1. Abstimmungen & Initiativen

Wahlkampf ist, wenn der Kopf des Chefredaktors gefordert wir

Habe ich vor sechs Wo­chen noch ge­schrie­ben, dass der Wahl­kampf zu mei­nem Er­stau­nen auf sich war­ten lässt, so kann man heute fest­hal­ten: er ist in vol­lem Gan­ge. In­di­ka­to­ren dafür sind die vie­len Wahl­pla­ka­te, In­se­ra­te, Flyer und Gi­ve-A­ways, die im Um­lauf sind. Doch für mich noch aus­schlag­ge­ben­der​ sind die Ak­teure selbst. Sie ver­hal­ten sich immer auffälliger. Ob Kan­di­da­tin­nen oder Kan­di­da­ten, Jour­na­lis­tin­nen oder Jour­na­lis­ten, Wählerinnen oder Wähler – oft denke ich, dass alle kurz vor dem Durch­dre­hen sind. Bei­spiele gefällig?

Gerüchte über meine Person gehören zum Tagesgeschäft. So wurde etwa erzählt, ich hätte ein Wahlkampfbudget von rund 300‘000 Franken. Zudem sei ich Helikopterpilot. Wer diese Gerüchte gestreut hat, ist unklar. Klar hingegen ist, dass mein Wahlkampfbudget 40‘000 Franken beträgt. Helipilot war ich nie und werde es auch nie sein.

 

Eine junge Parteikollegin, die ebenfalls für den Nationalrat kandidiert, werde sie sicher nicht wählen, sagte mir vorgestern eine Frau in der Stadt. Die hätte sie jetzt schon zweimal in der Migros nicht gegrüsst. – Nicht zurück gegrüsst? – Nein, nicht gegrüsst. – Ja hallo? Sollen wir vielleicht den ganzen Tag in Bern alle grüssen, nur weil die Leute das Gefühl haben, wir seien in ihrer Schuld?

Gerne erinnere ich mich auch an die Folgen einer Fernsehsendung vor den letzten Wahlen vor vier Jahren. Weil die Sendung in den Augen einer Partei unausgewogen war, forderte diese am nächsten Tag per Pressecommuniqué den Kopf des TV-Chefredaktors. Soweit kam es natürlich nicht.

All dies zeigt, dass die Nerven vor den Wahlen bei ganz vielen blank liegen. Nie hätte ich als Journalist zugegeben, dass mein Nervenkostüm auch dünner wird. Und nie würde ich das als Politiker zugeben. Denn ich bin der einzige, der bis zum Schluss völlig cool bleibt (Info für Christoph Reuss aus Chur: Der Schluss ist ironisch gemeint!).

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Comments to: Wahlkampf ist, wenn der Kopf des Chefredaktors gefordert wir
  • September 29, 2011

    Kein Wunder drehen Kandidatinnen und Kandidaten bei sich näherndem Wahltag zunehmend durch, den sie haben viel investiert; persönlich, emotional und nicht zu letzt finanziell. Da werden hunderte Stunden in die Vorbereitungen und den Wahlkampf gesteckt, Spender im Freundes und Bekanntenkreis überredet, Kredite aufgenommen und dann wird man von einem Quereinsteiger überholt. Ich kann es nachvollziehen, dass die Nerven blank liegen.

    Aber der eigentliche Punkt ist die Unsicherheit vor den Wahlen. Das gilt für WählerInnen, JournalistInnen und KandidatInnen. Die Wahlen sind offen, was ja auch gut für das demokratische Prinzip ist, aber ganz schlecht für die Nerven. Deswegen versuchen PolitikerInnen die öffentliche Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, denn es vergrössert die Chancen. Und da liegt auch das Problem, in unserem politisch-medialen System ist öffentliche Aufmerksamkeit, der Zugang dazu und die Kosten sehr unterschiedlich verteilt. Die einen können mit 40’000 erreichen, was den anderen mit 300’000 nicht möglich ist. Viel Geld für den Wahlkampf und öffentliche Präsenz beruhigen die Nerven, denn die Wahlen sind dann nicht ganz so unvorhersehbar, aber dafür sind sie weniger offen und das ist irgendwie nicht gut für die Demokratie.

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    • Juli 19, 2021

      Hallo Herr Gregr, da lese ich zwischen den Zeilen, es müsste jedem Kandidaten gleich viel Geld zur Verfügung stehen. Jetzt fehlt nur noch (der typisch sozialistische) der Wunsch, nach staatlichen Zuschüssen für jede die weniger zur Verfügung haben.

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    • Juli 19, 2021

      Wenn der eine Kandidat mit 40’000 erreicht, was ein anderer mit 300’000 nicht erreichen kann, dann macht es keinen Sinn allen Kandidaten und Kandidatinnen einfach nur gleich viel Geld zu geben, egal ob vom Staat oder sonst wo her. Nicht die ungleiche Verteilung des Geldes ist entscheidend, sonder die Ungleichheit in der öffentlichen Aufmerksamkeit.

      Ni​emand wird mir wohl widersprechen, wenn ich behaupte, Demokratie funktioniert dann am besten, wenn die Wählerinnen und Wähler umfassend informiert werden. Aber wir beziehen unsere Informationen aus den Massenmedien, die mit gewissen Kriterien eine Auswahl treffen, was von Interesse ist und was nicht. Damit wird öffentliche Präsenz einseitig verteilt.

      Gewisse Exponenten haben einen ungerechtfertigten Vorteil und bei Parteien hilt der Matthäus-Effekt.

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  • Oktober 1, 2011

    Wahlkampf ist, wenn der Chefredaktor einen User köpft

    …bloss weil dessen unbequeme Wahrheiten dem Wahlkampf von gewissen (dem Chefredaktor nahestehenden) Parteien im Weg sind. Dazu wurde der User einfach ohne Anlass und ohne Begründung permanent gesperrt, obwohl die anderen User sich mehrheitlich gegen die Sperrung äusserten. So geschehen in der Südostschweiz. Und ja, der Blogger Matthias Aebischer im dortigen Forum schwieg dazu “cool”, zumal er zu einer solchen Partei gehört. Willkommen in Weissrussland!

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  • Oktober 3, 2011

    Baz vom 1. Oktober auf S. 40. Ein Inserat der SVP. Kontra Ständerätin Anita Fetz SP. Eine Frechheit von der baz so etwas zu drucken.

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    • Juli 19, 2021

      Hallo Herr Stephan, Sie haben aber ein gestörtes Demokratie-Verständni​s. Wir leben Hier in der Schweiz, nicht in einer sozialisten Diktatur. Es genügt wenn die staatlichen Medien (SRF)von mehrheitlich links-mitte Machern besetzt sind. Schade, dass Sie noch immer nicht begriffen haben, wie die schweizerische Mehrparteien-Demokrat​ie funktioniert. Gruss von der SVP (Schweizerische Volkspartei)

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    • Juli 19, 2021

      Hallo Herr Brugger. Seit diesem „Gift”-Inserat kann die SVP nicht mehr behaupten, auf Anstand im Wahlkampf wert zu legen. Die BaZ dokumentiert, dass sie bereit ist, für Geld alles zu drucken.
      Wohin Hetze führt, haben wir in Norwegen gesehen.

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  • Oktober 4, 2011

    Ich mag Ihren Stil. Von Ihrem Budget kann ich als Auslandschweizerin auf der Internationalen Liste der SP in Zuerich nur traeumen. Aber dieser Nervenkitzel im Schlussspurt, den kenne ich auch. Zuerst nahm ich meine Kandidatur ganz gelassen. Dann begann ich mich im Internet zu engagieren, Vimentis, SP-mitmachen und ich verbringe sogar Zeit auf Facebook. Die finanziellen Investionen sind jedoch bescheiden, als alleinerziehende Mutter ohne Sponsoren, so habe ich etwa sFr. 15.– fuer eine Webseite ausgeben, welche ich selbst einrichtete und zwei (von drei) Goldvreneli verkauft um mir die Reise in die Schweiz, an die DV der SP in Biel leisten zu koennen. Doch wir fiebern, auch wenn die Chancen fuer Auslandschweizer gering sind. Ich will doch alles tun, was ich kann, damit wir eine Schweiz fuer alle statt fuer wenige schaffen koennen. Ich wuensche Ihnen viel Glueck im Wahlkampf.

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  • Oktober 10, 2011

    Grüezi Herr Aebischer, ich gehöre schon zu den älteren Semestern. Mit 20 bin ich von meinem Vater “politisiert” worden, bei der damaligen BGB (Bauern Gewerbe und Bürgerpartei). In unserem Wohnquartier(Aussersi​hl-Zürich),wo mein Vater einen gewerblichen Betrieb besass, waren damals die SP, die Gewerkschaften und die PdA, welche die “Wähe zerschnitten”. Einige Kleingewerbler haben dann eine Sektion der BGB gegründet, welche später (ca 1975) zur SVP wurde. Seither verfolge ich die “Politlandschaft der Schweiz” mit grossem Interesse. Einige meiner Schulkameraden hatten politisch aktive Väter. So gewann ich damals schon Einblick in die Politszene der Linken und ultra Linken. Es hat sich vieles verändert. Die PdA (Kommunisten) hat sich “grusslos” verabschiedet, die SP ist zu einem Sammelsurium akademisch gebildeter Cüpli-Sozialisten geworden (von denen sich die Arbeiter schon längst verabschiedet haben), die Gewerkschaften müssen die PFZ befürworten um genügend Mitglieder zu haben.Die COOP (gegründet als Selbsthilfeorganisati​on der Arbeiter) ist zum kapitalistischen Milliarden-Unternehme​n mutiert, indem “wenige alles haben und viele überhöhte Margen hinnehmen müssen”.Eine wahrlich verrückte politische Welt in unserer schönen Schweiz.

    Die “Büezer” stimmen schon längst für die SVP,weil sie sich nicht mehr vertreten fühlen von den “Oberen”. Viele sind zwischenzeitlich gar Mitglieder geworden.In Tat und Wahrheit der SP läuft die Klientel davon. Weil sie das “Geschwaffel” der Partei- und Gewerkschaftleitung (eine abgehobene Gruppe Intellektueller)nicht​ mehr ertragen, in ihrem täglichen Kampf um den Arbeitsplatz.Und sie die Mähr von der PFZ (welche der Schweiz Wohlstand gebracht haben soll), den flankierenden Massnahmen(die schon jetzt zu einem Staat im Staat ausgeufert sind)und dem EU Beitritt längst nicht mehr glauben können.Die Schweiz ist auf dem besten Weg durch die klassenkämpferischen Parolen (neo-kommunistischen Ausmasses),der staatstragenden Linkspartei, in den Strudel der EU-Abwärtsspirale zu geraten.
    Als Moderator am TV haben Sie mir immer sehr gut gefallen. Ich schätze Sie als bedachten, gründlich analisierenden Politiker ein. Ich hege daher die Hoffnung, es werde Ihnen gelingen in der Partei die sie ausgewählt haben, für den Start (einer hoffentlich erfolgreichen) Ihrer politischen Karriere, die Weichen so zu stellen, dass sich die “Genossen von der Werkbank” auch wieder zu Hause fühlen (in der Partei die ehemals viel zur Entwicklung der Schweiz zum Wohlstandsstaat beigetragen hat).

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