heute tunlichst vermieden. Man spricht von Förderbeiträgen, Erleichterungen, Verbilligungen, Anschubhilfen und Unterstützungen aller Art. Das tönt weniger nach staatlichen Almosen, sondern nach einem Anspruch, der uns persönlich oder als Kollektiv zusteht. Der sprachliche Wandel beeinflusst auch die Selbstverständlichkeit, mit der wir alle die vielen staatlichen Quellen anzapfen. Nur: Wer soll das bezahlen?
Der Staat verwaltet nur das Geld der Steuerzahler
Weder Gemeinde, Kanton oder Bund „besitzen“ Geld. Es ist das Geld der Bürgerinnen und Bürger sowie der juristischen Personen, das diese Jahr für Jahr bereit sind – in Form von Steuern und Gebühren – für die Deckung der StaatsausgabenStaatsausgaben sind Ausgaben des öffentlichen Sektors für ... zu entrichten. Ein gesunder Staatshaushalt kann dabei nur so viel an Ausgaben verkraften, wie er auf Einnahmen zählen darf. Oder anders ausgedrückt: Die zunehmend überbordenden Forderungen an den Staat sind kritisch zu hinterfragen.
Aufgaben, die der Einzelne nicht übernehmen kann oder die nicht individuell wahrgenommen werden können, sind vom Staat, also von uns allen, zu unterstützen oder zu finanzieren. Beispielsweise besteht ein gesellschaftlicher Konsens, dass der Staat für die kollektive Sicherheit aufkommt, für die Kosten einer zeitgemässen Infrastruktur oder für das öffentliche Bildungswesen.
Entmündigende Aufgabendelegation
Umstrittener ist die Verantwortlichkeit des Staates gegenüber der Lebenssituation des Einzelnen. Ist es wirklich eine “grosse Errungenschaft unseres Staatswesens“, wie vor einer Woche im Editorial der Unterland Woche vertreten wurde, dass wir „keine (privat organisierten) Suppenküchen mehr kennen“? Was wird aus dem hohen Wert der individuellen, aus innerem Antrieb gelebten Solidarität – der Zwillingsschwester der persönlichen Freiheit – wenn der Staat Zwangssolidarität in bald allen Lebensbereichen „organisiert“?
Verstehen Sie mich recht: Wer in unverschuldete Not geraten ist, wer gesundheitliche Bürden zu tragen hat, dem soll und muss der Staat, also wir alle, ein würdiges Leben ermöglichen. Und auch die Chancengerechtigkeit – nicht zu verwechseln mit der Illusion einer Chancengleichheit – darf nicht zur Disposition gestellt werden. Aber eine Gesellschaft mit Vollkaskomentalität, eine Gesellschaft ohne Ansprüche an individuell wahrgenommene Eigenverantwortung und Solidarität, betrachte ich nicht als zukunftstauglich, nicht im inneren Zusammenhalt und nicht im globalisierten Wettbewerb. Die verbreitete und zunehmende Entbindung der Menschen von ihrer Eigenverantwortung wird nicht nur unbezahlbar, sondern entwürdigt letztlich die Menschen. Sie kennen sicher alle das unbeschreibliche Gefühl „Ich hab’s aus eigener Kraft geschafft!“ – nach einer Prüfung, nach einem Schicksalsschlag, nach einer besonderen Herausforderung. Wir dürfen uns nicht vom SozialstaatDer Begriff Sozialstaat bezeichnet ein Gemeinwesen, das best... entmündigen lassen. Stolz und Freude an der eigenen Leistung, aber auch an bewusst gelebter, individueller Solidarität, sind grundlegende Triebfedern eines erfüllten Lebens.
Der Staat ist auf Einnahmen angewiesen
Überbordende und scheinbar grenzenlose Forderungen an den Staat führen zu einer Erosion der Steuermoral. Noch ist diese in der Schweiz erfreulich hoch. Dazu ist Sorge zu tragen. In umliegenden Ländern hat sich gezeigt, dass die Steuerschraube kein nachhaltiges Heilmittel gegen unkontrolliert steigende StaatsausgabenStaatsausgaben sind Ausgaben des öffentlichen Sektors für ... ist. Staatliche UmverteilungUmverteilung ist das Ergebnis einer sozial- bzw. wirtschafts... hat ihre Grenzen dort, wo sie von den Nettozahlern nicht mehr als gerecht empfunden wird.
Als Finanzvorsteher meiner Wohngemeinde bin ich nicht nur für die Ausgaben-, sondern auch für die Einnahmenseite verantwortlich. Dabei stören mich – mit Bezug auf die Steuermoral – gewisse Praktiken und Möglichkeiten zur Steueroptimierung, resp. -minimierung. Ich bin mir bewusst, dass es sich dabei weitgehend um legale Möglichkeiten handelt und dass sich nur wenige Steuerpflichtige die gesetzlichen „Schlupflöcher“ exzessiv zu Nutze machen. Aber diese Fälle sind ebenfalls Gift für die Steuermoral und eine solidarische Gesellschaft.
Staatsausgaben – bestehende und neue Forderungen – sind permanent und kritisch zu überprüfen. Dies fordert mich in meinem öffentlichen Amt und Sie, als SteuerzahlerInnen und als BürgerInnen, bei Ihren Erwartungen an den Staat. Dabei gilt es zu klären, was überhaupt unabdingbare Staatsaufgaben sind und wie viel uns deren Erfüllung wert ist. Darüber ist in letzter Zeit eine heftige, öffentliche Diskussion entflammt.
Ein wichtiger Grund für diese Debatte liegt in den Verlagerungen von ganzen Kostenpaketen und neuen Finanzlasten hin zu den Gemeinden. Kostensteigerungen auf Staats- oder Bundesebene sind dem Steuerzahler oft wenig bewusst, Steuererhöhungen an der Gemeindeversammlung dagegen schon. Vielleicht ist es heilsam, dass immer mehr Kosten nach unten, auf die Gemeindeebene delegiert und somit für den Steuerzahler transparenter werden. Damit steigt die Sensibilisierung für die Fragen nach Zweckmässigkeit und Sinn, nach Nutzen und Kosten von Aufgaben, welche an die Gemeinschaft delegiert wurden und wohl weiterhin werden. Und hoffentlich erwächst dadurch auch dem Grundsatz “Wer zahlt, befiehlt!” wieder eine angemessene Bedeutung in unserer, an sich erfolgreichen, föderalistischen Aufgabenteilung.
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Kommentare anzeigen Hide commentsDer Denkmusterirrtum des Autors muss aus betreutem, angelerntem und eingehämmerten Wissen stammen? Es gibt praktisch keine Ökonomen, welche die Funktion des Geldsystems (Bedeutung Geld dreht sich im Kreise) verstehen können (fehlende kognitive Fähigkeiten), oder wollen (Manipulation)! Als Marktteilnehmer sichert man die Zirkulation des Geldes! Der Begriff “Zahler” ist irreführend! Anstelle der Arbeit/Leistung wird der Tauschwertersatz Geld getauscht, also für eine Gegenleistung weitergegeben! Der Staat als Währungshoheit, hätte das Geld gegen Leistung schulden- und zinsfrei in den Umlauf bringen können! Die Schuldendefinition ist eine Kreation, um das Verwirrspiel mit teilweise unlogischen Spielarten und Regeln (schaffen von unnötigen Arbeitsplätzen) spielen zu können!
Die Darstellung steht nicht im Einklang mit der Funktion des Geldsystems! Ohne Schulden kein Geld! Geldbesitz bedeutet im Sinne des Systems, anteilige Schuldenbeteiligung! Eine Schuld entsteht aus Geldausgaben! Das Geld muss zuerst ausgegeben werden bevor es eingenommen werden kann!
Erwerbseinkommen – Mittelfluss aus den zugeordneten Wirtschaftleistung – Anteilen von Arbeitgeber resp. Staat:
Der zweckbestimmte Geldtauschwertanteil der Arbeit/Leistung, entsteht aus der Staatsquote als Steuerquote resp. aus den Renten- und anderen Sozialausgaben als Beiträge und der frei verfügbare Anteil, entsteht aus Ausgaben für den Lebensunterhalt und Sparen!
Im Verständnis der Funktion des Geldsystems liegen die Grundlagenwerte! Weil praktisch kein Mensch ihn versteht, wird laufend manipuliert (Ökonomen = Pharisäer, Politik und Medien = Marionetten)! Der Steuer-, Sozial- und Generationen – Zahler -Mythos soll funktionieren!
Der Satz, Herr Bender, „ohne Schulden kein Geld“ stimmt beim aktuellen Geldsystem tatsächlich.
Die Problematik besteht darin, dass das so ist. Das aktuelle Geldsystem ist ein falsches und betrügerisches. Das führt dann eben zu solchen monströsen Tatsachen wie „alles Geld ist Schulden“… weil kein Gegenwert dafür vorhanden ist.
Viele Leute haben diese Zusammenhänge wie Sie offenbar nicht begriffen und deshalb die Goldinitiative abgelehnt.
Herr Knall! Das Geld dient als Tauschmittelersatz und entsteht einzig und alleine aus Schulden (nicht monströs)! Auch das Gold wird mit Schulden bezahlt! Am Ende des Geldes, verbleiben als Gegenwert, alle aus der Natur gewonnenen Sachwerte!
Geld braucht man nur zum Leben, einen anderen Sinn hat es nicht!
Meine Darstellung relativiert auch die falschen Identitäten von Steuer- und Beitragszahlern! Woher stammen wohl die Mittel, welche zur Zwangsweitergabe auf den Lohnzettel gelangen?
Ich verstehe nicht was der Verfasser hier aussagen möchte, z.b. sollen Schulen privatisiert werden / Wasserversorgung privatisiert usw !?
Bei der Privatisierung von Alterspflegheimen z.b. das ja von den Bürgerlichen vorangetrieben wurde, zeichnet sich ab das dies die zu Pflegende kaum noch finanzieren können. Gemeinde mit eigenen Pflegeheimen sind dazu genötigt wie in der Wirtschaft üblich, Kosten abwälzen und auch gezwungen sind Profit zu erzielen.
Für den Steuerzahler und auch Wirtschaft ist es von Vorteil das gewisse Bereiche der Wirtschaft entzogen werden und die Kosten der Infrastruktur und Staatswesen den Privaten Gewinnen verrechnet werden. In vielen Bereichen zahlen aber die Bürger drauf/bezahlen für fremder Geldadel, z.b. Steuerbefreite Kapitalgewinne, Preissteigerung Immobilien.
Soweit bin ich mit dem Verfasser einig das die Anspruchshaltung gewisser Kräfte oder Marktfetischisten nicht nachhaltig sein kann. Es sei denn man halte die Menschheit für einen Geld/Schuldschein mit Verlierern und Gewinnern.