Bundesrichterinnen und Bundesrichter werden heute alle sechs Jahre vom Parlament gewählt, wobei in der Wahl darauf geachtet wird, dass die politischen Parteien angemessen vertreten sind. Dies sieht die Justizinitiative kritisch und will diesen Prozess durch ein Losverfahren ablösen. Damit soll die richterliche Unabhängigkeit garantiert werden und Parteilose auch die Chance auf das Amt erhalten.

Ausgangslage

Heutzutage wählt das Parlament die Bundesrichter alle sechs Jahre, wobei der Proporzschlüssel freiwillig befolgt wird. Es wird also darauf geachtet, dass die politische Parteienlandschaft bei den Bundesrichtern angemessen abgebildet wird. Daher gehören Bundesrichter in der Regel einer Partei an.

Im aktuellen Wahlverfahren prüft die Gerichtskommission des Parlaments die Bewerbungen für die freien Stellen und stellt dem Parlament geeignete Kandidaten  vor. Die Kommission achtet freiwillig auf die gleichmässige Vertretung der Sprachregionen und politischen Positionen. Bundesrichter werden für sechs Jahre gewählt und werden in der Regel wiedergewählt. Seit der Totalrevision der Bundesverfassung 1847 wurden lediglich zwei Richter aus Altersgründen nicht wiedergewählt.

Zudem zahlen Bundesrichter (wie auch Regierungs- und Parlamentsmitglieder) einen Teil ihres Gehalts an ihre Partei als sogenannte Mandatssteuer. Die Initianten bemängeln diese, vom Gesetz nicht vorgeschriebene, Mandatssteuer.

Das Initiativkomitee störte sich am heutigen System in Hinblick auf die richterliche Unabhängigkeit und reichte am 26. August 2019 die Justizinitiative mit etwa 130’000 Unterschriften ein. Bei der Abstimmung in der Bundesversammlung gab es lediglich eine Ja-Stimme im Nationalrat.

Wichtigste Änderungen

Bundesrichter sollen neu per Los bestimmt werden. Die Zulassung zum Losverfahren würde von einer vom Bundesrat erlesenen, unabhängigen Fachkommission entschieden, welche alle zwölf Jahre neu gewählt wird. Diese soll sicherstellen, dass nur fachlich und persönlich geeignete Kandidaten zum Losverfahren zugelassen werden. In diesem Losverfahren muss die angemessene Vertretung der Amtssprachen gewährleistet werden.

Die gewählten Bundesrichter können bis zum 5. Jahr nach der Erreichung des Pensionsalters im Amt bleiben. Sie müssen sich keiner Wiederwahl stellen. Sie können vom Parlament des Amtes enthoben werden, wenn sie entweder die Amtspflichten schwer verletzt haben oder sie die Fähigkeit, das Amt auszuüben, auf Dauer verloren haben (etwa bei einer schweren chronischen Krankheit).

Argumente der Befürworter

Das Initiativkomitee sieht mit dem heutigen Wahlsystem die Gewaltentrennung zwischen Legislative und Judikative verletzt. Zudem sei die Bevölkerung mit der Bestimmung der Bundesrichter nach Parteizugehörigkeit nicht gut vertreten, da nur rund fünf Prozent der Bevölkerung einer Partei angehöre. Somit hätten parteilose Bewerber keine Aussicht auf das Amt. Dies ändere sich mit der Annahme der Justiz-Initiative grundlegend, da im Losverfahren die Parteimitgliedschaft keine Voraussetzung darstelle.

Ausserdem schaffe die Justiz-Initiative Mandatssteuern ab, womit dem Grundsatz im Bundesbrief von 1291 Folge geleistet würde, welcher festhält, dass keine Richter anerkannt werden, welche das Amt mit Geld erworben haben.

Zudem sei neu auch ein Amtsenthebungsverfahren möglich. Heutzutage unterlägen Bundesrichter lediglich einer Wiederwahl mit Parteiinteressen.

Nur mit einem Losverfahren sei die Chancengleichheit gewährleistet, da die Fachkommission die Qualifikation prüft und somit politische Beziehungen sowie Netzwerke nicht mehr ausschlaggebend sind zur Wahl in das Amt als Bundesrichter.

Argumente der Gegner

Bundesrat und Parlament sind gegen die Initiative. Das bestehende System der Bundesrichterwahl sei demokratisch und transparent, und nicht zufallsbasiert. Die Wahl des Bundesgerichts durch das Parlament stelle dessen demokratische Legitimation sicher. Durch das Losverfahren würden nicht mehr die geeignetsten Bundesrichter gewählt, sondern jene mit dem meisten Glück. Desweiteren widerspreche das Losverfahren der politischen Tradition und dem Rechtssystem der Schweiz.

Ausserdem gewährleiste der Parteienproporz in der Bundesrichterwahl die angemessene Vertretung verschiedener politischer Grundhaltungen, womit die Akzeptanz der Rechtsprechung gestärkt werde. Entscheidet der Zufall, bestehe das Risiko, dass Parteien, Werthaltungen, Landesteile oder ein Geschlecht für lange Zeit über- oder untervertreten seien.

Bundesrichter urteilten schon heute unabhängig, die Verfassung garantiere die Unabhängigkeit des Bundesgerichts. Auch sei es noch nie vorgekommen, dass ein Bundesrichter aufgrund eines Urteils nicht wiedergewählt wurde.

Auch erwähne die Justiz-Initiative die Mandatssteuer nicht explizit, weshalb diese gesondert zu betrachten sei.

Literaturverzeichnis

Bundeskanzlei (2021). Volksabstimmung 28. November 2021. Gefunden am 29. Oktober 2021 unter https://www.admin.ch/dam/gov/de/Dokumentation/Abstimmungen/November2021/Abstimmungsbroschuere_28-11-2021_de.pdf.download.pdf/Abstimmungsbroschuere_28-11-2021_de.pdf

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SRF (2021). Die Justiz-Initiative kurz erklärt. Gefunden am 29. Oktober 2021 unter https://www.srf.ch/news/abstimmungen-28-november-2021/justiz-initiative/auf-einen-blick-die-justiz-initiative-kurz-erklaert

Swissvotes (2021). Justizinitiative. Gefunden am 30. Oktober 2021 unter https://swissvotes.ch/vote/649.00

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