Eigentlich war die Idee bestechend. Der Strassenstrich am Sihlquai verursacht widerwärtige Unannehmlichkeiten für die Anwohner und gereicht der Stadt nicht zu besonderer Attraktivität – ausser für die zahlreichen Freier, die laut Tages Anzeiger mit ihren Zuger, Schwyzer und deutschen Nummernschilder an den Autos anreisen und sich damit als Auswärtige zu erkennen geben. Es wäre bestechend, wenn die Damen mit ihren Kunden dezentral an einen extra dafür vorgesehenen Ort dislozierten und sich dort in möglichst klinischer Atmosphäre der Erfüllung ihres zeitlich begrenzten Dienstleistungsvertrags widmeten. Nur scheint diese Idee ausgerechnet bei den Betroffenen selbst auf wenig Beifall zu stossen. Der Tagi wollte es wissen, weshalb er einen Journalisten zum Interview mit Frauen und Männern schickte. Sein Report ist eindeutig. Die Männer haben keine Lust, erkannt zu werden. Mit den Worten des Tagi heisst das: „Ein […] Freier sagt: «Ich möchte nicht, dass meine Alte mich auf einem Video beim Vögeln sieht.»“ Jedenfalls richtet sich das Gewerbe mit Vorteil nach dem Kundenwunsch, weshalb kaum anzunehmen ist, dass sich die aseptische Geschäftsidee des Stadtrates mit den Sexboxen in Altstetten durchsetzen wird. Die Frauen werden weiterhin in dunklen Ecken anschaffen, weil die Männer das so wollen. Der Normalbürger mag es warm und kuschelig, aber nicht alle haben den gleichen Geschmack. Die Lichtscheuen bleiben lieber im Dunkeln. Knapp 2,4 Millionen Franken soll der Strichplatz kosten. Die Prostitution ist rechtlich ein Gewerbe, wie ein anderes auch. Allerdings bezahlen die, meist kurzzeitig anwesenden Prostituierten keine Steuern und weder die Freier noch die Damen entrichten eine Gebühr für die Benutzung des öffentlichen Raumes. Wer schon einmal sein Auto in Zürich parkiert hat, weiss, was das normalerweise kostet. Die Stadt, die normalerweise rigoros in die Gewerbefreiheit eingreift, wenn es einem guten Zweck dient, scheint in diesem Fall auf beiden Augen erblindet. Heizpilze sind verboten und Strassencafés unterliegen strengen Auflagen, weil der Stadtrat findet, die 2000-Watt-Gesellschaft bzw. das Ruhebedürfnis der Anwohner verlangten dies. Warum sollen wir Steuerzahler für ein Gewerbe blechen, das in keinerlei öffentlichem Interesse ist? In den jährlichen Betriebskosten von 270‘000 Fr. sind Personalaufwände von 60‘000 Fr. für „Flora Dora“ und 140‘000 für „sip Züri“ enthalten. Damit ist immerhin eine begründete Verrechnung von Leistungen des Zürcher Sozialkuchens möglich, womit ein öffentliches Interesse im obrigkeitlichen Sinn bekanntlich gerechtfertigt ist. Jetzt müsste nur noch der Werbeaufwand veranschlagt werden, damit der Strichplatz Benutzer findet. Die Roma-Zuhälter werden jedenfalls kaum mit Flora Dora und sip ihre Geschäftspraktiken diskutieren wollen.
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Kommentare anzeigen Hide commentsMan müsste zumindest das Verursacherprinzip einführen und die Gebühren so hoch bemessen, das sämtliche dadurch verursachte Kosten (inkl. Sozialbetreeung etc.) und die Steuerausfälle abgegolten wären.