Zugegeben: der volle Untertitel der Broschüre «Mobilität Thurgau», die das Thurgauer Departement für Bau und Umwelt im September herausgegeben hat, schliesst die Frage nach den Schienen mit ein. Dennoch stehen die Strassen angesichts der massiven Propaganda, welche das DBU für die BTS/OLS betreibt, im Vordergrund. In besagter Broschüre stehen lapidare Sätze wie «Es wird gependelt im Kanton Thurgau» oder «Die Mobilität nimmt zu», als ob es sich dabei um Naturgesetze handeln würde. (Die ständig steigende Mobilität ist wohl eher als raumplanerische Fehlentwicklung zu werten.) Ferner erfährt man, dass an Werktagen jede Thurgauerin bzw. jeder Thurgauer im Schnitt 45 km zurücklegt und dass drei Viertel der Pendler an ihrem Arbeitsort ein kostenloser Parkplatz zur Verfügung steht. Hintergrund sei, so hält die Broschüre fest, die ländliche Siedlungsstruktur des Kantons.
In einem Interview mit dieser Zeitung hat der Formel-1-Doppelweltmeister Sebastian Vettel die Abgeschiedenheit und die Landschaft als Grund für die Wahl seines Wohnorts Ellighausen, Gemeinde Kemmental, angegeben. Und angefügt, dass der Flughafen für ihn leicht erreichbar sei. Idylle und gute Erreichbarkeit scheinen sich also im Thurgau – ganz im Gegensatz zu Beteuerungen bedingungsloser BTS-Befürworter – keineswegs auszuschliessen. Damit werden auch Behauptungen, der Oberthurgau werde vom Rest des Kantons abgehängt, ja es drohe sogar ein Auseinanderbrechen des Kantons, zumindest relativiert.
Nun sollen ja dank der neuen Schnellstrasse in den Augen der kantonalen Strassenplaner mindestens zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen werden. Erstens soll der Oberthurgau besser an den «Rest der Schweiz» angebunden und zweitens die Dörfer vom Verkehr entlastet werden. Dabei muss die Frage gestellt werden: von welchem Verkehr? Für Amriswil beispielsweise gilt, dass der Anteil des Quell-/Zielverkehrs knapp drei Viertel beträgt und der TransitverkehrAls Transitverkehr bezeichnet man Verkehr, der durch ein Lan... weniger als 30 % ausmacht. Das bedeutet, der Grossteil des Verkehrs würde sich weiterhin auf bestehendem Trassee bewegen – was wiederum nichts anderes heisst, als dass auf einer schwach frequentierten Schnellstrasse unweigerlich TransitverkehrAls Transitverkehr bezeichnet man Verkehr, der durch ein Lan... angezogen würde. Dass das Thurtal zu einer Entlastungsachse der A1 wird, gilt es aber unbedingt zu vermeiden.
Wir tun gut daran, auf die BTS/OLS zugunsten eines massvollen und kostengünstigeren Ausbaus, wie ihn die Umweltverbände vorschlagen, zu verzichten, um den schönen, ländlichen Thurgau, wie ihn sogar ein Formel-1-Fahrer (!) schätzt, zu erhalten und nicht durch eine Transit-Asphaltschneise zu zerschneiden. Dass etwas getan werden muss, ist klar. Die Grünen setzen zusammen mit Umweltverbänden auf einen modularen, den örtlichen Gegebenheiten angepassten Ausbau, der Rücksicht nimmt auf die regionale Dringlichkeit, sich wenn möglich auf bestehenden Trassees bewegt und den öffentlichen Verkehr möglichst wenig konkurrenziert.
Josef Brägger
Kantonsrat Grüne
Amriswil
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Kommentare anzeigen Hide comments“Ferner erfährt man, dass an Werktagen jede Thurgauerin bzw. jeder Thurgauer im Schnitt 45 km zurücklegt und dass drei Viertel der Pendler an ihrem Arbeitsort ein kostenloser Parkplatz zur Verfügung steht.”
Herr Brägger, hier geht es beim Thema “Öffentliche Parkplätze ” weiter:
http://www.vimentis.ch/dialog/readarticle/kein-anspruch-auf-einen-parkplatz-an-jedem-zielort/?open=108945&jumpto=108960