Wo sind die Argumente?
Frau Angela Merkel hat vor kurzem gesagt, sie sei gegen Volksabstimmung über die grossen Fragen, weil die Deutschen emotional stimmen würden (erstaunlich, dass das in Deutschland, zu keinem Aufschrei der Empörung geführt hat, einem Land, dass weltweit in so vielen Bereichen Spitze ist).
Konkret wollte sie damit sagen, dass bei wichtigen Fragen, z.B. Europa betreffend,
Die Mehrheit der Deutschen anderer Meinung sind als Frau Merkel selber!
Frau Merkel ist nicht allein. Liest man on-line Debatten zu irgendwelchen Themen irgendwo in der Welt, so haben wohl mehr als 95% der Teilnehmer gar keine Argumente zum Thema. Dafür beleidigen sie diejenigen, die anderer Meinung sind als sie selber, oder stempeln sie mit irgendeinem in ihrer Sicht negativen Begriff ab: Linksextrem, populistisch, rassistisch, rechtsextrem, kapitalistisch, kommunistisch, umstritten, usw.
Die Träger anderer Meinungen sollen diskreditiert werden und so auch die von ihnen vertretene Meinung. Zum Thema selber haben sie nichts zu sagen.
Zum Beispiel, was sagt es zum Thema der Souveränität über die sowohl von China als auch von Japan beanspruchten Diaoyu/Senkaku Inseln, wenn ein chinesischer Leser in seinem Kommentar zu einem Artikel sagt, der japanische Ministerpräsident Abe sei ein „Menschenfleischfressender Pychopath“ und ein japanischer Kommentar schreibt, die „Chinesen seien schon immer Dreck gewesen und chinesischer Dreck überschwemme heute die Welt“. Oder wie ein anderer Chinese meinte, China solle das „Problem Japan ein für alle Male mit ein paar Atom-bomben lösen“.
Aber auch die Debatten in der Schweiz laufen nach diesem Schema ab. Der, der anderer Meinung ist, „hat ein kleines Gehirn“, „lebt im Mittelalter“, „ist Kommunist“, „Faschist“, „versteht überhaupt nichts“, etc. Die Liste an Abstempelungen und Beleidigungen ist endlos. Auf der anderen Seite wird derjenige, der die gleiche Meinung vertritt wie man selber, durch positiv besetzte Begriffe wie „der weltweit anerkannte…, der vielfach ausgezeichnete…., der unumstritten…. „ schon mit einem Glorienschein umgeben, wodurch seine Meinung überzeugender werden soll. Viele heben sich sogar selber aufs Podest der denkenden Menschen, wie kürzlich ein Dichter in der Basler Zeitung, der zur SVP-Initiative NEIN gestimmt hatte, um dann anzufügen, die die JA gestimmt hätten, hätten sich leider von ihrem Bauchgefühl leiten lassen.
Werden wir es irgendwann einmal fertig bringen, mit Argumenten und Fakten zu diskutieren?
Gotthard Frick, Bottmingen, z.Zt. Beijing
Personen haben auf diesen Beitrag kommentiert.
Kommentare anzeigen Hide commentsBesten Dank, Herr Bühler. Das könnte von mir sein. Nicht nur SP Wähler haben die MEI angenommen, sondern auch CVP und FDP Wähler und zwar sehr viele. Und das ist in Bern ‘eingefahren’.
Den Bezeichnungen von Herr Frick könnte man noch weitere hinzufügen:
Landavokaten
Rechtsverdreher
Ewig Gestriger
Konservative Trottel
Braune Sauce
Dumpfe Nationalisten
Beliebte Niedermache anderer Meinungen läuft so ab:
– man hört einer Replik zu,
– unterbricht kurz und pickt einzelne Formulierungen aus dem Kontext des Gegenüber heraus,
– reitet darauf herum und zieht andere Argumentations- bzw. Themenschublade auf,
– um dann bei ‘rechter Gesinnung’, NAZI usw. anzukommen.
Der Antworter, konzentriert auf seine Replik, kommt garnicht so schnell nach, wie ihm/ihr das um die Ohren fliegt.
Dann erfolgt breiter Beifall für das NAZI Argument bzw. die hergeleitete angebliche braune Gesinnung und der eigentliche Inhalt der Antwort ist erleigt, der Beantworter abgestempelt.
Diese Methode, ex fach beobachtet in früheren Arenasendungen, wurde erneut bestens angewendet von Frau Prof. Gesine Schwan, vor ca. 2 Wochen in einer ARD Sendung bei Anne Will und auch bei Frank Plasberg ‘Hart aber Fair’, auch ARD.
Das NAZI Argument zieht in Deutschland immer, weil dort soetwas wie einen Ewigkeitschuldkomplex fast schon per DNA eingeimpft ist, weshalb man dort glaubt, nun das ‘Heil’ selbstauflösend in der EU zu suchen.
Und an diesem Punkt wird die Sache extrem, weil diese Haltung seitens der deutschen Politik nun auch von anderen EU Mitgliedern als selbstverständlich eingefordert bzw. vorausgesetzt wird.
Das ist aber nicht das Europa, welches wir vor uns haben. Und es ist, im Gegenteil, so, dass man Deutschland diese Büsserhaltung nicht bzw. nicht mehr abnimmt, denn die passt so gar nicht zur hemdsärmeligen, teils rabiaten Wirtschaftspolitik derselben deutschen Führungsleute.
Ihrem Blog, Herr Frick, muss man einfach zustimmen.
Wenn ich mich über die Stimmung der Deutschen in der Europafrage orientieren will, lese ich die Kommentare entsprechender Texte in der FAZ. Dann kann ich abschätzen, wie stark die Regierung von der Volksmeinung abweicht…
Kürzlich, nach der Abstimmung über die Einwanderungsinitiative, sind wir bei einem Schweizer Physiker zu Gast gewesen. Eigentlich wollte ich nicht über das Abstimmungsergebnis sprechen. Doch plötzlich hat er das Thema angesprochen. Und er hat zu meiner Verwunderung folgendes gesagt: Franz, du glaubst nicht, wie viele aus meinem Kollegenkreis der Initiative zugestimmt haben und öffentlich das Gegenteil sagen, weil dies, wegen der ev. ausbleibenden EU-Forschungsgeldern nicht opportun ist. Entgegen, dass sich viele jener Wissenschaftler von der Politik der SVP distanzieren.
Ueber das Wachstum in der Wirtschaft.
Zitat des Wirtschaftswissenschafters Kenneth E. Boulding:
„Jeder, der glaubt, exponentielles Wachstum kann andauernd weitergehen in einer endlichen Welt ist entweder ein Verrückter oder ein Ökonom.“
Sie haben so Recht Herr Frick. Ich bin ein ziemlich intensiver Leser vom aktuellen Geschehen auf verschiedenen Portalen. Dabei interessieren mich vorallem auch die Kommentare der Leser.
Es ist seit einiger Zeit ein erschreckend agressiver Ton auszumachen gegenüber allem was anderer Meinung ist als die beiden “Grossen Kontrahenten” Rechts und Links.
Ich fürchte, vorallem politisch betrachtet, dass wir zunehmend amerikanische Verhältnisse ansteuern. Was passieren kann, wenn sich zwei vorherrschende Lager aus purem idealistischen Prinzip, politisch bekämpfen, durften wir ja beim Budgetgau in Amerika medial miterleben. Es wäre äusserst traurig, wenn die Schweiz faktisch unregierbar würde, nur weil vor lauter Opposition der Blick für das Gemeinsame verloren geht.
@Andreas Fischer. Daumen hoch von mir. Sehe ich auch so!
Aber Herr Frick, das Problem ist doch auch, dass wir auch hier in der Schweiz lange nicht alle Fakten auf den Tisch bekommen, wie es sich für eine Demokratie eigentlich gehört. Sie mögen sich z.B. daran erinnern, dass die Geschäfte, die von Schweizern mit dem ehemaligen Mörderregime Südafrikas getätigt wurden, eigentlich jetzt der Öffentlichkeit zugänglich sein müssten. Sind sie aber nicht, wurden schnell wieder als “Weiterhin-geheim” deklariert. Was dürfen wir nicht wissen? Wer hat da welche Geschäfte getätigt, wer wird gedeckt? Wahrscheinlich schon eher hohe Tiere in unserem Volk einiger Brüder! Also warum sich über die EU erheben, wenn in unserem eigenen Land so was möglich ist?